Sklaven der Begierde
bedeutete. Er wünschte, er könnte so gut mit Sprache umgehen wie sie. Mit seinen Hausarbeiten war er immer zu ihr gekommen, damit sie ihm bei den Formulierungen helfen konnte. „Ich will das und das sagen, aber ich weiß nicht, wie …“, war sein typisches Problem gewesen. Sie hatte sich seine kläglichen Versuche vorgenommen und in schöne, knappe und machtvolle Sätze verwandelt. Und in diesem Augenblick brauchte er ihre Hilfe, um ihr zu sagen, wie sehr er sie begehrte, aber eben nicht nur sexuell. Und wie sehr er sie liebte, mehr als alles andere auf der Welt. Und er wollte ihr so gern sagen, dass er sie niemals verletzen würde, nicht so wie Søren. Und auch sonst nicht.
„Alles ist gut, Wesley. Du brauchst keine Angst zu haben.“ Nora ließ ihre Hände an seinen Armen entlanggleiten. „Rede einfach mit mir. Hör nicht auf zu reden.“
„Sag mir, was ich tun soll“, bat er.
Nora fing an, sein Hemd aufzuknöpfen. „Was immer du willst.“ Sie lächelte ihn an.
Die Scheinwerfer entlang des Stegs warfen weißes Licht auf den Teich. Und in diesem Licht konnte Wesley erkennen, dass Nora glücklich war. Er sah nur Freude in ihren Augen, kein Schuldgefühl, keine Angst, keine Scham. Und keine Sehnsucht nach Søren.
„Ginge es ein bisschen konkreter? Ich bin …“
„Nervös?“
„Ja, zum Teufel.“ Er lachte. Oh Gott, sie fühlte sich so gut an in seinen Armen. So weich, warm und wahrhaftig. Das war kein flüchtiger Traum mehr.
Sie drückte ihre Brüste an seine Brust, grub ihre Finger in sein Hemd, krallte ihre Nägel ganz leicht in die empfindliche Stelle an seinem Oberarm, dort, wo er sich selbst gelegentlich Insulinspritzen setzte. Sie musste bemerkt haben, wie er ganz leicht zusammenzuckte, denn sie ließ ihre Hände sofort zu seinen Schultern wandern.
„Okay, wir kriegen das hin. Nervosität ist überflüssig. Bist du dir sicher, dass du es hier tun willst?“ Sie ließ ihren Blick durch den Pavillon schweifen. Ein besonders privater Schlupfwinkel war das nicht. Jeder, der den Steg entlangkam, musste sie entdecken.
„Ja. Ich würde es nie bis zum Haus zurück schaffen. Und die anderen sind alle schon im Bett, zumindest meine Eltern. Wir sind ganz unter uns.“ Er versuchte, selbstbewusster zu klingen als er tatsächlich war.
„Gut. Ich bin erleichtert, das zu hören.“ Nora lachte, und er vernahm einen Anflug von Nervosität in ihrer Stimme. Doch das verunsicherte ihn nicht weiter, im Gegenteil. Es war sogar tröstlich zu wissen, dass er die berühmte Nora Sutherlin aus dem Konzept bringen konnte. „Na gut, dann wollen wir mal sehen. Das erste Mal, da sollten die Umstände möglichst unkompliziert sein. Der Tisch?“
„Der Tisch.“ Wesley ließ seine Hände ihren Rücken hinuntergleiten und legte dann beide Handflächen an die Rückseite ihrer weich gerundeten Hüften. Sie umklammerte seine Schultern, und er hob sie hoch und setzte sie auf die Tischkante. Schon jetzt brannte er vor Verlangen, sich in sie zu versenken. „Brauchen wir …?“
„Nein.“ Sie schüttelte den Kopf. „Ich mache regelmäßig Tests. Bin vollkommen clean. Außerdem verhüte ich. Und du bist Jungfrau …“
Wesley grinste. „Hoffentlich nicht mehr lange.“
„Nein. Nicht mehr lange.“ Sie öffnete seine Hemdknöpfe und versuchte dann, den Stoff aus seiner Hose zu ziehen. Doch ein Knopf verfing sich im Bund, und sie stöhnte frustriert auf. „In meinen Büchern passiert so was nie.“ Sie zupfte mit etwas mehr Feingefühl. „Kein Hemd verheddert sich je in der Hose. Kein Mensch muss sich Gedanken darüber machen, ob die verfluchten Eltern einen erwischen könnten. Und niemals hebt ein Typ den Kopf hoch und sagt: ‚Ähm, ich glaube, du kriegst eine Pilzinfektion.‘“
Wesley lachte lauthals. „Was? Du willst allen Ernstes behaupten, dass Romanzen und erotische Romane nicht hundertprozentig realistisch sind, wenn es um Sexszenen geht? Ich bin wirklich schockiert.“
Er legte seinen Kopf an ihre Schulter, und sie zerzauste sein Haar.
„Ich fürchte, ich muss dir deine Illusionen rauben, Kleiner. Es ist nur in Romanen so, dass niemand morgens Mundgeruch hat. Keiner kriegt jemals einen Krampf. Die Kerle sind unglaublich ausdauernd. Und ED ist auch kein Thema.“
„ED?“
„Erektile Dysfunktion. Erektionsstörung.“
„Na ja, ich kann mir nicht vorstellen, dass du mit vielen dieser Dinge im wirklichen Leben zu kämpfen hattest. Höchstens vielleicht mit morgendlichem Mundgeruch“, neckte
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