Skorpione im eigenen Saft
Kneipenschlägereien an einem einzigen Abend waren mehr als genug. Ich musste meinen tadellosen Ruf schützen, und da aller guten Dinge drei sind, lief ich außerdem Gefahr, beim nächsten Zoff selbst was abzukriegen.
Mit diesem Streithammel war einfach nichts anzufangen.
Besser ich vergaß das Ganze.
Doch plötzlich veränderte sich Antontxus Ausdruck, der eben noch mitten auf dem Bürgersteig stand und über den Zwischenfall schallend lachte. Das Drachenkopfrot in seinem Gesicht wich einem Aschgrau, als wäre der Sensenmann im Anmarsch. Er griff sich mit beiden Händen an den Magen, als hätte ihn der Fausthieb selbst getroffen, und krümmte sich vor Schmerzen über der Motorhaube eines geparkten Wagens. Ich wollte Hilfe holen, doch mit vor Pein gebrochener Stimme sagte er zu mir, dass ich nichts tun solle, dass es gleich vorbei sei.
Und so war es auch, ein paar Sekunden später, die mir wie eine Ewigkeit vorkamen, war der Anfall vorüber. Asti richtete sich wieder auf, trocknete sich mit einem Taschentuch den kalten Schweiß ab und redete mit normaler Stimme.
Scheinbar war er wieder nüchtern.
11
Das Taxi schafft es schließlich, die Gran Vía zu überqueren. Hier ist der Verkehr nicht mehr so dicht. Wenn wir in dieser Geschwindigkeit weiterfahren, kann ich in wenigen Minuten im Krankenhaus sein.
Natürlich stehen alle Ampeln auf Rot.
Es regnet noch immer, aber nicht mehr so heftig wie bei einem Tropengewitter.
Sirenen hört man keine mehr, weder von der Polizei noch von Notarztwagen.
Und der Dummkopf am Steuer hat schon seit einer Weile nichts mehr gesagt.
Nur der Lärm aus dem Radio hört nicht auf. Das infernalische Weihnachtsliederprogramm plärrt ununterbrochen; nicht einmal Werbepausen gibt es. Genau in diesem Augenblick wird folgender Krawall angekündigt: das Judasbäumchen, gesungen von Sol y Sombra, dem Singverein von Sestao, begleitet von Trommeln und txalaparta.
Doch ein Ende ist abzusehen, noch in der Ferne, aber ich sehe es vor mir, wenigstens das Ende des langen Tunnels, in den sich diese Fahrt verwandelt hat.
Und was die eigentliche Sache angeht, bin ich tatsächlich immer mehr davon überzeugt, dass er mich nicht vergiftet hat. Wenn ich noch immer versuche, allen Widerständen zum Trotz das Krankenhaus zu erreichen, dann hauptsächlich aus übermäßiger Vernunft und übertriebener Vorsicht.
12
Ich ging nicht nach Hause. In jener denkwürdigen Nacht der Gewalt, des Suffs und des ausschweifenden Sex – es hätte genug Stoff für einen Tango gegeben – begleitete ich Astigarraga bis zum Morgengrauen.
Beunruhigt von dem Schmerzanfall, den er gerade erlitten hatte, wagte ich es nicht, ihn allein zu lassen, obwohl er mir versicherte, dass es ihm ausgezeichnet ginge. Ich fragte ihn, sofern es ihm nicht zu indiskret erscheine, was mit ihm los sei und ob er krank wäre.
»Es ist nichts; nur Darmwinde … Das passiert mir manchmal …«, antwortete er widerstrebend.
Ich dachte, dass es sich bei der Heftigkeit, mit der er sich gewunden hatte, mindestens um einen Taifun gehandelt haben musste, doch ließ ich die Sache auf sich beruhen.
»Ich fühle mich großartig; der Rausch ist mit einem Schlag verschwunden … Trinken wir ein letztes Glas? Ich verspreche Ihnen, dass ich mich von jetzt an anständig benehmen werde.«
»Wo?« Ich bin ein Trottel.
»Ganz in der Nähe, in der Kneipe einer Freundin. Sie werden überrascht sein.«
Ich fand vor allem Besorgnis erregend, dass wir, anstatt belebte Straßen entlangzugehen, den düsteren Steig von Iturriza zur Calle de San Francisco erklommen, die an La Palanca, dem früheren Chinesenviertel von Bilbao, entlangführt, das heute ein düsteres Getto ist.
In der Calle de San Francisco gingen wir an der Bar Linaje vorbei, die einem lebendigen Chaos glich; sie war voll mit Junkies, Dealern, Schwarzen und Arabern.
Wir gingen ein gutes Stück die Straße entlang, wobei wir diversen Gespenstern vor dieser traurigen Kulisse auswichen.
Struppi war in einen vorsichtigen Trott gefallen und hielt sich dicht an den Hauswänden.
»Wohin gehen wir, Antón?«
»In die Hölle, Pacho«, erwiderte er mit einem mephistophelischen Lächeln.
Ich hätte augenblicklich auf dem Absatz kehrtgemacht, wenn ich nicht eine furchtbare Muffe davor gehabt hätte, mitten in diesem gefährlich Kiez mit dem Hund allein zu sein. Von der San Francisco bogen wir in eine der Seitenstraßen ein, die zum Fluss führen, und liefen weiter, bis wir die Kneipe erreichten,
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