Sklaven der Begierde
Sophia ein Mittel zur Muskelentspannung und einen stärkeren Drink als Sherry. Sie brachte beides, und Kingsley kippte erst mal die Hälfte davon weg, bevor er die Pillen schluckte. Sein Hang zur Maßlosigkeit war legendär im Untergrund, und er kultivierte sein Säuferimage mit großer Sorgfalt. Kaum jemand kriegte mit, wie wenig er tatsächlich trank und wie selten er irgendwelche illegalen Substanzen zu sich nahm. Er wollte den Leuten mehr Schwächen vorgaukeln, als er in Wahrheit hatte. Und gerade jetzt brauchte er die Maske des lässigen Trunkenbolds mehr denn je, um sich zu schützen.
Den Rest des Nachmittags verbrachte Kingsley in seinem Büro. Aber er tat nur so, als ob er arbeitete. In Wirklichkeit starrte er einfach nur auf die Berichte der Manager seiner diversen Clubs und Unternehmen. Seine Gedanken waren dreißig Jahre in der Vergangenheit.
Wie? Wie war es passiert? Hatte er es gewusst? Dreißig Jahre – wie konnte irgendjemand … Es ergab irgendwie keinen Sinn – und gleichzeitig irgendwie doch. Er weigerte sich, es zu glauben, aber es war die einzige Erklärung. Eigentlich müsste er sich freuen, dass er jetzt die Wahrheit kannte. Aber was war die Wahrheit?
Christian. Er sollte noch einmal mit Christian sprechen. Der Priester wusste mehr, als er sagte. Er hatte versucht, es Kingsley mitzuteilen, aber er konnte nicht.
„Sophia“, brüllte Kingsley ins Telefon. „Ich muss noch mal nach Maine. Organisiere alles.“
„Oui, Monsieur . Wann?“
„Jetzt.“
Er legte auf, bevor das Mädchen noch etwas einwenden konnte. Jetzt war nicht die richtige Zeit für langes Rumgerede oder Fragen bezüglich seiner Anordnungen. Er überlegte, ob er Søren anrufen sollte, entschied sich aber dagegen. Søren hatte diese unheimliche Begabung, Leute zu durchschauen. Das kam ihm als Priester wie als Dom zugute, machte es seinen Freunden aber schwer, ihm irgendetwas vorzuenthalten. Ein Blick, und er würde wissen, dass Kingsley wusste, wer der Verfolger war, wer der Dieb war – und was hinter den Drohungen steckte.
Drohungen. Es waren nur Drohungen, sagte sich Kingsley, als er in sein Schlafzimmer ging, um sein Jackett anzuziehen. Noch war keiner zu Schaden gekommen. Nur ein Hund. Und es würde auch keiner zu Schaden kommen. Nicht wenn er dabei ein Wort mitzureden hatte.
Er ging die Treppe hinunter und auf die Eingangstür zu. Er musste zurück nach St. Ignatius. Er musste mehr Informationen aus Father Christian herausholen. Und das würde er auch, und wenn er den Priester dafür an den Füßen aufhängen und durchpeitschen müsste.
„Monsieur?“, rief Sophia.
Der Butler rannte bereits zur Tür, um sie ihm aufzuhalten.
„Keine Zeit, Sophia. Nimm die Nachricht entgegen.“
„Es ist Mr Griffin, Sir. Er ist jetzt in Mistress Noras Haus.“
„Das ist schön.“ Die Tür öffnete sich. Sein Rolls-Royce war bereits vorgefahren.
„Aber, Sir, er muss unbedingt mit Ihnen sprechen.“
Endlich registrierte er die Panik in der Stimme seiner Sekretärin. Er wirbelte herum und sah sie an. Das Mädchen stand zitternd und blass da, in der Hand ein schwarzes Telefon.
„Worüber denn?“ Kingsley wollte nicht mit Griffin reden. Er fürchtete bereits das Schlimmste.
„Er sagt, er ist so schnell es ging zu dem Haus gefahren, aber …“
„Aber?“
Sophia schluckte und wurde noch bleicher.
„Jemand war schon vor ihm da.“
SÜDEN
So fühlte sich also der Himmel an. Genau so musste es sein. Sein ganzes Leben lang hatten ihm Pfarrer, Prediger und Lehrer vom Himmel erzählt. Er hatte in der Bibel darüber gelesen, und natürlich war der Himmel auch in der Sonntagsschule ein Thema gewesen. Der Himmel, hatte er gelernt, war das Paradies. Hier wurde alles vollkommen, hier sah man Gott und erbaute sich an dem Gedanken, dass dieser Ort der himmlischen Schönheit und des unendlichen Friedens für alle Ewigkeit bestehen bleiben würde.
Wesley schaute nach unten und lächelte beim Anblick von Noras Haar, das sich auf seinem Bauch ausbreitete. Sie hatte ihn in den Mund genommen, zwischen ihre Lippen, und liebkoste ihn mit der Zunge. Auf und ab, auf und ab, bis zur Spitze und wieder zurück. In seinem Inneren baute sich eine köstliche Spannung auf, die ihn schier bersten ließ vor Lust.
„Nora, ich komme, wenn du so weitermachst.“
Sie unterbrach ihre Tätigkeit, hob den Kopf und warf ihm einen amüsiert-entnervten Blick zu. „Aber darum geht’s doch gerade.“
„Aber …“
„Nix aber.“ Sie streichelte
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