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Skandalfilme - cineastische Aufreger gestern und heute

Skandalfilme - cineastische Aufreger gestern und heute

Titel: Skandalfilme - cineastische Aufreger gestern und heute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Volk
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noch mehr auf. Man muss sich das totlaufen lassen. Tatsächlich verkleckerte der Lärm irgendwann, der Film lief ohne weitere Störungen bis zum Schluss.
    Dieser Abend war für mich ein Grunderlebnis. So etwas kannte ich nur vom Hörensagen von den Nazis, die in den dreißiger Jahren so ähnlich gegen den Remarque-Film I M W ESTEN NICHTS N EUES vorgegangen waren. Nie im Traum hätte ich gedacht, dass die eigene Partei so etwas veranstalten könnte. […]
    [Die] anderen [verbotenen] Filme sind in der Öffentlichkeit nicht bekannt gewesen, man konnte sie einfach verschwinden lassen. S PUR DER S TEINE aber, nach einem auflagenstarken Buch und mit einem Star in der Hauptrolle, war groß angekündigt, er sollte der Film zum 20. Jahrestag der DEFA werden. Vermutlich wäre S PUR DER S TEINE schon im März verboten worden, wenn der starren Fraktion der Kulturfunktionäre etwas eingefallen wäre, um das in der Öffentlichkeit zu begründen. Gysi fand dann die Formel: Er behauptete nämlich, ich hätte keine Verfilmung, sondern eine Verfälschung des Romans gedreht. Erik Neutsch widersprach dem zwar, daraufhin fuhr ihm Gysi mit den Worten über den Mund, er könne das gar nicht beurteilen, er sei der Autor der literarischen Vorlage und deshalb befangen. […]
    Der Film galt als ‹partei- und staatsfeindlich›. Der tiefere Grund für das Verbot war, dass S PUR DER S TEINE eine SED vorführt, die innerlich tief zerstritten ist, die zwei sich bekämpfende Flügel hat. Das war das eigentliche Sakrileg, die Tabuverletzung.»
    Frank Beyer im Gespräch mit Ralf Schenk. 10
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    Lesetipp
    Ingrid Poss, Peter Warnecke (Hrsg.): Spur der Filme . Berlin: Christoph Links Verlag 2006
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    1 Erich Honecker in seiner Rede zum 11. Plenum im Dezember 1965. Zitiert nach: Ulrich Mählert: Kleine Geschichte der DDR . München 2007, S. 107.
    2 Zitiert nach: Ingrid Poss, Peter Warnecke (Hrsg.): Spur der Filme . Berlin 2006, S. 145.
    3 Zitiert nach: Poss, S. 148f.
    4 Zitate bis hierhin aus: Andreas Trampe: Kulturpolitische Zäsuren. In: Matthias Judt (Hrsg.): DDR-Geschichten in Dokumenten. Berlin 1998, S. 299.
    5 Beide Zitate aus: Johanna Metz: Stein des Anstoßes. Zwischen Anpassung und Protest: Kino in der DDR. In: Das Parlament , Nr. 42, 17.10.2005.
    6 Zitiert nach: Elmar Diez: «Hommage posthum» – Einführung zu Frank Beyer: Spur der Steine (1966). Mündlicher Vortrag anlässlich einer vom Förderverein «Freunde des Deutschen Filmmuseums» veranstalteten Filmvorführung von S PUR DER S TEINE . Auf: Homepage des «Deutschen Filmmuseums Frankfurt am Main». www.deutschesfilmmuseum.de/pre/print.php?main=freunde_beyer (15.08.2010).
    7 Zitiert nach: Dagmar Schittly: Zwischen Regie und Regime – Die Filmpolitik der SED im Spiegel der DEFA-Produktionen , Berlin 2002, S.151.
    8 Vgl.: Schittly, S. 151.
    9 Vgl.: Metz, a.a.O.
    10 Zitiert nach: Ralf Schenk (Hrsg.): Regie: Frank Beyer. Berlin 1995, S. 52ff.

D IE L ETZTE V ERSUCHUNG C HRISTI
Kein ganz normales Leben – der Film
    Jesus geht ins Puff, und seine große Liebe ist eine Hure. Dieser Christus, das wird schnell klar, ist keiner, wie ihn sich die Kirche im Kino wünscht. Der junge Jesus aus Martin Scorseses D IE LETZTE V ERSUCHUNG C HRISTI (Abb. 133–135) baut Kreuze für die römische Besatzungsmacht, obwohl er weiß, dass seine eigenen jüdischen Landsleute an diese Kreuze geschlagen werden. Er fühlt sich zwar von Gott auserwählt, kann jedoch den Sinn dieser Berufung und ihre Bedeutung anfangs nicht erkennen. Ein blinder, unverständiger Glaube widerstrebt ihm. Verwirrt und wütend trotzt er den Visionen, die er nicht zu deuten weiß, indem er sündigt. Seine Jugendliebe Maria Magdalena, die inzwischen zur Prostituierten geworden ist, besucht er im Freudenhaus (Abb. 134a–f). Letztlich kann Jesus seiner Bestimmung jedoch nicht entgehen, so sehr er sich auch dagegen wehrt. Allmählich beginnt er sein Schicksal zu akzeptieren. Dennoch hört er nie auf zu zweifeln.
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    T HE L AST T EMPTATION OF C HRIST
    USA 1988
    Produktion: Universal
    Produzentin: Barbara De Fina
    Regie: Martin Scorsese
    Buch: Paul Schrader nach dem Roman von Nikos Kazantzakis
    Kamera: Michael Ballhaus
    Musik: Peter Gabriel
    Schnitt: Thelma Schoonmaker
    Darsteller: Willem Dafoe (Jesus), Harvey Keitel (Judas), Barbara Hershey (Maria Magdalena), Verna Bloom (Maria)
    FSK: ab 16
    Länge (DVD): 164 Minuten
    Verleih: UIP
    Anbieter (DVD): Universal Home
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    133 Das letzte Abendmahl

    134a–f Magdalena, die erste

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