Skeleton Key: Alex Riders Dritter Fall
dieses Mr s Jones. Jack sollte offiziell eigentlich keine Ahnung davon haben, wer diese Frau war und was sich in Alex’ Leben abspielte, aber natürlich war sie nicht auf den Kopf gefallen und machte sich ihre eigenen Gedanken. Vor allem, seit man sie vor Kurzem irgendwo aufs Land geschafft und eine Woche lang unter Hausarrest gestellt hatte. Sie musste diese Leute dazu bringen, sich mehr um Alex zu kümmern. So konnte es jedenfalls nicht weitergehen.
»Was hast du heute vor?«, fragte sie.
Alex zuckte die Schultern. Die Wunde, die ihm die Metallstange an der Hand zugefügt hatte, war dick verbunden und er hatte mehrere tiefe Kratzer im Gesicht. Am schlimmsten waren aber die dunklen Blutergüsse an Hals und Nacken. Conrad hatte ihm seinen Stempel aufgedrückt.
»Vielleicht ins Kino?«, fragte Jack.
»Nein. Ich glaube, ich mache einfach einen langen Spaziergang.«
»Ich komme mit, wenn du willst.«
»Nein, danke, Jack. Es macht mir nichts aus, allein zu sein.«
Zehn Minuten später verließ Alex das Haus. Die Wettervorhersage hatte einen freundlichen Tag angekündigt, tatsächlich aber hingen trübe Wolken tief herab. Er ging zur King’s Road, weil er sich einfach in der Menschenmenge treiben lassen wollte. Ein genaues Ziel hatte er nicht. Er brauchte Zeit zum Nachdenken.
Sarow war tot. Alex hatte sich abgewandt, um den Anblick nicht ertragen zu müssen, als der Mann die Pistole auf sein eigenes Herz richtete. Ein paar Minuten später war alles vorbei gewesen. Man hatte das Dock abgesperrt und die Bombe abtransportiert. Alex war sofort von einem Helikopter zu einem Krankenhaus in Moskau und später per Flugzeug nach Hause geflogen worden. Jemand hatte ihm gesagt, dass Kirijenko ihn sehen wolle, sogar von einem Orden war die Rede gewesen, aber Alex hatte abgelehnt. Er wollte nur noch eins: nach Hause.
Und jetzt war er zu Hause. Alles war noch einmal gut gegangen. Er lebte noch und er war ein Held!
Aber warum fühlte er sich dann nicht wie ein Held? Und überhaupt: Wie fühlte er sich eigentlich? Bedrückt? Erschöpft? Beides vermutlich und noch schlimmer: Er fühlte sich ausgebrannt, leer. Es kam ihm fast so vor, als sei er im U-Boot-Dock in Murmansk gestorben und jetzt als Geist nach London zurückgekehrt. Um ihn herum ging das Leben weiter, aber er gehörte nicht mehr dazu, nahm nicht mehr daran teil. Selbst im eigenen Haus, im eigenen Bett, fühlte er sich fremd und fehl am Platz.
So viel war mit ihm geschehe n – und er durfte mit niemandem darüber sprechen. Nicht einmal mit Jack. Obwohl Alex annahm, dass Jack eine ungefähre Ahnung hatte, wäre sie wohl entsetzt und völlig verstört, wenn sie die ganze Wahrheit erführ e – und sie könnte ohnehin nichts für ihn tun. Außerdem hatte die Schule wieder begonnen. Es war ihm klar, dass er nicht nur den Stoff nachholen musste, sondern dass er allmählich auch seine restlichen Freunde verlor. Manche seiner Schulkameraden hielten ihn schon jetzt für total daneben, für einen seltsamen und hoffnungslosen Einzelgänger. Wenn er so weitermachte, würde bald niemand mehr etwas mit ihm zu tun haben wollen.
Und noch eins war ihm bei dieser ganzen Sache klar geworden: Er konnte jede Hoffnung aufgeben, jemals einen Vater zu haben und vielleicht einmal ein halbwegs normales Leben führen zu dürfen. Irgendwie war er in die Falle geraten, die ihm der Geheimdienst gestellt hatte, und saß nun darin fest. Er, Alex, war selbst eine Geheimsache geworden. Oder eine Art Geist. Oder eben beides.
Tief in seine Gedanken versunken, achtete Alex nicht auf den Verkehr und hörte auch nicht, dass ein Auto am Rinnstein direkt hinter ihm angehalten hatte. Er achtete nicht darauf, dass eine Autotür geöffnet und wieder zugeschlagen wurde. Aber dann hörte er Schritte hinter sich, und bevor er noch reagieren konnte, warf ihm jemand von hinten die Arme um die Brust.
»Alex!«
Er riss sich erschrocken los und wirbelte herum.
»Sabina!«
Da stand sie vor ihm: Sabina Pleasure, außer Atem, aber nicht nur wegen des kurzen Sprints. Sie trug ein Robbie-Williams-T-Shirt und Jeans. Eine bunt gemusterte Strohtasche hing über ihrer Schulter. Sie strahlte vor Freude. »Gott sei Dank, dass ich dich endlich wieder finde! Seit Wochen suche ich nach dir! Du hast mir nicht einmal deine Telefonnummer gegeben, aber glücklicherweise hab ich deine Adresse herausgefunden. Meine Eltern haben mich hergefahre n …« Sie wies mit dem Daumen über die Schulter auf das Auto, in dem ihre Eltern
Weitere Kostenlose Bücher