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Sklaverei

Sklaverei

Titel: Sklaverei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lydia Cacho
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Vereinten Nationen war die israelische Regierung bereit, das Problem überhaupt zur Kenntnis zu nehmen. Israel hat seine eigenen Widersprüche: Die Prostitution ist nicht verboten, wohl aber die Zuhälterei und der Betrieb eines Bordells. Man muss nur einmal durch den Stadtteil Neve Shaanan von Tel Aviv gehen, um zu sehen, dass die Bordelle – wie im Rest der Welt auch – als Wellness- und Massagesalons, Schwimmbäder und sogar Internetcafés getarnt werden.
    Die Vertreter der Polizei behaupteten zwar vor dem Ausschuss der Knesset, sie hätten lediglich Kenntnis von 2000 Prostituierten, doch israelische Frauenrechtsorganisationen wie die Organisation zum Schutz der Migranten sprechen von mehr als 20   000 Prostituierten, ein großer Teil davon Zwangsprostituierte. Die meisten schulden den Menschenhändlern Geld für die Einreise, und diese nehmen ihre Papiere an sich, um zu verhindern, dass sie das Land verlassen. Raanan Caspi, Chef der israelischen Sondereinheit zur Bekämpfung des Menschenhandels, erklärte gegenüber der BBC , die Zwangsprostituierten lebten heute »unter besseren Bedingungen, sehr viel besser als früher«. Yedida Wolfe von einer Arbeitsgruppe zur Bekämpfung der Zwangsprostitution warnt jedoch davor, die polizeilichen Maßnahmen allzu optimistisch zu beurteilen: Trotz aller Festnahmen und Verurteilungen ist der Preis der Prostitution stabil geblieben, woraus sich schließen lässt, dass das Angebot nicht geringer geworden sein kann. Heute bieten die Menschenhändler lediglich elegantere Dienstleistungen wie Hostessen-, Callgirl- und Begleitservice an.
    Israel ist stolz auf »die erfreulichsten Zahlen der Welt«. Wenn es sie beweisen könnte, dann müsste Israel sein Geheimnis dringend mit anderen Ländern teilen. Die israelischen Gesetze gegen den Frauenhandel wurden im Jahr 2000 verabschiedet, und nach Auskunft des Polizeiberichts aus dem Jahr 2009 sind die Resultate beeindruckend: »Zu Beginn der Ermittlungen gegen den Menschenhandel gab es schätzungsweise 3000 Opfer. Heute gehen wir davon aus, dass die Zahl bei einigen Dutzend liegt.«
    Doch einiges passt hier ganz offensichtlich nicht zusammen. Frauenorganisationen in Jerusalem analysierten die offiziellen Zahlen und stellten fest, dass die Polizei im Jahr 2007 in 21 Fällen des Frauenhandels zum Zweck der Zwangsprostitution ermittelte; in den Jahren 2008 und 2009 wurden in jeweils zehn weiteren Fällen die Ermittlungen eingeleitet. Im Jahr 2009 ermittelte die Polizei in 331 Fällen wegen Vergehen im Zusammenhang mit Prostitution, vor allem Zuhälterei und Betreiben von Bordellen – das waren fast doppelt so viele wie im Jahr 2008 .
    Man muss allerdings positiv erwähnen, dass die israelischen Gesetzgeber seit 2006 auch gegen die Arbeitssklaverei vorgehen und dass die Opfer, wie vom Protokoll der Vereinten Nationen zur Prävention, Abschaffung und Bestrafung des Menschenhandels gefordert, nicht mehr nachweisen müssen, wie sie verschleppt wurden. In anderen Ländern, darunter auch Mexiko, müssen dagegen immer noch die Opfer die Beweise für ihre Verschleppung erbringen.

Flüchtlinge
    Die Betreuungsstätte Maagan wurde im Jahr 2004 eröffnet und hat seither 130 Frauen aufgenommen, die aus den Händen der Menschenhändler befreit wurden. Sie ist in einem roten Backsteingebäude untergebracht, dessen Mauern aussehen, als wären sie lebendig. Die gut gepflegte Anlage, die bis zu 40 Behandlungsplätze für Frauen bietet, ist von Gärten umgeben. Obwohl die Einrichtung vom Sozialministerium eingerichtet wurde, übernimmt die zivile Organisation Keshet die Betreuung der Frauen. Auch die Organisation Sha-le-Isha und das Zentrum zur Unterstützung ausländischer Arbeitnehmer Todaha, die Opfer von sexueller Gewalt betreuen, kümmern sich um die Frauen. Das Gesetz gewährt nur Frauen Unterstützung, die an den polizeilichen Ermittlungen gegen ihre Entführer mitwirken; Opfer, die Angst davor haben, in einem Prozess gegen ihre Entführer auszusagen, erhalten keine Unterstützung und werden in ihre Heimat »überführt«.
     
    Ich nehme mein Notizbuch zur Hand und suche nach meinen Aufzeichnungen der Gespräche, die ich während meiner Reise durch Zentralasien mit Mitarbeitern der IOM geführt habe. Ich finde Berichte zu den kirgisischen und kasachischen Frauen, die von Menschenhändlern verschleppt und gezwungen wurden, in Israel, vor allem in Tel Aviv, als Krankenschwestern in Altenheimen zu arbeiten. Niemand hatte ihnen gesagt, dass sie

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