Skiria: Am Berg der Drachen (German Edition)
Drachen fortzusetzen.
Traurig winkte Skiria noch einmal zurück, bevor die Gruppe Ramin verließ.
Ein schützender Wall zog sich um die Stadt. Schlammfarbenes Mauerwerk, so glatt geschmirgelt, dass niemand daran Halt fände, der beabsichtigte, über die zweimannshohe Barriere zu klettern. Die Gruppe wanderte entlang der Mauer, Irian humpelnd auf Janus gestützt, bis endlich das Stadttor auftauchte. Zwei Wachmänner, die zu beiden Seiten des Tors postierten, traten hervor und kreuzten ihre Lanzen.
„Achtung Passierwillige, sechs an der Zahl!“, rief einer der Männer, als könne der andere nicht selbst sehen, wie viele Personen um Einlass baten.
Stumm gafften die beiden unter ihren Helmen hervor. Gwendol grübelte bereits über mögliche Losungen nach, denn wie es schien, sollten die Gäste eine passende Entgegnung vorbringen. Gerade wollte er beginnen, seine Einfälle preiszugeben, als Hazaar mit ruhiger Stimme das Wort ergriff: „Wir bitten um Aufenthalt in der Stadt Umiena. Ein Verletzter weilt unter uns, dessen Genesung eine Bettstatt und einen guten Heiler erfordert. All dies hoffen wir hier zu finden.“
Kaum hatte Hazaar sein Anliegen verkündet, sanken die Waffen, die man ihnen beinahe feindselig entgegen gehalten hatte, hernieder. Es schien, als seien dem Magier die passenden Worte eingefallen, denn die gestrengen Mienen der Wachposten lockerten sich nun zusehends. Dennoch mussten sie eine Menge Fragen über sich ergehen lassen, bevor man sich bereit erklärte, sie einzulassen. Geduldig informierte sie Hazaar, der sich selbst als Sprecher erkoren hatte, über ihre Herkunft und die voraussichtliche Dauer ihres Aufenthalts. Es folgten Befragungen über eventuell mitgeführte Wertgegenstände, Waffen und Schriftstücke. Endlich wurde das Tor geöffnet. Es schwang weit auf, doch statt die Besucher einzulassen, sammelten die Wachmänner zunächst sämtliche Waffen ein, um diese zu verwahren, bis sie die Stadt wieder verließen.
Derart schutzlos schickten sie sich an, Umiena endlich zu betreten, doch die Aufnahmeprozedur wollte nicht enden.
Nun galt es zu versichern, dass keiner von ihnen unter einer ansteckenden Krankheit oder starkem Befall von Parasiten litt. Skiria spürte die Schwere ihrer müden Beine und sehnte sich nach den vielen Nachtlagern auf dem Waldboden ein Bett herbei. Doch die Männer duldeten keine Nachlässigkeit. Als sie von Skiria verlangten, ihren Rock zu lüften, um zu überprüfen, dass sich kein verstecktes Schmuggelgut darunter befand, wich sie empört zurück. Irian, der vermutete, dass es sich um einen derben Scherz handelte, den die Wachen gern mit jungen Mädchen trieben, äußerte seinen Unmut: „Wo wir herkommen, geziemt es sich nicht eines solchen Benehmens. Ich nahm an, dass in dieser Stadt ähnlich gute Manieren vorherrschten!“
Grinsend überhörten die Soldaten die Maßregelung und bedeuteten ihnen schließlich, das Tor zu passieren.
Bereits am Stadtrand herrschte geschäftiges Treiben. Über die mit handtellergroßen Steinplatten ausgelegten Straßen eilten zahlreiche Menschen. Ein jeder davon verfolgte zielstrebig seinen Weg, als bliebe keine Zeit, um sich auf einen Wortwechsel mit anderen Passanten einzulassen. Hazaar führte sie in eine schmale Gasse, zu der parallel eine schmutzige Rinne entlang lief, gefüllt mit einer schlammigen Substanz, die dickflüssig die Straße hinab walzte. Es roch stark nach Exkrementen.
Die meisten der Häuser, die sich eng nebeneinander drängten, wirkten ärmlich und verkommen, als verfügten ihre Besitzer nicht über das nötige Vermögen, sie instand zu halten. Dazwischen prägten immer wieder prächtige Bauten das Straßenbild, deren gepflegte weiße Anstriche die bröckelnden Fassaden der Nachbargebäude umso armseliger erscheinen ließen. Die Straße mündete in einen riesigen Platz, dessen Ausmaße wohl halb Runa umfasst hätten. Umstanden von prunkvollen Villen, deren Mauern allerlei verschnörkelter Zierrat und kunstvoll gefertigte Figuren aus Gips schmückten, fand sich dort keine Spur der Armut mehr.
So viele Leute hielten sich an diesem Ort auf, dass Skiria zunächst vermutete, sämtliche Einwohner der Stadt hätten sich hier versammelt. Gleich mehrere Kutschen fuhren rumpelnd über den Straßenbelag. Sie wunderte sich, dass sie dabei nicht zusammenstießen. Janus riss Skiria mit sich, als eines der Gefährte jäh eine Kurve beschrieb und drohte, über die Füße seiner Schwester zu
Weitere Kostenlose Bücher