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Skorpion

Skorpion

Titel: Skorpion Kostenlos Bücher Online Lesen
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Onbekend und mich als zwei einer Art betrachten, Ungeheuer, die er gegeneinander ausspielen kann, um das beste gewünschte Ergebnis zu bekommen. Er hat mir vor drei Jahren Névant überlassen, um den Rücken von mir frei zu haben, und er wird mir Onbekend aus demselben Grund überlassen. Am Ende ist er ein Geschäftsmann, und er wird eben das tun, was gut fürs Geschäft ist. Wenn wir es so hinbekommen, dass es sich als schlecht fürs Geschäft erweist, wird er einknicken.«
    »Wir?«
    »Versprecher. Ich gehe sowieso. Sie können mitkommen oder es auch sein lassen, wie es Ihrem aufrechten Gewissen passend erscheint. Wäre leichter für mich, wenn Sie mitkämen, aber wenn nicht, auch gut.« Carl zuckte mit den Schultern. »Ich habe Gutierrez versprochen, ich würde zum Mars zurückkehren, um ihn zu töten, und das habe ich so gemeint. Der Altiplano ist eine wesentlich einfachere Übung.«
    »Ich könnte Sie daran hindern.«
    »Nein, könnten Sie nicht. Auf das erste Anzeichen von Schwierigkeiten Ihrerseits hin bin ich mit einem UNGLA-Sprung von hier weg. Letzte Woche haben sie praktisch versucht, mich ins Shuttle zu zerren. Sie werden sich auf diese Chance förmlich stürzen, wenn ich sie anrufe. Dann kehre ich ganz einfach mit meiner eigenen Fahrkarte nach Peru zurück.«
    »COLIN könnte Ihnen das Leben da unten trotzdem sehr schwer machen.«
    »Ja, wie üblich. Berufsrisiko. Hat mich vorher schon nicht aufgehalten.«
    »Harter Kerl, was?«
    »Dreizehner.« Carl sah ihn gleichmütig an. »Norton, so bin ich gepolt, dazu ist meine Körperchemie gut. Ich werde eine Statue zum Gedenken an Sevgi Ertekin aus Onbekends Blut errichten, und ich werde jeden niedermähen, der sich mir in den Weg stellt. Sie eingeschlossen, falls Sie mich dazu zwingen.«
    Norton sank auf die Bank zurück.
    »Sie glauben, das sind Sie allein?«, brummelte er. »Sie glauben, dass wir nicht alle gerade im Augenblick so empfinden?«
    »Weiß ich’s? Aber Empfinden und Handeln sind zwei sehr verschiedene Paar Schuhe. Da auf dem Mars ist ein Bursche namens Sutherland, der erzählt mir, die Menschen haben ihre gesamte Zivilisation in der Kluft zwischen beidem errichtet. Ich verstünde von beidem nicht so richtig was. Was ich allerdings verstehe, ist, dass vor einer Stunde da drin«, Carl winkte zum Krankenhaus zurück, »Murat Ertekin das Empfinden hatte, er wolle seine Tochter aus ihrem Elend herausholen. Aber er konnte oder wollte es nicht. Ich verurteile ihn nicht dafür, ebenso wenig, wie ich Sie dafür verurteile, dass Sie nicht mit mir kommen, wenn Sie sich dafür entscheiden. Vielleicht liegt das Leuten wie Ihnen einfach nicht so tief im Blut. So viel ist wahr – gewiss kommt nichts Gutes dabei heraus, weder bei uns noch bei Ihnen.« Carl seufzte. »Hören Sie, ich weiß nicht, Norton. Vielleicht ist Ihr Magen wirklich zu schwach für ein bewusstes Gemetzel, vielleicht haben Sie vergessen, wie das geht – und vielleicht ist das ja gut so. Vielleicht macht Sie das zu einem besseren Menschen, als ich einer bin, einem besseren Mitglied der Gesellschaft, sogar zu einem besseren Mann. Ich weiß es nicht, und mir ist es auch gleichgültig, weil es für mich keine Bedeutung hat. Ich werde Onbekend vernichten, ich werde jeden vernichten, der sich mir in den Weg stellt. Kommen Sie jetzt also mit oder nicht?«
     
    Zurück im Hotel hatte er erst einmal ganz profane Dinge zu erledigen. Während der letzten vier Tage von Sevgis Leben hatte er die eigene Existenz erstarren lassen, im Wachzustand hatte er nichts weiter getan, als neben ihr zu sitzen und zu warten. Seit der Nacht, in der sie angeschossen worden war, hatte er die Kleidung nicht mehr gewechselt, und sogar ein Marstech-Stoff sah allmählich schäbig aus. Er rollte die Kleider zu einem Bündel zusammen und schickte sie in die Reinigung. Orderte etwas Ähnliches aus dem Hotelkatalog und trug es draußen auf der Straße, als er sich auf die Suche nach einem Telefon begab. Vermutlich hätte er ganz einfach zusammen mit der Kleidung auch ein Telefon vom Hotel erhalten können, aber gewohnheitsmäßige Vorsicht hielt ihn davon ab. Und abgesehen davon musste er sich auch mal die Beine vertreten. Wovor er weglief oder wohin er wollte, das wusste er nicht so genau, aber das Verlangen saß tief in der Grube seines leeren Magens, wie winzige Blasen, wie aufsteigende Enttäuschung.
    »Bambarens Cousin ist ein Reinfell«, hatte ihm Norton auf ihrem Weg in die Stadt zurück gesagt. Der COLIN-Angestellte

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