Skinwalker 01. Feindesland
eines der beliebtesten Zeremonienkräuter meines Volkes. Ich dachte an den kurzen Moment zurück, als ich sein blutverschmiertes Gesicht gesehen hatte, die scharfe Adlernase, das ausgeprägte Kinn. Ja. Tsalagiyi – das Wort sprudelte aus den Tiefen meiner Gedanken an die Oberfläche. Er konnte ein Cherokee sein, der von einem Vamp gewandelt worden war. Möglicherweise jagte ich jemanden, der mir ganz ähnlich war.
IchfuhraufdenSeitenstreifen,hieltanundstütztemichmitdemFußamBürgersteigab.SchlossdieAugen.Wittertemitallem,wasichinmirhatte.AuchBeastwarwachsamundangespannt,bohrteihreKrallenleichtinmeinenGeist.Mariengras …
Ich klappte das Visier des Helms herunter. Gab Gas.
Der Geruch, der durch die Ritzen des Visiers blies, war nun intensiver, konzentriert durch die Geschwindigkeit, mit der ich mich durch die Straßen schlängelte, dem Fluss entgegen, denselben Weg entlang, den Beast genommen hatte, als sie dem Rogue von der Stelle aus gefolgt war, wo er die Prostituierte angefallen hatte. Die exakt selbe Route. Beute , raunte Beast und stellte sich eine mehrfach begangene Tierfährte vor. Der Leberfresser nahm denselben Weg nach Hause.
Beast erhob sich, als wir den Fluss auf der Greater New Orleans Bridge überquerten. Wie eine große dösende Schlange lag der Mississippi unter uns, matschbraun und schläfrig. Und dann, in der Mitte der Brücke, hörte die Spur mit einem Mal auf. Einfach so. Der Verkehr wurde stärker. Der Wind vom Fluss her frischte auf. Mir blieb nicht mehr viel Zeit, um sie wiederzufinden.
Wäre ich mit dem Auto unterwegs gewesen, hätte ich nun ein Problem gehabt. Mit dem Motorrad war ich beweglicher. So konnte ich die Fahrbahn wechseln und gegen sämtliche Verkehrsregeln verstoßen, um auf dem schnellsten Weg das andere Ufer zu erreichen. Doch die Spur fand ich nicht. Auf dem dicht befahrenen Westbank Expressway zu wenden kostete mich einige Zeit. Als ich in Beasts Gestalt hier gewesen war, hatte kein Berufsverkehr geherrscht, und ich war auf dem Dach eines Lkws gefahren.
Witternd fuhr ich die Brücke zweimal auf und ab und schnüffelte selbst die wenigen Ausfahrten und kleineren Abzweigungen nach dem Ding ab, das ich suchte. Theoretisch konnte er an jeder beliebigen Stelle von dem erhöhten Expressway auf den Boden darunter gesprungen sein. Oder auch von der Brücke in den Fluss. Beast schickte mir ein Bild von einem Pumaweibchen mit der Nase am Boden.
»Ja, es ist Zeitverschwendung, in der Luft zu wittern « , stimmte ich ihr zu. Ich fuhr auf den Seitenstreifen, hielt an und klappte das Helmvisier wieder auf. Zog die Sonnenbrille ab. Verärgert.
Beast schickte mir ein anderes Bild. Einen Kothaufen. Dann ein drittes, von einer von Krallen oder einem Geweih zerkratzten Baumrinde. Und ein viertes, von einer großen Katze, das Hinterteil tief, die Vorderbeine durchgestreckt, die ihren Duft mit den Analdrüsen auf einem Haufen Blätter und Äste hinterließ.
»Revier. Du meinst, ich finde ihn, wenn ich sein Revier suche. Die Orte, die er als seine markiert hat. Aber Menschen markieren ihr Revier nicht, und soweit ich weiß, Vamps auch nicht .«
Und Beast schickte mir ein Bild von Katies Ladies. Keine Namenstafel im Fenster, kein Neonschild, nur die Hausnummer in Messing an der Tür. Das war mir nicht weiter aufgefallen. Doch ich verstand, was sie mir sagen wollte. Spüre den Rogue anhand dessen auf, was er tut, hat oder ist. Dinge, von denen er gar nicht weiß, dass sie Markierungen sind. Verstanden. Und beginnen konnte ich bei Aggie One Feather und ihrer Schwitzhütte im Garten. Ich schnallte meinen Kettenkragen um und zog die anderen Schutzbekleidungsstücke an. Jetzt war ich bereit.
Aggie musste das Dröhnen des Motors gehört haben. Halb erwartete ich, sie in der Tür stehen zu sehen, aber im Haus war es still, als ich klingelte. Nur die Küchengeräte und die Klimaanlage summten leise. In der Luft lag der Duft von gebratenem Speck. Und der Fäulnisgestank des Rogue. Beast wurde wachsam, in meinem Geist öffnete sie das Maul und zeigte ihre scharfen Zähne. Dem Geruch von Verbranntem nach war der Rogue hier vorbeigekommen, und zwar mit rauchender Haut. Vermutlich war er dem Sonnenaufgang nur um Sekundenbruchteile voraus. Das bedeutete, er war ein Vamp. Die Hinweise, die er hinterließ, waren voller Widersprüche. Ich konnte mir einfach keinen Reim darauf machen.
Er war schnell, schneller als alles, was ich bisher gejagt hatte. Am liebsten hätte ich gar nicht erst um Erlaubnis
Weitere Kostenlose Bücher