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Sklavin des Herzens

Sklavin des Herzens

Titel: Sklavin des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Lindsey
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jedem Satz – Ich brauche Dich. Natürlich konnte Derek solch eine Botschaft nicht ignorieren. Im Lauf der Jahre waren wohl Briefe angekommen, aber immer auf normalem Weg. Dieser hier hatte Leben gekostet. Er war etwas Besonderes. Ich brauche Dich. Derek würde kommen.
    Er hatte schon vor zwei Monaten reisen sollen, als Marshall ihn darum gebeten hatte, doch damals war ihm der Grund nicht wichtig genug gewesen, um seine Hochzeit zu verschieben oder sein dem Großvater gegebenes Wort zu brechen. Irgendein englisches Mädchen zu suchen und freizukaufen, das in Barka festgehalten wurde, reizte ihn nicht. Die Engländerin war schon seit drei Monaten in Gefangenschaft gewesen und aller Wahrscheinlichkeit nach keine Jungfrau mehr, also drängte es ihn nicht, sich einzuschalten.
    Es war die Aufgabe des englischen Konsuls, sich um das Loskaufen von Sklavinnen zu kümmern. Der Konsul würde nur etwas mehr Zeit benötigen, das Mädchen zu befreien, falls es überhaupt befreit werden konnte. Oft war dies nicht möglich, vor allem bei hübschen Frauen nicht, und Marshall hatte versichert, die Engländerin sei hübsch. Zudem war sie mit irgendeinem mächtigen Edelmann verwandt, weshalb Marshall sich überhaupt mit der Angelegenheit befaßt hatte. Doch Derek interessierte sich nicht für den Fall. Allerdings nun, da er sowieso nach Barka reisen mußte, war er bereit, das Mädchen zu retten. Dies gab ihm auch die Möglichkeit, Marshall ein wenig über Barka auszufragen, ohne seine wahren Gründe enthüllen zu müssen.
    Kismet. So sollte es geschehen, zu dieser Zeit, auf diese Art. Es war die moslemische Philosophie, auf deren Basis er großgezogen worden war. Nach fast neunzehn Jahren in England hatte das Schicksal für ihn vorgesehen, nach Hause zu kommen. Warum, würde er erst wissen, wenn das Abenteuer vorbei war.

5

    Chantelle lag zitternd unter der Wolldecke. Sie konnte das Beben ihres Körpers nicht unterdrücken, und es hörte nicht auf. Ihr Haar war schon seit Stunden trocken. In der Kajüte war es warm. Das Zittern kam von der Furcht, die Chantelle empfand, und ihr Magen revoltierte.
    Lieber Gott, sie war so nahe daran gewesen, den Piraten zu entkommen! Ihre Füße hatten schon den Grund berührt, als das Boot sie überfahren und unter Wasser gedrückt hatte. Als sie auftauchte, um Luft zu holen, hatten Hände sie gepackt und in den Kahn gezerrt. In diesem Moment wußte sie, daß sie keine Chance zur Flucht mehr bekommen würde.
    Sie wurde auf das Schiff und in die Kabine zurückgebracht. Zwei Männer hatten sie bis auf die nackte Haut entkleidet. Sie war zu erschöpft gewesen, um sich zu wehren, und die Typen hatten sie auch nicht unsittlich berührt. Sie hatten sie in der dunklen Kajüte zurückgelassen und ihre nassen Kleider mitgenommen. Sie hatte die Kissen und den Fellteppich ertastet, an die sie sich von vorher erinnerte, und sich unter der Decke zusammengerollt. Das Zittern hatte angefangen, als sie sich fragte, was als nächstes mit ihr passieren würde.
    Sie hielt sich wach, um nicht im Schlaf überrascht zu werden. Der Morgen dämmerte, und mit ihm kam etwas Licht von einem winzigen Fenster her. Noch immer war sie allein. Lieber hätte sie das Schreckliche erduldet, das ihr blühte, als hier zu liegen und es sich vorzustellen. Sie war überzeugt, daß die Mannschaft sie vergewaltigen würde und daß sie, falls sie das überlebte, als Sklavin verkauft werden würde. Beide Aussichten waren so unfaßbar, daß sie den Gedanken daran nicht ertragen konnte, also blieb nur die dumpfe Furcht vor Schmerz und Mißbrauch.
    Ab und zu fragte sie sich, was aus dem kleinen Mann geworden war, der am Anfang mit ihr gesprochen hatte. Warum kam er nicht wieder? Jedes Gespräch wäre eine Erleichterung gewesen. Aber vielleicht bedeutete es eine Taktik, die Gefangenen mit Ungewißheit zu quälen, um sie zu zermürben. Angst entzog die Kräfte. Doch der Mann hatte ihr versichert, ihr würde kein Leid geschehen. Da blieb nur die Frage, was ein Pirat unter »Leid« verstand.
    Gott, wenn sie nur nicht gewußt hätte, was für Menschen das waren, wenn ihre Studien die Geschichte der Welt nicht mit umfaßt hätten! Doch sie wußte Bescheid über die Osmanen, die seit Jahrhunderten in das christliche Europa eingefallen waren, ebenso wie über die Staaten der Barbaren, dem türkischen Imperium zugehörig, und die barbarischen Seeräuber, die Piraten des Mittelmeers. Sie stürmten fremde Küsten, überfielen fremde Schiffe. Sie ermordeten

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