Skelett
regelmäßig zum Pferderennen. Jedenfalls hat er mir erzählt, dass Abel Gallagher regelmäßig hohe Summen auf Pferde wettet und dabei häufig verliert. Angeblich soll er seinem Buchmacher zwanzigtausend Pfund schulden, und der Buchmacher wird langsam nervös.«
»Wie heißt der Buchmacher?«
»Keine Ahnung. Den Namen würde mein Informant nicht mal unter Folter preisgeben. Selbst dann nicht, wenn er damit den Chef der Special Branch belastet.«
»Ich gehe mal kurz hinunter, um mit George zu reden«, sagte Tweed und öffnete die Tür. »Bin gleich wieder da.«
»Gut«, antwortete Newman. »Ich fahre Sie dann ins Restaurant. Sie können auch hier in London von einer Kugel getroffen werden.«
Paula trat ans Fenster. Obwohl leichter Nebel aufgekommen war, konnte sie gut sehen, was draußen geschah. Nach einer Weile drehte sie sich zu Newman um.
»Ich schätze mal, dass Sie Tweed heute nirgendwo mehr hinfahren werden. Er ist gerade mit seinem Wagen verschwunden.«
Tweed traf fünf Minuten vor dem vereinbarten Zeitpunkt im Santorini’s ein. Sofort kam ein livrierter Angestellter aus dem Lokal geeilt, um den Wagen für ihn zu parken.
Drinnen wurde er überschwänglich vom Oberkellner begrüßt. »Wie schön, Sie wieder einmal zu sehen, Mr Tweed. Ich habe unseren besten Tisch für Sie reserviert.«
»Ich erwarte eine Dame. Sie ist blond.«
»Sie sitzt bereits an der Bar, Sir.«
Auf seiner Fahrt durch die Stadt hatte Tweed lange über Marseille nachgedacht. Wer oder was fiel ihm im Zusammenhang mit dieser Stadt ein? Irgendwie hatte er das Gefühl, etwas übersehen zu haben. Und dann war da noch diese Geschichte mit Abel Gallagher. Zwanzigtausend Pfund Schulden bei einem Buchmacher waren ziemlich ungewöhnlich, denn kein Buchmacher ließ eine solche Summe zusammenkommen, außer er hatte einen Grund dafür. Und dieser Grund lag auf der Hand: Der Buchmacher wusste, wer Gallagher war und dass er eines Tages möglicherweise dessen Protektion brauchte.
Sie seien auf der Suche nach jemandem, der »ziemlich knapp bei Kasse« sei, hatte Paula gesagt.
Lucinda sah umwerfend aus. Sie trug ein grünes, lang geschlitztes Kleid, das wunderbar zu ihrem blonden Haar passte und ihre langen Beine perfekt zur Geltung brachte. Vor ihr auf dem Tresen - die Bar war um diese Zeit noch fast leer - stand ein zweites, unberührtes Glas mit Champagner.
Als Lucinda im Spiegel hinter der Bar sah, dass Tweed auf sie zukam, drehte sie sich um.
»Reichlich spät, mein Bester«, sagte sie mit einem spöttischen Lächeln. »Auf Ihr Wohl!«
Mit diesen Worten schob sie ihm das volle Glas Champagner hin. Tweed schwang sich auf den Barhocker und stieß mit ihr an. Lucinda trank ihr Glas auf einen Zug aus und ließ sich vom Barkeeper sofort wieder nachschenken, während Tweed an seinem Champagner lediglich nippte.
»Wieso spät?«, sagte er. »Ich bin pünktlich auf die Minute. Worauf trinken wir eigentlich?«
»Auf uns! Möge unsere Freundschaft lange währen und fruchtbar sein.«
»Darauf trinke ich gern.«
Tweed trank nicht oft Alkohol, und wenn, dann auch nur in Maßen. Trotzdem besaß er die Fähigkeit, viel trinken, aber trotzdem weitgehend nüchtern bleiben zu können.
Er lächelte Lucinda an. »Darf ich Ihnen sagen, dass Sie fantastisch aussehen?«
»Vielen Dank.« Sie strich ihm mit der linken Hand leicht über den Ärmel seines Anzugs. »Dieser Anzug steht Ihnen wirklich ausgezeichnet. Ich glaube, ich sollte mich vor Ihnen in Acht nehmen.«
»Der Oberkellner hat mir gesagt, dass unser Tisch bereitsteht. Wir können unsere Getränke mitnehmen.«
Als sie in das geschmackvoll eingerichtete Restaurant hinübergingen, folgte ihnen der Barkeeper mit einem silbernen Tablett, auf dem die Champagnerflasche stand. An einem Tisch in der Ecke wartete bereits der Weinkellner auf sie. Nachdem sie Platz genommen hatten, stellte er zwei frische Champagnergläser auf den Tisch und schenkte aus der Flasche nach. Ein zweiter Kellner brachte die Speisekarten, und nach kurzer Beratung gaben Tweed und Lucinda ihre Bestellung auf. Dann beugte sich Lucinda vertraulich zu Tweed hinüber.
»An dem Morgen, an dem Sie mich im Betrieb besucht haben, ist einer unserer Lastwagen entführt worden«, sagte sie im Flüsterton, obwohl niemand so nahe bei ihnen saß, dass er sie hätte belauschen können. »Ein maskierter Mann hat den Laster angehalten, unseren Fahrer mit Chloroform betäubt und ihn dann in ein Gebüsch gezogen. Später hat man den Lastwagen
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