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Sklaverei

Sklaverei

Titel: Sklaverei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lydia Cacho
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Organtransplantation kostete die Patienten umgerechnet mindestens 200   000 US-Dollar. Davon behielt der Kontaktmann 2000 oder 3000  Dollar für sich. Das Opfer erhielt je nach Abmachung nicht mehr als 1000  Dollar. Der Rest geht auf das Konto der Chirurgen, des Krankenhauses und der Experten für den Organtransport; zudem wird es als Schmiergeld eingesetzt, das beim Transport von einem Land ins andere anfällt.
    Im Jahr 2008 verabschiedete Israel ein Gesetz zur Organtransplantation, das den Organhandel ausdrücklich verbot. In einem ungewöhnlichen Fall konnte das Betrugsdezernat der Polizei zehn Frauen verhören, die nach Israel gekommen waren, um Organe zu verkaufen. Die Ermittlungen laufen noch, und es gibt Hinweise, dass Hunderte Organe aus Lateinamerika nach Israel geschmuggelt wurden, um dort verpflanzt zu werden.
    Ich führte Interviews mit drei Ärztinnen des Universitätskrankenhauses Hadassah und des Kinderkrankenhauses Dana in Tel Aviv. Alle drei stimmten überein, dass eine verzweifelte Familie zu fast allem bereit sei, um das Leben eines geliebten Menschen zu retten: Wenn die Angehörigen für ein gesundes Organ zahlen müssten, dann zahlten sie eben. Da es sich bei einer Transplantation um einen komplexen Eingriff handelt, müssen von Anfang an Experten beteiligt sein, von der Erstuntersuchung des Spenders über die Entnahme des Organs bis zum Transport und der Verpflanzung. Hat die israelische Polizei dort Ermittlungen angestellt? Bislang wurde in dem von Behat präsentierten Fall kein Beamter und kein Arzt verhaftet. Einige wurden verhört und nach kurzer Zeit wieder auf freien Fuß gesetzt.
    Wer besorgt die Spender? Wer nimmt die Entnahme der Organe vor? Wer transportiert sie? Diese Fragen kann oder will niemand beantworten.

Gesetzeslücken beim Organhandel
    Die israelische Polizei geriet in große Nöte, als sie den Anruf einer Frau erhielt, die von einem Organhändlerring aus der Ukraine nach Tel Aviv gebracht worden war, um sich für 35   000  Dollar eine Niere entfernen zu lassen. In Zusammenarbeit mit der ukrainischen Polizei verhaftete die israelische Polizei einige der Drahtzieher, doch sie musste diese schließlich wieder laufenlassen, da die ukrainischen Gesetze den Organhandel nicht explizit verbieten. Der russischen Mafia (genau wie der mexikanischen und der chinesischen) ist es gelungen, sich in den neuen Organmarkt einzuklinken. Wenn es um das Leben eines Verwandten geht, stellen viele Menschen keine Fragen; sie interessieren sich nur dafür, dass die medizinischen Dienstleistungen, die sie mit ihrem Geld bezahlen, tatsächlich effektiv sind.
    Der israelische Polizeisprecher Alex Kaganski räumt ein, dass die Bekämpfung des Organhandels eine gewaltige Aufgabe ist: Wenn die israelische Regierung schärfere Gesetze gegen den Organhandel erlässt, weichen die Menschen einfach in nahe gelegene Länder aus, in denen die Organe straflos verpflanzt werden können. Die Anwältin Lizzy Troend bestätigt, dass der Organhandel zwar verboten ist, dass das Gesetz jedoch nicht darauf eingeht, unter welchen Bedingungen ein Spender freiwillig ein Organ spenden kann. Diese Debatte wird in Pakistan, den Philippinen, Mexiko, El Salvador und verschiedenen afrikanischen Ländern geführt: Viele Menschen fragen sich, warum der Staat das Recht haben soll, über die Körper seiner Bürger zu verfügen. In einem Interview beharrten pakistanische Jugendliche, die ihre Nieren verkauft hatten, sie hätten ein Anrecht darauf, weil sie mit dem Verkauf einer Niere ein halbes Jahr lang der Armut entkommen konnten.
    Aber wer steckt hinter dem Organhandel? Die Antwort lautet: kriminelle Netzwerke, Terroristen, Guerilleros und Menschenhändler, die Frauen und Kinder versklaven. Dabei stellt sich die Frage, inwieweit diese Gruppen identisch sind. Dieses Phänomen ist genauso komplex wie der Menschenhandel zum Zweck der Prostitution. Hier wie da haben wir es mit Menschen zu tun, die mit den regionalen und internationalen Verbrechersyndikaten gemeinsame Sache machen. Diese kriminellen Netzwerke verdienen Abermillionen von Dollar allein aufgrund der Tatsache, dass es keine internationalen verbindlichen Gesetze zum Organhandel gibt.
    Wenn Sie eine einfache Antwort suchen, dann muss ich Sie enttäuschen. Die Schwierigkeit beginnt schon mit der Frage, wo und wie in der globalisierten Wirtschaft die Grenzen zwischen legal und illegal gezogen werden. Die Grenzen des Verbrechens sind genauso unsichtbar, flexibel und

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