Skiria: Am Berg der Drachen (German Edition)
Leben mit sich fortriss, erkannte der Zauberlehrling, welch grausame Schurken er zu seinen Meistern gewählt hatte.
XX.
„Oh nein! Seht euch das an!“, rief Skiria ungehalten, als die Stute mit Wucht ihre Hufe in den lehmigen Boden rammte.
Schlamm spritzte hoch auf und landete auf Skirias Kleid. Lange Zeit waren sie bei schönem Wetter durch den Wald gezogen, doch nun hatte es zu regnen begonnen. Der Boden glich bald einem matschigen Sumpf, als herrsche bereits seit Tagen schlechtes Wetter.
Hazaar hatte sich von der Gruppe abgesondert und ging ihnen voraus, grübelnd und mit langen, gequält wirkenden Schritten. Am Nachmittag war Ramin aufgebrochen, um etwas Wild zu jagen. Währenddessen ritt Skiria auf der Stute, die sich als einzige über den Wetterumschwung zu freuen schien. Forsch trat sie in Wasser gefüllte Löcher, sodass der Morast aufspritzte. Es schien, als bereite ihr dies besonderen Spaß. Nach kurzer Zeit ähnelte die Kleidung ihrer Begleiter immer mehr dem grau gesprenkelten Fell des Tieres. Das Pferd kassierte schließlich einen liebevollen Klaps von Irian, der ihm heimlich ins Ohr flüsterte: „Musst du denn unbedingt in jedes Schlammloch treten?“
Als Antwort setzte es einen Huf mit Schwung in die nächste Pfütze, deren Inhalt sich nicht nur auf Irians Beinkleid verteilte, sondern nun auch sein Gesicht zierte. Janus bog sich vor Lachen.
„Wir sollten sie Pfütze nennen“, schlug er vor. „Schließlich hat unser Pferd noch gar keinen Namen.“
„Sehr passend“, befand Irian, während er über sein Gesicht wischte.
„Gut gemacht, Pfütze!“, lachte Skiria und tätschelte dabei den Hals der Stute.
„Wenn du dich anstrengst, wird Irian bis heute Abend von Kopf bis Fuß mit Schlamm bedeckt sein.“
„Das würde dir so gefallen“, entgegnete Irian scherzend.
Janus grinste, als seine Hände in die aufgeweichte Erde griffen.
„Da könnte man auch ein wenig nachhelfen.“
„Bleib mir bloß vom Leibe!“, rief Irian, doch schon traf das Geschoss auf seine Schulter, wo es schmutzige Spuren hinterließ.
„Oh warte, das wirst du büßen!“
Johlend bewarfen sich die beiden Männer mit Schlamm und bekundeten lautstark jeden Treffer mit einem Siegesruf. Skiria verfolgte das Schauspiel lachend aus der Reiterperspektive, bevor Pfütze wieder munter vorwärts schritt.
Seit Gwendols Verschwinden waren sie alle in eine betrübliche Stimmung verfallen und hatten lange nicht mehr gelacht. Doch nun vergaßen sie für einen Augenblick das unklare Schicksal ihres kleinen Freundes und tollten herum, als fiele plötzlich alle Last von ihnen ab.
Gwendol lief wie betäubt seinen Lehrherren nach und konnte kaum begreifen, was eben geschehen war. Suchend blickte er sich nach einem Fluchtweg um, denn die brutalen Zauberer zu verlassen, schien ihm angebracht. Doch es fehlte ihm der Mut, einfach wegzulaufen. Die grausame Macht der Magier würde ihm den Weg abschneiden, bevor er sich auch nur wenige Schritte entfernte. Gwendol verzichtete darauf, sich auszumalen, welche Strafen die beiden in einem solchen Falle für ihn parat hielten.
Lautlos schritt Rutam allen voran. Wie er es anstellte, dass das Laub unter seinen Füßen nicht raschelte, hatte Gwendol noch nicht herausgefunden, doch er beschloss, bei einer günstigen Gelegenheit Andakor danach zu fragen, der ein Stück weit hinter Rutam wandelte, den verstört wirkenden Esel hinter sich herziehend. Der kleinere der Zauberer wirkte ein wenig umgänglicher als der stets grimmige Rutam. Schnellen Schrittes holte Gwendol zu ihm auf und wanderte eine Weile schweigend neben ihm her.
„Hör mir zu, Zauberlehrling!“ wisperte Andakor unvermittelt, den Blick konzentriert auf Rutam gerichtet.
„Ich kann nachempfinden, was in deinem Kopf nun vorgehen muss. Mir war ähnlich zumute, als ich das erste Mal einem Werk Rutams beiwohnte. Es mag dir zu diesem Zeitpunkt grausam erscheinen, doch glaube mir – du wirst dich daran gewöhnen müssen. Es ist ein Teil von uns, verstehst du?“
Gwendol schüttelte verwirrt den Kopf, doch Andakor nickte ihm zuversichtlich zu.
„Sei gewiss, du wirst es verstehen lernen.“
Sein Schüler wagte nicht zu widersprechen, trotz großer Bedenken, sich jemals für die finsteren Machenschaften seiner Lehrherren begeistern zu können. Wohin war er nur geraten?
„Du!“, riss Rutams Stimme ihn aus seinen Gedanken. „Komm her!“
Gwendol duckte sich unwillkürlich, als träfen ihn die
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