Sklaven der Begierde
schön.“
Nora zuckte innerlich zusammen. Er hatte das so ernst, so ehrlich gesagt. „Nein, sie war ganz und gar nicht hässlich“ hätte sie nicht weiter getroffen. Aber „Sie war sehr schön“ – das tat schon weh.
„Also, warum nicht?“
Wesley streichelte Track Beautys langen Hals. Die Stute drehte ihren Kopf und stupste Wesley mit dem Maul an.
„Musst du das wirklich fragen?“
„Ich denke schon.“ Nora ging um Track Beauty herum und stellte sich neben Wesley. Er wirkte angespannt. Sie hatte das überwältigende Bedürfnis, ihn zu berühren, aber sie fürchtete, dass er sich ihr entziehen würde, wenn sie in diesem Moment Anstalten dazu machte.
„Bridget war …“ Er unterbrach sich und atmete heftig ein und aus. „Sie war etwas Besonderes, Nora. Sogar du wärst hingerissen gewesen. Siebenundzwanzig Jahre alt. Eine Schönheit wie aus einem alten Hollywoodfilm. Wie nennt man diese Röcke, die du manchmal anziehst, wenn du zur Kirche gehst? Eng geschnitten, gehen bis übers Knie?“
„Bleistiftröcke?“
„Ja, genau. Solche Röcke hat sie immer getragen, mit diesen klassischen Blusen, sie sah irgendwie … na ja, irgendwie glamourös aus. Wenn wir zusammen ausgingen, haben sich wirklich alle nach ihr umgedreht. Einmal habe ich sie zu einer Fundraiser-Party mitgenommen. Da waren alle stinkreich, und Bridget verdient vielleicht gerade mal vierzigtausend Dollar im Jahr. Abe keine andere Frau an dem Abend hat auch nur halb so viel Aufsehen erregt wie sie. Ich hatte kaum eine Chance, mit ihr zu tanzen. Die Männer haben buchstäblich Schlange bei ihr gestanden. Sie ist auch sehr klug und hat in Harvard studiert. Früher oder später wird sie ein Gestüt wie dieses hier leiten. Eher früher als später. Also die perfekte Frau für jemanden wie mich, schließlich erbe ich mal eine riesige Pferdezucht. Mom und Dad haben schon Hochzeitspläne geschmiedet.“
Nora schluckte. Jedes einzelne Kompliment für Bridget aus Wesleys Mund hatte sie härter getroffen, als Sørens Schläge das jemals vermochten.
„Und was war nun das Problem?“ Sie versuchte, ihre Frage ganz ruhig zu stellen, ohne ihre Gefühle zu verraten. Aber ihre Stimme war kaum mehr als ein Flüstern.
„Das Problem ist“, Wesley sah ihr zum ersten Mal an diesem Tag in die Augen, „dass sie nicht du war.“
Ein paar Sekunden lang suchte sie nach einer cleveren Antwort, nach irgendwas, das Wes zum Lachen bringen und die Anspannung zwischen ihnen lösen würde. Aber sie fand keine Worte, und so stand sie einfach nur stumm da.
„Ich konnte nicht mit ihr schlafen“, fuhr Wesley fort, „weil sie nicht du war. Und so langsam frage ich mich, ob du mich immer wieder zurückweist, weil ich nicht er bin.“
Endlich begriff Nora, was in ihm vorging und welche Ängste ihn umtrieben. Kaum zu glauben, aber sie hatte es ausnahmsweise einmal mit einem Mann zu tun, den sie vollkommen verstehen konnte. Sie wusste plötzlich ganz genau, wie er sich nach gestern Abend fühlte und was er jetzt von ihr hören wollte, hören musste. Und sie konnte es ihm sagen, ehrlich und aus vollem Herzen.
„Nein. Du bist nicht Søren. Wenn du Søren wärst, hätte ich letzte Nacht Sex mit dir gehabt, so wie ich schon eine Million Mal Sex mit ihm hatte. Aber du bist nicht Søren, und ich würde Gott hier und jetzt auf meinen Knien dafür danken, wenn da unten nicht ein großer Haufen Pferdescheiße liegen würde. Ein Søren ist wirklich genug für diese Welt.“
Jetzt schien es Wesley die Sprache verschlagen zu haben. Sie beschloss, sein Schweigen für ihre Zwecke zu nutzen.
„Ich schlafe in deinem Bett.“
„Was?“
„Ich schlafe daheim in Connecticut in deinem Bett. Seit dem Tag, an dem ich … an dem ich zu Søren zurückgegangen bin, habe ich nicht mehr in meinem eigenen Bett gelegen. Wenn ich zu Hause bin, schlafe ich in deinem Zimmer, und ich trage dabei das Kentucky-T-Shirt, das du in der Schmutzwäsche vergessen hast. Ich habe versucht, in meinem Bett zu schlafen, aber es hat nicht funktioniert.“
„Du warst doch auch mal eine zwanzigjährige Jungfrau. Du hast erzählt, dass du erst dann mit Søren …“
„Erstens war ich keine Jungfrau. Ein intaktes Jungfernhäutchen heißt nicht, dass man unschuldig ist. Das kannst du in jedem muslimischen Land sehen. Die Mädchen dort lassen sich von ihren Freunden in den Arsch ficken, damit in der Hochzeitsnacht noch ein makelloses Jungfernhäutchen zum Zerreißen da ist.“
„Gut, aber trotzdem
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