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Sklaven der Flamme

Sklaven der Flamme

Titel: Sklaven der Flamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Samuel R. Delany
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seinem Gehirn geschrien. Dann blieb er stehen. Denn er hatte etwas gehört. Eine – eine Stimme! Ganz deutlich hatte er sie gehört …
    Musik setzte ein. Sie kam aus dem Ballsaal. Offensichtlich hatte das Fest begonnen. Er warf einen Blick in den Korridor. Ein Mann mit weißer Schürze und leerem Tablett kam auf ihn zu. »Verzeihung«, sagte der Mann mit der Schürze. »Zu diesem Teil des Hauses haben Gäste keinen Zutritt.«
    »Ich suchte die – äh …« Jon hüstelte.
    Der Mann mit der Schürze lächelte. »Oh. Natürlich. Gehen Sie zurück in den Ballsaal und begeben Sie sich in den Korridor zur Linken. Die dritte Tür – dort finden Sie, was Sie suchen.«
    »Danke.« Jon erwiderte das Lächeln und hastete den Korridor entlang. Er betrat den Ballsaal durch eine hohe Bogennische. Auf einem Tisch waren Platten mit Fischpasteten, Sardellenröllchen, Muscheln, Krabben und Räucherfilet angerichtet.
    Ein zehnköpfiges Orchester – drei Baß-Radiolins, ein Theremin und sechs verschieden große Blasmuscheln – hatte sich auf dem Podium eingefunden und spielte dünne, melancholische Weisen. Die Gäste schienen sich in dem riesigen Saal zu verlieren. Jon wanderte über den Tanzboden.
    Hier und da standen Edelstahlbrunnen, in denen blaue oder rosa Flüssigkeiten über zerstoßenes Eis plätscherten. An den Beckenrändern waren frische Gläser abgestellt. Jon nahm ein Glas in die Hand, tauchte es in die rosa Flüssigkeit und nippte im Weitergehen daran.
    Plötzlich verkündete der Lautsprecher die Ankunft von Mister Quelor Da und seiner Begleitung. Alle Köpfe wandten sich um. Einen Augenblick später löste sich das Geflimmer aus grüner Seide, blauem Netzstoff und Diamanten am oberen Ende der breiten Marmortreppe in vier Damen mit ihren Kavalieren auf.
    Jon warf einen Blick auf die Galerie, die sich im oberen Geschoß des Saals befand. Ein untersetzter Mann im strengen, schmucklosen blauen Anzug erschien auf der Treppe, die sich mit der Eleganz und Grazie eines Schwanenflügels zum Ballsaal hin verbreiterte. Der Mann eilte die hellen Stufen hinunter.
    Jon trank das Glas leer. Die Flüssigkeit schmeckte nach den verschiedensten Früchten und hinterließ ein leichtes Alkoholbrennen am Gaumen. Der Mann hastete über die Tanzfläche, ging dicht an ihm vorbei.
    Vater! Die Erregung war ebenso heftig wie damals, als er Telphar erkannt hatte. Sein Haar hatte sich in den letzten fünf Jahren gelichtet. Und er war fülliger geworden. Sein Vater stand bereits auf der anderen Seite des Ballsaals und sprach mit den Kellnern. Jon zog die Schultern ein und atmete ganz langsam. Nicht die Veränderung schmerzte, sondern die Vertrautheit.
    Es dauerte eine Weile, bis sich der Saal füllte. Auf dem Parkett war viel Platz. Jon fiel ein junger Mann in Uniform auf. Er war kraftvoll und hatte eine bullige Haltung, wie man sie im allgemeinen nur bei älteren Männern sah. An seinen Schultern blitzten die Majors-Insignien. Jon beobachtete ihn eine Weile. Mitleidig stellte er fest, daß der Junge sich hier alles andere als wohl fühlte. Er aß und trank nichts, sondern ging zehn Schritte hin und wieder zehn Schritte zurück. Offensichtlich wartete er auf jemanden.
    Eine halbe Stunde später herrschte bereits Gedränge im Saal. Jon hatte ein paar Worte mit dem Soldaten gewechselt (Jon: »Ein hübsches Fest, finden Sie nicht?« Der Soldat, verlegen: »Gewiß, Sir.« Jon: »Ich glaube, der Krieg bereitet uns allen Sorge.« Soldat: »Der Krieg? Ja.« Dann sah er in eine andere Richtung. Er wollte sich nicht unterhalten.) Jon stand jetzt in der Nähe der Tür. Plötzlich verkündete der Lautsprecher: »Seine Majestät, der König, mit Gefolge.«
    Gewänder raschelten, Menschen drehten sich um und gaben den Eingang frei. Der König hatte an seiner Seite eine hochgewachsene, temperamentsprühende rothaarige Frau, die ein paar Jahre älter als er zu sein schien. Als sie die Stufen nach unten schritten, verbeugten sich die Gäste. Auch Jon senkte den Kopf; zuvor jedoch fiel ihm auf, daß die Begleiterin des Königs ihm einen sehr direkten Blick zuwarf. Er sah wieder auf, aber nun rauschte ihre Smaragdschleppe bereits durch die Gasse, die das Volk freigelassen hatte. Sie trug die Insignien einer Herzogin.
    Von der anderen Seite trat nun der alte Koshar in die Gasse. Er verbeugte sich sehr tief, und der farblose, blonde König richtete ihn auf und reichte ihm die Hand. »Eure Majestät«, begann Koshar warm.
    »Sir«, erwiderte der König mit einem

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