Skin Game: Gefährliche Berührung (German Edition)
sie der Grund, weshalb er seinen Plan konsequent verfolgte. Als sie ins Krankenhaus gekommen war – und er entdeckt hatte, wer die Schuld daran trug – , hatte er sich geschworen, nicht eher zu ruhen, bis die Schuldigen mit allem, was ihnen lieb und teuer war, bezahlt hätten.
Seitdem wirkte er still – und sauber – darauf hin. Segelte von einem Unglück zum nächsten wie ein Albatros in Menschengestalt. Gerard Serrano war der Letzte auf der Liste.
Und ganz gleich, was es ihn kostete, er würde es zu Ende bringen.
9
Kyra spähte an Rey vorbei; was sie sah, machte sie sprachlos.
Durch die Lücke zwischen den Vorhängen hatte sie sehen können, dass das Licht aus war, und deshalb angenommen, er sei nicht da. Sie hatte einen Rest Hoffnung heraufbeschworen und trotzdem geklopft. Vielleicht schläft er nur, hatte sie sich gesagt. Aber nein. In solchen Motels waren die Wände papierdünn, sie hatte ihn umhergehen hören.
Zuerst war sie erleichtert gewesen. Dann hatte er die Tür weit aufgemacht, sodass sie auf ein Meer von brennenden Kerzen blickte. Ach du Scheiße. Vielleicht hatte er eine Frau aufgerissen, irgendwo zwischen Lefty’s Tavern und Motel 5, in dem leider nicht auf dieselben hohen Standards gesetzt wurde wie in Motel 6 weiter oben an der Straße. Aber wenigstens war er zurückgekommen.
Bei einem anderen hätte sie angenommen, er wäre abgehauen, sie hätte sich ins Bett gelegt und nicht einmal in Erwägung gezogen, zu klopfen. Sie hatte noch nie einen solchen Vertrauensvorschuss gewährt. Seit dem Tod ihres Vaters war diese spezielle Betrugsnummer nicht mehr möglich gewesen.
Bei ihrem Aufbruch von der Kneipe hatte sie sich gefragt, ob er mit den Einnahmen des Abends verschwunden war. Sie könnte den Verlust verschmerzen, nur deshalb war sie schließlich das Risiko eingegangen. Jetzt aber stieg Freude in ihr auf, weil er wie versprochen auf sie wartete. Vielleicht hatte sie tatsächlich einen neuen Partner gefunden.
»Tut mir leid, dass ich störe«, murmelte sie. »Ich wusste nicht – «
»Dass ich gerade Abendessen mache?«, unterbrach er sie gewandt.
Er trat zur Seite, sodass sie ganz ins Zimmer sehen konnte. Die billigen Möbel ließen sich nicht wegzaubern, aber der Kerzenschein machte etwas her. Irgendwo hatte er sogar eine rot-weiß karierte Tischdecke aufgetrieben. Der Tisch war mit Papptellern, Plastikbesteck und Weingläsern gedeckt. Es gab sogar einen Brotkorb.
»Ich verstehe nicht.« Kyra wich einen Schritt zurück.
Zur Antwort nahm Rey ihre Hand und zog sie ins Zimmer. »Komm endlich rein.«
Sie empfand ein leises Kribbeln, was nichts im Vergleich zu der gewohnten Reaktion war. Auch wenn ihr das später Kopfschmerzen bescheren würde, riss sie den Arm nicht weg. Er hatte sie völlig überrumpelt – auf eine angenehme Art. Sie ließ sich von ihm zum Tisch führen und den Stuhl zurechtrücken, dann brachte er das Essen: Sandwichzutaten und frisches Gemüse. Lächelnd setzte er sich ihr gegenüber, seine Zähne glänzten im Kerzenschein. Mechanisch begann sie, sich ein enormes Sandwich mit Putenbrust, Schweizer Käse, Tomatenscheiben, Salat, Colbykäse und Roastbeef zusammenzustellen. Am Ende war es fünfzehn Zentimeter dick.
»Warum machst du das?«, fragte sie auf ihr Sandwich deutend.
»Damit du satt wirst.«
Ihr fiel auf, dass ihr neuer Partner bei seinem Belag wählerisch war. Rey überlegte, welches Brot er nehmen sollte, und entschied sich für Vollkorn, dann nahm er etwas magere Putenbrust, Salat und saure Gurke. Das bestätigte, was sie bereits beobachtet hatte – er war sorgfältig, nahm sich Zeit und hatte Sinn für Details.
»Ja, das dachte ich mir. Aber warum?«
»Abends bist du immer halb verhungert. Ich wollte, dass du mal etwas anderes in den Bauch bekommst als Instantnudeln und Automatenfutter. Du hast einen hohen Grundumsatz.«
Es war ihm also aufgefallen. Das erschütterte sie ein bisschen. Seit Jahren hatte keiner so sehr auf sie geachtet, nicht einmal ihr Dad. Dieser war zu dem Schluss gekommen, dass sie selbst für sich entscheiden könne, als sie ihm mit sechzehn erklärte hatte, sie sollten von nun an umherziehen.
»Stimmt.« Sie biss in ihr Sandwich, um ihre Verwirrung zu verbergen, und dachte beim Kauen über seinen wachen Verstand nach. »Wie hast du das ganze Zeug hergeschleppt?«
»Getragen.« Er tat ihre Besorgnis mit einem Schulterzucken ab. »Es sind nur anderthalb Meilen vom Supermarkt bis hierher. Mach dir keine Gedanken«, fügte er
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