Sklaven für Wutawia / Gauner mit der 'Goldenen Hand'
Verbrecher. Sie lebten nach der
Führungsschicht-Regel, die Arbeit verbot. Die Verbrecher waren bis an die Zähne
bewaffnet. Die Kolonie wurde zum Gefangenenlager. 73 ehemalige Sekten-Anhänger
wurden zu Sklaven degradiert und erlitten ein grausiges Schicksal. Fernab der
Zivilisation waren sie wie lebendig begraben, mußten Tag und Nacht schuften,
wurden gefoltert, wenn sie sich widersetzten, und hatten ständig Todesangst.
Wutawia erblühte. Die Sklaven mußten
einen Teil der Regenwälder abholzen, Marihuana anbauen und jene Pflanzen, aus
denen sich Heroin herstellen läßt. Wutawia wurde größer und größer. Pedro
Hintermeier und seine 39 Leibwächter stiegen ein in den internationalen
Rauschgifthandel und verdienten ein Vermögen nach dem andern. Das brauchten sie
auch. Denn Regierungsbeamte jenes südamerikanischen Staates wurden aufmerksam
auf Wutawia. Man merkte, was dort lief. Aber das bedeutete nicht, daß den 73
Sklaven die Freiheit winkte. Hintermeier griff tief in die Tasche und verteilte
Schmiergelder wie ein Faschingsprinz Bonbons.
Die bestechlichen Staatsdiener ließen
die „guten Menschen“ gewähren, wußten von nichts, kassierten regelmäßig
Schmiergelder ein und machten Hintermeier lediglich eins zur Bedingung: Er
durfte keine Indios und keine Bürger jenes südamerikanischen Staates
versklaven. Seine billigen Arbeitskräfte mußte er importieren ( einführen ).
Und diese brauchte er dringend, denn Wutawia war so erheblich gewachsen, daß
die 73 Sklaven nur noch einen Bruchteil der Arbeit schafften — obwohl man die
wöchentliche Arbeitszeit auf 119 Stunden erhöht hatte. Leider segneten einige
Sklaven aus Altersgründen das Zeitliche, und Hintermeier sah die Ausdehnung von
Wutawia gefährdet. Doch er fand einen Ausweg. Drei ehemalige Freunde fielen ihm
ein. Die waren vom gleichen Kaliber wie er. Gegen entsprechende Bezahlung
würden sie sich bestimmt einspannen lassen. Einer dieser Freunde war Immobilien-Makler
in Amsterdam, der andere war Nachtlokal-Besitzer in Barcelona, der dritte war
ohne Beruf, aber reich und ansässig hier in der TKKG-Stadt.
Bei diesem dritten handelte es sich um
Wendelin Wiegand.
Er und die beiden andern wurden von
Hintermeier gebeten, Menschenmaterial — wie er es nannte — nach Wutawia zu
liefern; am besten Jugendliche, die gesund und kräftig waren. Als Gegenleistung
bot Hintermeier einen Superpreis — pro Nase — und geheime Mitgliedschaft in
seiner Sekte.
Den Holländer und den Spanier
interessierte die Mitgliedschaft nicht. Die Typen wollten nur Kohle. Aber
Wendelin Wiegand und seine Schwester Petra fuhren voll darauf ab. Sie sahen in
Hintermeier eine Art Staatsmann, der eines Tages sicherlich als Generalissimus (oberster
Befehlshaber) von ganz Südamerika in die Geschichte der Neuzeit eingehen
würde. Der Kontinent sollte dann in Groß-Wutawia umbenannt werden, und Wendelin
Wiegand erhoffte sich den Posten des Außenministers auf Lebenszeit.
So kam es also, daß im Frühsommer das
rätselhafte Verschwinden junger Menschen begann: in Amsterdam, in Barcelona und
hier. Jeder der drei Menschenjäger für Wutawia hatte Kriminelle angeheuert. Man
spezialisierte sich darauf, vor allem solche Jugendliche zu kidnappen, die weder
Familie noch sonstigen Anhang hatten. Alleinstehende also, deren Verschwinden
nur selten auf fiel. Meistens waren das jugendliche Ausreißer, Herumtreiber.
Die Menschenjäger horteten ihre
Gefangenen wie Stückgut, organisierten dann Sammeltransporte und brachten die —
mit Drogen betäubten — Opfer nach Marseille, wo Hintermeiers hochseetüchtige
Yacht wartete. Sie hieß ,Esperanza 1 (Hoffnung) und hatte den
Atlantik schon mehrfach in Richtung Wutawia überquert — mit menschlicher Fracht
an Bord.
Vor kurzem freilich kam es zu einer
Panne, als sich nämlich drei bedauernswerte Opfer aus ihrem Verlies unter Deck
befreiten und voller Angst über Bord sprangen — in dem irrigen Glauben, sie
könnten schwimmend die Küste erreichen. Franz-Otto Kehrtzsamma, Esteban Corriente
und Willem Tilshoven ertranken.
Doch für Nachschub war bereits gesorgt.
Auf der Wächtlings-Burg, die sich wegen ihrer Unzugänglichkeit als Gefängnis
besonders gut eignete, saßen elf Opfer in vergitterten Zellen; neun Jugendliche
aus Amsterdam und zwei Hiesige. Der Nachtklub-Besitzer in Barcelona hatte
telefonisch mitgeteilt, daß er einen 16jährigen Jungen und ein gleichaltriges
Mädchen auf Lager habe. Die beiden sollten auf direktem Weg von Barcelona
Weitere Kostenlose Bücher