Sklavin der Hölle
dort einen Job zu bekommen.«
»Und wie war sie da?«, fragte Suko.
Davies runzelte die Stirn. »Wieso? Was haben Sie mit der Frage gemeint?«
»War sie zu der Zeit noch normal? Oder hatte sie sich schon verändert?«
»Kann ich Ihnen nicht sagen. Ich habe meine Schwester eigentlich nie gesehen. Ich brauchte sie nicht mal in die Klinik einliefern lassen. Das ging alles wie von selbst. Lina ist einen völlig anderen Weg gegangen, und ich rechne damit, dass sie das nicht freiwillig getan hat.«
»Haben Sie den Friseur in Verdacht?«, wollte Suko wissen.
Davies hob die Schultern. »Das dürfen Sie mich nicht fragen. Ich weiß es nicht.« Er schaute uns an. »Kann ich meine Schwester sehen?«
»Da geben wir Ihnen Bescheid.«
Sofort war das Misstrauen da. »Wieso? Ist was mit ihr passiert, als sie starb?«
»Sie befindet sich noch in der Pathologie und wird dort untersucht.«
»Ach – und das ist normal?«
»Bei bestimmten Todesfällen schon.«
Ben Davies hatte sich seine eigenen Gedanken gemacht. »Wissen Sie was, meine Herren? Ich glaube Ihnen nicht. Ich kann Ihnen einfach nicht glauben. Ich habe den Eindruck, dass Sie mir etwas verschweigen. Ein normaler Selbstmord ist das nicht gewesen, sonst säßen nicht zwei Leute vom Yard vor mir.«
Suko wollte das Misstrauen entschärfen. »Es passierte an einem ungewöhnlichen Ort. Wenn so etwas eintrifft, sind wir immer gehalten nachzuforschen.« Nach dem letzten Wort legte er einen Geldschein auf die Theke. »Ich denke, dass wir Sie lange genug aufgehalten haben. Wir werden uns jetzt zurückziehen.«
»Ich kann Sie nicht aufhalten. Trotzdem bin ich der Meinung, dass Sie mir etwas verschweigen.«
»Sie bekommen früh genug Bescheid.«
Es war der letzte Satz, den wir abgaben. Wir rutschten von den Hockern und näherten uns dem Ausgang, dessen Tür aufgestoßen wurde. Zwei frierende junge und grell geschminkte Frauen betraten das Lokal. Sie schimpften über die Kälte und beachteten uns nicht mal. Wichtig war nicht mehr das Geschäft, sondern das Aufwärmen.
»Wenn das Lina Davies Bruder war, kann sie nicht durch die Macht des Kreuzes auf ihr normales Alter gebracht worden sein«, folgerte Suko. »Dafür ist sie zu stark gealtert.«
»Da könntest du Recht haben.«
»Das habe ich sogar ganz sicher.«
Ich nickte zustimmend, denn es klang logisch.
»Was bleibt?«, fragte Suko.
»Miro Maxwell.«
»Genau. Willst du dir von ihm die Haare schneiden lassen?«
Ich grinste. »Im Notfall schon.«
»Dann gib Acht, dass er dir nicht den Hals durchschneidet. Ich kenne ihn zwar nicht, aber ich traue ihm auch nicht über den Weg.«
»Da können wir uns die Hand reichen.«
Das taten wir zwar nicht, aber meine Hand gebrauchte ich schon, als ich mein Handy hervorholte, das sich gemeldet hatte.
»Wer sagt’s denn?«, hörte ich Glenda’s Stimme.
»Wer sagt was?«
»Na, Glück muss man haben.«
»Und wie sieht dein Glück aus?«
Sie lachte. »Kann sein, dass es am Wetter liegt, dass niemand so gern zum Friseur geht. So hatte ich das Glück, noch einen Termin zu bekommen. Super – oder?«
Ich war nicht so optimistisch und sagte:»Das wird sich wohl noch herausstellen.«
»Warte erst mal ab, bis ich mit meiner neuen Frisur erscheine. Dann siehst du das ganz anders...«
Der Raum war feucht. Er war auch kalt, und er war dunkel. Als Eingang diente eine Gittertür, durch deren Lücken vom Flur her schwaches Licht schimmerte.
Der Raum unter der Erde glich mehr einem Verlies. Die Mauern strömten einen Geruch ab, der sich in den Jahrhunderten hier gesammelt hatte. Es stank nach Elend, nach Blut und nach Tod. Kein normaler Mensch konnte sich hier wohl fühlen.
Trotzdem war der Raum besetzt. Fünf Frauen standen im Kreis. Sie atmeten so leise, dass kaum etwas zu hören war, aber ihre Augen waren auf den Schatten in der Mitte des Kreises gerichtet. Er besaß eine Gestalt. Menschliche Konturen. In Höhe des Gesichts schimmerte es heller, und manch einer glaubte, sogar das kalte Grünblau seiner Augen zu sehen.
Es handelte sich um einen Mann. Dieser war seine Botschaft bereits losgeworden und wartete auf eine Reaktion.
Ein Stöhnen war zu hören. Auch mal ein Flüstern, und erst nach einer Weile traute sich jemand, eine konkrete Frage zu stellen.
»Ist sie wirklich tot?«
»Ja«, bestätigte er.
»Wie kam sie um?«
»Ich weiß es nicht. Aber ich habe ihre Schreie gehört. Die große Jugend war dahin.«
»Aber...«
»Kein Aber!«, blaffte er. »Ich kann euch nur
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