Sklaverei
psychologischer Behandlung. Während sie gegen ihre Albträume kämpft, fragt sie sich unter anderem, wie ihre männlichen Kollegen so grausam sein konnten, irakische Mädchen und Frauen zu vergewaltigen, wenn sie doch angeblich in den Irak entsandt worden waren, um den Frieden wiederherzustellen.
Jim aus New Jersey weiß nur zu gut, was A. durchleidet. Er sitzt mir in einem New Yorker Café gegenüber. Während er zusieht, wie sich der Zucker und die Milch allmählich mit dem Kaffee in der Tasse vor ihm vermischen, betrachte ich seine runzelige Stirn und seine ausgedörrten Wangen; mit weißer Haut kennt die Tropensonne kein Erbarmen.
Jim ist 60 Jahre alt, verheiratet, hat vier Enkelkinder und arbeitet heute für eine Nichtregierungsorganisation in seinem Heimatland. Als er Ende der 1960 er Jahre als Soldat nach Vietnam kam, hielt er sich für einen echten Patrioten. Inzwischen ist er weiser geworden und fragt sich, warum er seine Handlungen damals nicht einmal im Ansatz hinterfragte:
Als Soldat hat man zu gehorchen. Als Patriot hat man den Befehlen der Vorgesetzten Folge zu leisten und dafür zu sorgen, dass die eigenen Untergebenen gehorchen. In der Ausbildung lernt man etwas völlig Unnatürliches: Man lernt, ein Volk zu hassen, von dem man nicht das Geringste weiß, und zwar derart, dass man seine Angehörigen nicht einmal mehr als Menschen wahrnimmt. Die Kinder sind potentielle Feinde, die Frauen sind Objekte oder Geiseln. Das ist die einzige Möglichkeit, den Krieg zu überleben, ohne verrückt zu werden: Die anderen zu verachten und zu hassen. In der Ausbildung geht es darum, die ganze Wut freizusetzen, die du in dir trägst, und deine dunkelste Seite auszuleben.
Die Armee nimmt dir deine Menschlichkeit, und zwar in allen Lebensbereichen. Nach all den Jahren, in denen ich an mir selbst gearbeitet habe, in denen ich Yoga gemacht und ein Aktivist der Friedensbewegung geworden bin, erkenne ich mich in diesem jungen Mann, der ich damals war, nicht mehr wieder. Aber er ist immer noch da. Als wir damals in Thailand angekommen sind, hat uns der General erklärt, welche Bordelle wir als US -Soldaten besuchen durften. Sie hatten eine grüne Plakette an der Tür, die bedeutet, dass die Prostituierten von der thailändischen Regierung ausgesucht worden waren und dass die amerikanische Regierung dafür bezahlt hatte, dass sie unberührt und gesund waren. In den Bordellen habe ich extrem junge Mädchen gesehen. Niemand hat irgendwelche Fragen gestellt, wir haben sie benutzt und fertig. Aber wir waren nicht die Einzigen. Alle Armeen der Welt benutzen die Prostitution als eine Art Entspannungstherapie für die Soldaten. Uns war es damals völlig egal, ob es den Mädchen Spaß gemacht hat oder nicht oder ob sie vielleicht verschleppt worden waren. Es ging uns nur darum, unsere dienstfreien Stunden zu genießen. Wir hatten die Phantasie, dass sie sich in uns verlieben und dass wir sie zu unseren Sklavinnen machen, nicht nur Sexsklavinnen, sondern dass sie uns massieren und bedienen und uns das Gefühl geben, dass wir männlicher sind als die anderen.
Zu Beginn des Vietnamkriegs im Jahr 1957 gab es schätzungsweise 18 000 bis 20 000 Prostituierte in Thailand. Nachdem die Vereinigten Staaten sieben Militärbasen im Land eingerichtet hatten, investierten sie jährlich rund 16 Millionen Dollar in die thailändische Wirtschaft. Im Jahr 1964 gab es bereits 400 000 Prostituierte, die von den US -Soldaten ausgebeutet wurden. Das Pentagon war also verantwortlich für die Einrichtung der »amerikanischen Bordelle in Asien«, wie der Senator James William Fuller es nannte.
Über die sogenannten Trostfrauen wurde erstmals in einer breiteren Öffentlichkeit diskutiert, nachdem Frauengruppen in Korea und Japan die Existenz von Prostitutionslagern und Armeebordellen aufgedeckt hatten, die das japanische Militär während des Zweiten Weltkriegs eingerichtet hatte. Dort lebten geschätzte 150 000 bis 200 000 Frauen und Mädchen vor allem von den Philippinen, aus China und Korea, aber auch aus Thailand, Vietnam, Malaysia, Taiwan und Indonesien, und wurden als Sexsklavinnen missbraucht. Der Historiker Yoshiaki Yoshimi schreibt, die Führung der kaiserlichen japanischen Armee habe befürchtet, die Soldaten könnten gegen einen langen Krieg rebellieren, und habe deshalb die Lager eingerichtet, »um die Soldaten bei Laune zu halten«.
Anfangs rekrutierte die Armee Prostituierte aus der Region und kasernierte sie an einem
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