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Skinwalker 01. Feindesland

Skinwalker 01. Feindesland

Titel: Skinwalker 01. Feindesland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faith Hunter
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horchte. Witterte. Fort. Große Katze hatte ihre Beute allein gelassen.
    Der Blutgeruch wurde stärker. Gefroren unter dem Schnee. Hunger krallte nach mir, als wäre er lebendig. Er verlangte: Friss, friss, friss . Die Beute war unter einer überhängenden gelblich-weißen Felsnase verscharrt – Quarz, weiß wie der Schnee ringsum, durchzogen vom Gold des weißen Mannes. Der Blutgeruch drang durch den Schnee zu mir. Ich fuhr die Krallen aus und schlug den Schnee weg. Die mondhellen Flocken wirbelten durch die dunkle Nacht.
    Der gefrorene Kadaver eines Hirschs kam zum Vorschein, und ich schlug Krallen und scharfe Zähne hinein. Fraß, verzweifelt. Blut schmolz und besudelte mein kaltes Fell, meine Pfoten, mein Maul. Der Hunger hörte auf, an mir zu reißen, wurde still. Und doch fraß ich weiter. Schlang gierig.
    Ein Gewicht schmetterte mich auf den Kadaver nieder. Krallen schlugen sich in meine Schultern. Große Katze! Ich versuchte zu fliehen. Mein Pelz zerriss unter ihren Krallen. Heiß erfüllte der Geruch meines Blutes die Nacht. Tlvdatsi schrie. Schleuderte mich mit einem Prankenhieb herum, dass mein Bauch ungeschützt war. Ich riss die Tatzen hoch, schlug ihr die Krallen ins Gesicht. Die Witterung von Jungen, zur Unzeit im Winter geboren, haftete stark an ihr. Ihr Blut floss über mich. Ihre Zähne gruben sich in meinen Bauch. Rissen ihn auf. Meine Krallen bohrten sich in ihr Fleisch. Unser Blut mischte sich. Die Schlange tief im Blut von tlvdatsi öffnete sich mir. Schmerz durchbohrte mein Herz. Mein Atem versagte. Ich sterbe .
    Ich sank in die Schlange von tlvdatsi . Tief, tief hinein. Ich sah, wo wir uns glichen. Und wo wir uns unterschieden. Ich konnte nicht Große Katze sein. Ich war zu klein. Dunkelheit breitete sich in mir aus. Ich starb. Ein letztes krampfhaftes Zupacken meiner Krallen. Hoffnungslos. Panisch.
    Zitternd glitt ich in die Schlange. Und stahl den Körper von tlvdatsi . Nicht nur die Schlange unter ihrer Haut, um ihre Gestalt anzunehmen. Ich nahm sie ganz . Stahl ihren Körper. Stahl ihre Seele .
    Licht und Kälte und Blut explodierten in mir. Tlvdatsi schrie vor Wut. Wehrte sich. In mir drinnen. Neinneinneinneinnein .
    Ich nahm tlvdatsi . Eignete sie mir an. Prägte mein Gedächtnis in ihre Haut. Machte es zu ihrem.
    Ich/wir rollten über den Schnee. Keuchten heftig. Die Welt verschob sich, bebte, rüttelte. Ich kämpfte um die Kontrolle. Und ich/wir erhoben uns, ausgehungert. Ich/wir fraßen von ihrer Beute. Meiner Beute. Tlvdatsi schrie und tobte. Friss, friss . Der Bauch schmerzte vom Hunger. Dann: Junge. Junge. Junge .
    Als ich genug hatte, hörte ich auf zu fressen. Satt. Und groß . Beast kauerte mit mir in tlvdatsi . Sah mir zu. Junge , forderte sie. Wies mir den Weg zurück in ihren/unseren Bau. Gerüche, Orientierungspunkte, Markierungen, unser/ihr Revier, ihres/unseres. Folgte der Fährte in den Spuren eines Wolfes, um meine in seinen zu verbergen. Würde den Wolf bald töten müssen. Er war eine Gefahr für die Jungen.
    Junge stießen Hungerschreie aus, kleine Fiepgeräusche. Quiekten verhalten. Ich/wir folgten meiner Beast-Witterung zum Bau, einer niedrigen Höhle im Felsen. Der Eingang war gerade breit genug, um hineinzukriechen, ins Dunkel der Erde, in die Höhle. Blätter waren hereingeweht. Ein guter Bau. Ich/wir stupsten die Jungen, leckten, berochen sie. Noch sehr klein. Geöffnete Mäuler im Dunklen; ihr Atem roch nach Milch. Ich/wir legten uns zu ihnen, strichen mit den Tatzen über ihr Fell. Die Welpen saugten an uns, tranken. Das Gefühl ihrer Milchzähne war unangenehm, aber auch beruhigend. Sprache und Geschichte und Erinnerung fielen von mir ab. Waren vergessen. Beast war geboren.
    Mit einem Schauder erwachte ich. Ich war schweißgebadet, und mein Herz schlug schnell und unregelmäßig. »Mist. Was war das ?« Aber ich wusste, was es war. Ich wusste es. Es war eine Erinnerung aus meiner Vergangenheit. Die Erinnerung, wie Beast und ich zusammengekommen waren, wie wir eins wurden. Ich hatte ihren Körper gestohlen. Und da war ihre Seele in mich eingedrungen.
    Tief in mir hörte ich Beast hecheln. Schmeckte ihren Zorn, alt und abgenutzt wie ein Knochen, in dem kein Mark, an dem kein Fleisch mehr ist, keine Substanz, nur noch Erinnerung.
    »Lieber Gott « , flüsterte ich. »Was habe ich getan ?«
    Weder Gott noch Beast gaben eine Antwort.
    Dies hatte nichts mit dem Leben als Skinwalker zu tun. Das wusste ich, ohne zu wissen, woher. Ich hatte etwas abgrundtief Böses

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