Skandal
der raffinierteste kleine Hut auf Erden.« Ihr Blick fiel auf Simon, der in der Tür lehnte, und ihre Augen strahlten.
»Warte nur, bis du ihn siehst. Der ist a la militaire, und ich habe ein wunderschönes Reitkostüm bestellt, das dazu paßt.«
»Ich freue mich schon darauf, dich darin zu sehen«, sagte Simon ernst.
George, der Diener, ein Individuum mit einem scharfgeschnittenen Gesicht, das in den rauhen Häfen des Fernen Ostens ein stürmisches Leben geführt hatte, machte sich auf den Weg zur Treppe und hielt die kostbare Hutschachtel dabei wie ein Baby im Arm.
Emily entdeckte, daß noch ein Paket abgeladen wurde, und sie eilte vor, um die Vorgänge zu überwachen. »Das sind meine neuen Halbstiefel«, teilte sie Simon über die Schulter mit. »Ich habe auch ein paar Slipper und Pumps gekauft. Es war furchtbar teuer, aber deine Tante hat gesagt, ich müßte zu jedem Kleid ein anderes Paar besitzen.«
Simon verschränkte die Arme vor der Brust und sah seine schicke Tante mit einer hochgezogenen Augenbraue an. »Lady Merryweather weiß in solchen Dingen, wovon sie redet.«
Araminta lächelte ihn heiter an.
»Ich habe auch ein paar Fächer und vier neue Handtaschen erstanden«, rief Emily über die Schulter, während sie die Treppe hinaufflog. »In ein paar Minuten komme ich runter.«
Sie verschwand auf dem Treppenabsatz, und die pastellfarbenen Röcke ihres Kleides wehten hinter ihr her.
Araminta sah Simon lachend an, als er sie in die Bibliothek führte. »Sie ist charmant, Simon. Sie ist ganz reizend. Und sie wird ein echtes Original sein, wenn sie entsprechend angezogen ist. Man muß sie noch daran erinnern, daß sie ihre Brille absetzt, wenn sie in der Öffentlichkeit ist, und diese roten Locken müssen mit einer Schere gebändigt werden, aber ich kann jetzt schon Vorhersagen, daß das Endergebnis recht spektakulär sein wird.«
»Ich überlasse all das ganz dir, Tante. Aber sorge dafür, daß es ihr nicht erlaubt wird, sich irgendein übelriechendes Gebräu ins Gesicht zu schmieren, das aus Quecksilber, Blei oder Schwefel gemacht wird, um die Sommersprossen zu überdecken.«
»Du brauchst dir keine Sorgen zu machen. Ich bin eine große Anhängerin von selbstgemachten Kosmetika, die aus Kräuterextrakten hergestellt werden. Wenn ich es recht verstehe, magst du die Sommersprossen?«
»Ja«, sagte Simon. »Sie gefallen mir.«
Araminta kicherte fröhlich. »Ich hätte mir denken können, daß du dir etwas aussuchst, das ziemlich aus dem Rahmen fällt, wenn du dir endlich eine Frau nimmst. Ich kann immer noch nicht glauben, daß sie eine Faringdon ist.«
»Sie ist keine Faringdon. Nicht mehr.« Simon schloß sehr fest die Tür und ging auf seinen Schreibtisch zu.
Araminta warf ihm einen scharfen Blick zu, als sie sich auf einen der verzierten schwarzlackierten Stühle setzte und ihre Handschuhe auszog. »Sie scheint zu glauben, daß sie noch nicht so wirklich deine Frau ist. Was also ist sie dann?«
»Hat sie in irgendeiner Form gesagt, sie sei nicht meine Frau?« fragte Simon mit drohender Stimme.
»Nicht direkt. Nur etwas, was darauf hindeutet, daß sie sich bisher noch nicht in absoluter Harmonie mit dir vereint fühlt. Ich glaube, sie hat eine vage Äußerung darüber gemacht, daß ihr beide momentan auf verschiedenen himmlischen Ebenen existiert oder etwas ähnlich Blödsinniges. Was auf Erden geht hier vor, Simon?«
Simon wurde wieder lockerer. »Nichts, was dir Sorgen zu machen bräuchte. Emily drückt sich oft reichlich seltsam aus. Sie hat einen starken Hang zur romantischen Literatur.«
»Das ist mir schon aufgefallen. Ich habe eine Menge über ein Epos gehört, das sich Die Geheimnisvolle Dame nennt und an dem sie anscheinend arbeitet. Hast du es gelesen?«
»Man sagt mir, es sei noch nicht soweit fertig, daß es jemand lesen könnte«, sagte Simon trocken.
»Weißt du, sie ist wirklich ganz erstaunlich. Sie kennt schon die Namen all deiner Bediensteten, und sie beten sie ganz offenkundig an. Vielleicht solltest du sie warnen, sich nicht zu nah mit dieser Horde von Halsabschneidern und Gaunern einzulassen, die du aus dem Osten mitgebracht hast.«
Simon war besorgt. »Jeder, der bei mir arbeitet, ist sich darüber im klaren, daß er sich vor mir persönlich verantworten müßte, wenn er sie auch nur ungehörig ansähe. So oder so wird ihr keiner von ihnen auch nur ein Haar krümmen. Sie hat jetzt schon mit meinem Butler über die verschiedenen Investitionsmöglichkeiten zu reden
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