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Sklaverei

Sklaverei

Titel: Sklaverei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lydia Cacho
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des ehemaligen Präsidenten Carlos Menem ermittelt wurde. Lifschitz hatte ausgesagt, dass das Attentat gegen den Verein für Israelisch-Argentinische Freundschaft ( AMIA ) von höchster Stelle gedeckt wurde, und hatte die Verantwortlichen genannt.
    Nach dem Erscheinen des Artikels in
La Reforma
beschrieb Martins' ehemaliger Geschäftspartner Sandro Ossipof im Detail, wie Martins in seinen Lokalen Videokameras versteckte, um seine Klienten beim Sex mit den Prostituierten zu filmen. Dem Gericht Nummer 28 von Buenos Aires liegt unter der Aktennummer 23799 / 04 eine Anklage wegen Bedrohung und Körperverletzung vor, die eine ehemalige Geschäftsführerin eines Bordells eingereicht hat. Als die mexikanischen Behörden Martins die offiziellen Genehmigungen zum Betrieb seiner Etablissements erteilte, war außerdem unter der Aktennummer 103933 / 97 ein Verfahren wegen Bestechung von Polizeibeamten anhängig, in dem es um den Schutz von Martins’ zuhälterischen Aktivitäten in Buenos Aires ging.
    Nachdem die Staatsanwaltschaft in Tijuana wegen Betrugs gegen Martins zu ermitteln begonnen hatte, wechselte er nach Cancún und Playa del Carmen. In der mexikanischen Karibik baute er sein System der VIP -Prostitution aus, das er über mehr als ein Jahrzehnt hinweg in Argentinien errichtet hatte: Schritt für Schritt schuf er sich ein Beschützernetzwerk für die verschiedenen Banden von Frauenhändlern, die zwischen Feuerland und Mexiko aktiv sind.
    In meinen Interviews mit den jungen Frauen und einigen Bedienungen erfuhr ich, dass Martins genau wie die meisten anderen Menschenhändler weiß, wie wichtig es ist, Frauen, die sich als professionelle Prostituierte betrachten, mit Opfern des Sklavenhandels zu mischen. Während erstere ihre Schulden bereits abbezahlt haben und sich frei bewegen können, werden letztere durch Drohungen gefügig gemacht, haben keine Papiere und können jederzeit ausgewiesen werden.
    Als ich die Aussagen von Lifschitz in der mexikanischen Tageszeitung las, wurde mir klar, dass er der Anwalt war, den die jungen Frauen aus
The One
Claudio genannt hatten, der freundliche Vermittler von Aufenthaltsgenehmigungen der mexikanischen Einwanderungsbehörde. Leider stand er mir nicht für ein Interview zur Verfügung.
    Viel Lärm um nichts: Martins Reloaded
    Der Fall Martins enthüllte einen Filz aus Politik und Kriminalität, den weder die Bundesstaatsanwaltschaft noch die Justiz von Quintana Roo entwirren wollte. Behörden und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens brachten einen Monat damit zu, einander die Schuld in die Schuhe zu schieben. González Canto, Gouverneur von Quintana Roo, beschuldigte die Richter, sie hätten die Schließung von Martins' Nachtclubs verhindert und machten jetzt seine Verhaftung unmöglich. Martins griff seinen einstigen Rechtsbeistand an und beschuldigte ihn, gegen die Schweigepflicht verstoßen zu haben. Die Einwanderungsbehörde zeigte mit dem Finger auf die Bundespolizei und diese auf die örtlichen Behörden, die Martins die Lizenz zum Alkoholausschank erteilt hatten, und so weiter. Martins schien unter den mexikanischen Behörden ein ähnliches Durcheinander anzurichten wie in seiner Heimat.
    Schließlich verschwand Martins, seine Bordelle wurden geschlossen, und einige der jungen Frauen wurden verhaftet, fotografiert und ohne Verhör in ihre Heimatländer abgeschoben. Ein Kriminalbeamter sagte mir, Martins befinde sich auf der Flucht, während Cecilia Romero, die Direktorin der Einwanderungsbehörde, erklärte, sie habe Anordnung, Martins auszuweisen; die Behörde gebe dem Fall besondere Priorität und verfolge vor allem die Ermittlungen zur Prostitution. Leider könne sie Martins in Wirklichkeit weder festnehmen noch ausweisen lassen, da ihr durch die Gerichte die Hände gebunden seien. Der Grund ist einfach: Die Justiz ist nicht nur ein Teil des Netzwerks der Korruption, sondern viele Richter sind zudem Kunden der Prostitution. Diese haben einerseits Angst, dass sie in den Etablissements gefilmt worden sein könnten, andererseits betrachten sie die Prostitution als ein vollkommen normales Gewerbe und sehen keinerlei moralischen Grund, die damit verbundenen Verbrechen zu ahnden. Auf diese Weise machen sie sich faktisch und moralisch zu Komplizen der Männer, die die Prostitution kontrollieren.
    »Niemand hat etwas gegen Martins unternommen? Nicht einmal wegen Menschenhandel, Dokumentenfälschung, Betrug oder Mordverdacht?«, fragte ich Vertreter von verschiedenen

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