Skinwalker: Fluch des Blutes (German Edition)
schwierig.«
Irgendetwas sagte mir, dass »schwierig« noch eine Untertreibung war. Ich zog ihn zu dem Tisch mit dem menschlichen Essen – Essen für Menschen, nicht Menschen, um Vampire zu nähren. Auf einer Vampparty sollte man da schon genau sein. Die sexuelle Spannung zwischen Bruiser und mir und die Atmosphäre im Raum hatten mich hungrig gemacht. »Ich muss etwas essen, und anschließend mische ich mich unter die Leute«, sagte ich, »um herauszufinden, ob jemand hier ist, der nach dem Schöpfer der jungen Rogues-Frau riecht – das Parfum trägt, von dem ich geredet habe«, ergänzte ich. Ich war noch nie eine gute Lügnerin gewesen.
Ich reichte Bruiser einen Glasteller und schaufelte Räucherlachs auf meinen. Beast hechelte. Lieber roh, sagte sie und schickte mir eine Vision der Pranke eines Pumas, der eine gefleckte Forelle aus einem Fluss zieht. Ich hatte nicht gewusst, dass Beast fischte, aber vermutlich taten das alle Katzen gern, die Hauskatze in einem New Yorker Appartement in einem Aquarium und der Puma in einem kalten Bergfluss.
Bruiser betrachtete den Lachsberg auf meinem Teller und legte überrascht, belustigt und leicht herablassend den Kopf schief. Der Ausdruck auf seinem Gesicht ähnelte wieder auf unheimliche Weise dem Leos, und ich fragte mich, wie viele Jahrzehnte man mit einem Vamp zusammenleben musste, um seine Eigenarten zu übernehmen. Es konnte sehr verstörend sein. »Ich mag Fisch«, sagte ich abwehrend. »Und ich habe Hunger.«
»Natürlich«, murmelte er. Er gab mir eine gefaltete Serviette und vergoldetes Besteck und sagte »Fischbesteck.«
Die kurze, kräftige Gabel und das Buttermesser begutachtend, folgte ich ihm in den hinteren Teil des Lagerhauses. »Ach ja?« Ich drehte das schwere Besteck hin und her und verglich es im Stillen mit dem Zeug aus gepresstem Metall, das wir im Kinderheim benutzt hatten. Bruiser hielt mir ein Glas Weißwein hin. Überrascht blickte ich auf. Die hintere Hälfte des Old-Nunnery-Lagerhauses war früher offenbar in Büros unterteilt gewesen, die Trennwände waren oben offen, damit die Luft zirkulieren konnte. An dem ersten Arbeitsplatz war eine Bar aufgebaut. Schon nach einem Schluck wusste selbst ich, dass es gutes Zeug war. Für Vamps tat es kein Kartonwein. Ich trank ihn durstig und kostete dann den Lachs, und er zerging mir auf der Zunge. Nun, nicht wörtlich, aber ich musste nicht viel kauen.
Während ich aß – den Fisch hinunterschlang, unter Bruisers leicht hochnäsigem Blick, den ich allerdings ignorierte – , gingen wir einen kurzen, breiten Flur entlang. Eine Gruppe Vamps in Abendkleidung blieb stehen und trat zur Seite, als wollte sie uns vorbeilassen. Als wir auf gleicher Höhe waren, begannen zwei Vamps in fast, aber nicht ganz identischen roten Roben auf mich zuzugehen, und die anderen folgten ihnen wie auf ein Kommando. Dann fingen sie zur selben Zeit an zu schnüffeln.
Hinter ihnen, im Halbdunkel, stand Rafael Torrez. Er lächelte schwach, kam aber nicht näher. Er beobachtete den Vorgang nur, seine Haltung war erwartungsvoll. Mist .
Meine Nackenhaare stellten sich auf. Ich blieb stehen und drehte mich zu den mir am nächsten stehenden Vamps um, mit dem Rücken zur Wand. Ihre Augen wurden schwarz. Fangzähne fuhren aus. Beast wurde wütend, und ich schnüffelte ebenfalls, witterte. Für einen kurzen Moment standen wir uns gegenüber. Ich mit meinem halb gefüllten Teller. Die Hände voll. Adrenalin schoss durch meinen Körper, als ich in diesem einen Augenblick die Möglichkeiten, mich zu verteidigen, analysierte. Der Teller war aus Glas, konnte also leicht zerschlagen werden, und Vampire bluteten schnell. Die Pflöcke griffbereit in meinem Haar. Die Wand in meinem Rücken. Ich atmete aus, und meine Muskeln waren entspannt und bereit.
Die weiblichen Vamps in den scharlachroten Seidenroben musterten mich von Kopf bis Fuß, langsam, als wollten sie sich mich einprägen. Sicher nicht, weil sie wissen wollten, aus welchem Material mein Kleid war und wie viel es gekostet hatte. Einer der männlichen Vamps kam auf uns zu, mit langsamen, fließenden Bewegungen, ein anmutiges Gleiten, zu dem nur sehr alte Vampire fähig sind. Ein Raubtier, geschmeidig und gefährlich, trotz seines grün-rot karierten Kummerbundes und dem dazu passenden Einstecktüchlein, deren Farben so gar nicht zu den Fangzähnen passten.
Ich nahm den Teller fester in die Hand und machte mich bereit, ihn zur Ablenkung zu werfen oder zu zerschlagen, um etwas zum
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