Skinwalker 01. Feindesland
vorfuhren. Einer der Wagen hatte einen Hubsteiger auf dem Dach, von dem der Kameramann den Tatort aus der Vogelperspektive aufnehmen konnte. Während sich die Nachrichtenteams einrichteten, kamen die Nachbarn nach Hause und wurden sofort von den Cops informiert und befragt. Ich hörte ihre entsetzten Ausrufe und roch ihre Angst. Als die Sonne unterging, begann ich wütend zu werden, so wie von Jodi beabsichtigt.
Beast dagegen genoss jede Minute dieses Katz-und-Maus-Spiels. Und anders als ich lag sie gern in der warmen Sonne, auch wenn die Feuerameisen und die hungrigen Moskitos sie störten. Und sie liebte es, Spielchen zu spielen. Lauerjäger waren geduldig.
Ich habe scharfe Krallen , dachte sie. Die Frau hat nur eine Pistole, mit der sie nicht schießen darf. Sie ist nicht Große Katze. Sie ist nicht mal Alpha in einem Rudel Hunde oder Wölfe. Oder in einem Cop-Rudel. Sie ist nichts.
»Sie ist eine Polizistin, die mir ein Verbrechen anhängen will .« Meine Stimme war leiser als ein Flüstern. Die Augen hinter der Sonnenbrille hatte ich geschlossen, um sie vor den grellen Strahlen der spätnachmittäglichen Sonne zu schützen. »Sie ist eine Polizistin, die die Abdrücke im Wald gesehen hat und das Blut an den Glasscherben, und die Zugriff auf das gesicherte Beweismaterial aus dem Haus hat. Auf die DNA -Spuren .«
Die Schlange im Innersten aller Dinge? , fragte Beast.
»Ja .« Beast war nicht fähig, das Konzept der DNA zu begreifen, aber dass es die Schlange gab, wusste sie. » DNA -Spuren, die vermutlich die Existenz von Skinwalkern beweisen .«
Die Menschen erkennen die Wahrheit nicht. Sie sagen, das Blut ist schmutzig.
Mit »schmutzig « meinte sie »verunreinigt « . Und wahrscheinlich hatte sie recht. Anders als primitive Völker taten intellektuelle, gebildete Menschen einfach so, als gäbe es die Dinge nicht, die sie nicht verstanden. Nur so war es möglich gewesen, dass Vamps so lange unerkannt unter den Menschen gelebt hatten.
Leberfresser ist nicht Skinwalker wie Jane.
»Na gut. Was er dann, der Leberfresser ?«
»Wie bitte ?«
Ich öffnete die Augen und schob die Sonnenbrille hoch. Vor mir stand Jodi und schürzte die Lippen. Ich war so mit meinem inneren Dialog beschäftigt gewesen, dass ich sie nicht kommen hörte. Doch ich hatte zu leise gesprochen; sie konnte mich nicht verstanden haben. Ich ließ Beast ihren Spaß, rollte den Kopf, als würde ich von einem Nickerchen erwachen, und lächelte sie schläfrig an. Dann streckte ich die Arme und faltete die Hände wie ein Pianist, streckte die Muskeln von den Schultern bis zu den Fingerspitzen und ließ zwei Knöchel knacken, so als hätte ich die ganze Zeit süß geschlummert, während sie gearbeitet und drinnen in der Hitze geschwitzt hatte. »Ich hab wohl im Schlaf geredet. Kann ich jetzt gehen ?« Wenn ich so fragte, ließ sie mich garantiert nicht gehen. Und das wollte ich auch gar nicht, bevor ich nicht wusste, was sie da drinnen gefunden hatte.
»Nein. Ich möchte wissen, wie Sie auf dieses Haus gekommen sind .«
Ich machte mir nicht die Mühe, mich aufzusetzen, und zog sogar wieder die Brille über die Augen. Damit weckte ich erst recht ihr Misstrauen. Ich lächelte. »Wenn Sie meine Augen sehen wollen, während Sie mich befragen, nehmen Sie sich einen Stuhl und setzen Sie sich. Dann muss ich nicht in die Sonne gucken .« Ich zuckte die Achseln – auf dieselbe provokative Art, die ich schon damals im Kinderheim perfekt beherrscht hatte, um mir die anderen Mädchen vom Hals zu halten. Leute, die andere schikanierten, brauchten es, dass ihre Opfer Angst vor ihnen hatten, und auch wenn Jodi nur ihre Arbeit machte, die das Wohlergehen der Bürger von New Orleans zum Ziel hatte, blabla, so gehörte das Schikanieren doch zu ihrem Job. Und ich mochte keine Leute, die andere schikanierten. Überhaupt nicht.
Mit saurer Miene zog sie sich einen Stuhl heran. »Wie sind Sie auf dieses Haus gekommen ?«
Ich schob die Brille auf den Kopf. Der Himmel war golden, rot und violett, und die Sonne balancierte auf dem Horizont. Ich musste die Augen zusammenkneifen, aber abgemacht war abgemacht. »Ich bin der Fährte des Rogue gefolgt. Offenbar hat er gestern Nacht eine weite Strecke zurückgelegt und ist schließlich hier gelandet. Seine Spuren führen in dieses Haus hinein. Und nicht wieder heraus .«
»Um wie viel Uhr ist er hier angekommen ?«
Ich zuckte mit den Schultern und versuchte dabei möglichst kooperativ auszusehen. »Die Abdrücke in
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