Sklavin des Herzens
konnte, daß da keine andere war …
»Oh!« rief Jamila plötzlich. »Oh, bist du sicher?«
Chantelle sah zu ihr hinüber und entdeckte eine Dienerin, die neben der Brünetten kauerte und ihr etwas ins Ohr flüsterte. »Was ist denn?« fragte sie.
»Ich bin heute abend zu ihm bestellt«, erwiderte Jamila erstaunt. »Das habe ich nicht erwartet … Aus irgendeinem Grund muß er Sheelah böse sein, daß er sie so ignoriert.« Sie richtete sich auf und lächelte entzückt. »Oh, ich kann mich nicht beklagen. Ich dachte schon, ich müßte Wochen und Wochen warten, nachdem Sie hier sind!« Sie legte eine Hand auf Chantelles Arm. »Freuen Sie sich mit mir, Haar. Ich habe soviel Spaß an der körperlichen Liebe.« Sie sprang auf und zog die Dienerin mit sich fort zu den Bädern.
Einen Moment lang bewegte Chantelle sich nicht und atmete kaum, bis sie merkte, daß ihre dummen Augen sich mit Wasser füllten. O Gott, daß er das wagte!
Sie senkte den Kopf und wischte sich heimlich die Augen, ehe sie sich erhob. Sie mußte diesen überfüllten Raum sofort verlassen, und niemand durfte sagen können, er habe Chantelle verstört gesehen, weil der Herrscher so schnell das Interesse an ihr verloren hatte. Schnell? Nein, die Frauen dachten, sie habe die ganze Woche Jamils Bett geteilt, und würden annehmen, sie sei erzürnt, dieses Privileg nun zu verlieren. Privileg, ha! Gott, was für ein fürchterliches Schaf war sie gewesen!
Sie stand einen Augenblick da und überlegte, wo sie allein sein könnte, um sich wieder unter Kontrolle zu bringen. Da fiel ihr das Dampfbad ein, in dem keiner sie so klar sehen konnte, daß er ihre Gefühle erriet.
Sie rannte fast aus dem Saal und fand zu ihrer Erleichterung einen der Dampf räume leer vor. In einer Ecke legte sie sich auf eine Bank und vergrub den Kopf in ihren Armen. Nun konnte sie die Tränen nicht mehr zurückhalten.
Dieser niederträchtige, falsche, wollüstige Kerl! Sie haßte ihn, verachtete ihn. O Gott, es tat weh, und sie war selbst daran schuld. Sie war so dumm! Nur einen Augenblick zu denken, er hege andere Gefühle für sie als die der Lust! Wie naiv konnte sie sein? Und wie schnell zeigte er sein wahres Gesicht, nachdem er bekommen hatte, was er wollte. Aber nie wieder! Die Burkes lernten aus ihren Fehlern. Sie war also verführt worden! Sie war unbedarft genug, romantische Vorstellungen mit dem Mann zu verbinden. Gott sei Dank wurden diese im Keim erstickt, ehe die Beziehung sich zu einer ernsthaften Angelegenheit entwickelte und sie, Chantelle, sich verliebte. Sie mochte nicht daran denken, wie sie sich fühlen würde, wenn das der Fall wäre. Es war so schon schlimm genug.
Sie empfand es als besonders schrecklich, daß sie sich Illusionen hingegeben hatte. Sie hätte das dicke Ende voraussehen müssen. War sie nicht genügend gewarnt worden? Fast jeder hatte ihr erzählt, wie sehr Jamil Sheelah liebte, doch war er seiner ersten Ehefrau treu? Kein bißchen. Wie, zum Teufel, hatte sie glauben können, in ihrem Fall sei es anders? Er liebte sie nicht. Und selbst wenn er sie lieben würde, fiele es ihm nicht ein, seine anderen Frauen für sie aufzugeben, die Mütter seiner Kinder, seine Sheelah. Sie, Chantelle, hatte sich in unmögliche Träume verrannt, also konnte sie nur sich selbst die Schuld an ihren Verlustgefühlen geben.
Plötzlich hörte Chantelle Stimmen, die von draußen hereindrangen und immer lauter wurden. Sie richtete sich auf und trocknete ihr Gesicht mit dem Ärmel ihres Gewandes. Glücklicherweise hatte Adamma noch keine Kosmetik aufgetragen, so daß die Tränen keine Kohlespuren hinterlassen hatten. Blöde Tränen! Wie konnte man über den »Sohn eines Kamelkotes« weinen? Beinahe hätte Chantelle gekichert. Sie sollte bei englischen Flüchen bleiben. Ihr fehlte Adammas feiner Instinkt für türkische.
Vermutlich redete draußen eine Badefrau … Nein, der Ton war zu herrisch für eine Dienerin, » … will keine Entschuldigungen mehr hören! Es hätte nie so lange dauern dürfen!« Eine beruhigende Männerstimme antwortete, aber sie war zu leise, als daß Chantelle sie hätte verstehen können. Das ärgerliche Organ der Frau hingegen erklang deutlich, als sie fortfuhr. »Nimm das und veräußere es. Wenn damit nicht etwas Mut gekauft werden kann, muß ich …« Der Mann unterbrach sie: »Was ist mit dem Jungen?« Ein Murmeln folgte, und dann wieder die Frauenstimme: »Ja, geh los und erledige das. Nichts konnte ihn aus dem Palast locken, aber
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