Skorpione im eigenen Saft
Handfläche und gab es Struppi, der es bis auf den letzten Krümel verputzte. Ich schaute auf die Tafel, wo das Häppchen beschrieben war, und beneidete mein Maskottchen: Ringeltaubenbrüstchen mit Apfelkompott.
»Ich geh ein bisschen frische Luft schnappen. Seht zu, dass ihr ohne mich zurechtkommt«, sagte er in barschem Ton zu seinen Angestellten. »Wollen wir einen Spaziergang machen?«, fragte er mich. »Mir ist die Lust am Kochen vergangen.«
Bevor wir aufbrachen, gab ich ihm das Geschenk, den Band, der für mich das absolute Meisterwerk der Reihe ist.
»Ah! Tim und Struppi … Die Sie so mögen … Vielen Dank, ich werde es mit Freuden lesen«, bedankte er sich mit schlecht gespielter Begeisterung und reichte es der Wiederkäuerin, damit sie es weglegte.
Wir verließen die Altstadt – der Besoffene war verschwunden und an seiner Stelle war ein getrockneter Blutfleck auf dem albernen Plakat – und überquerten den Fluss. Ich bot ihm an, Struppi an der Leine zu führen, eine Aufmerksamkeit meinerseits, die ihm zu gefallen schien.
Wir gingen ins Twins. Die Rigoitia-Zwillinge waren überrascht, uns zusammen zu sehen, doch sie verkniffen sich jeden Kommentar. Wir setzten uns an das hintere Ende des Tresens, Antontxus Lieblingsplatz, obwohl es nach Toiletten stank.
»Der Streit mit diesem Säufer hat mich wirklich auf hundertachtzig gebracht; ich muss sagen, es war mir nicht unangenehm. Und ich habe davon Durst bekommen, richtigen Durst. Wenn Sie Lust haben, werden wir es gemeinsam begießen … Ich mache eine Ausnahme und trinke mal keinen Wein.«
Im Kopf überschlug ich den Rest in meinem Portemonnaie: um die dreißigtausend. Für mich bedeutete das, mehr auf den Hund gekommen zu sein als Henry Fonda in Früchte des Zorns. Ich war dran mit Zahlen, und ich kannte ja bereits seine Trinkfestigkeit. Mir wurde angst und bange.
»Falls ich …, Sie wissen schon …, irgendwie ausfallend werden sollte …, lassen Sie mich einfach links liegen, und fühlen Sie sich zu nichts verpflichtet. Abgemacht?«
Ich machte eine zustimmende Geste. Jetzt bekam ich es wirklich mit der Angst.
Bis man uns – im wörtlichen Sinne – aus der Kneipe hinauswarf, trank Astigarraga, als wollte man ihm gleich das Glas wegnehmen; eine üble Mischung, dass es einen schüttelte, wirklich wie ein Eimer Schmutzwasser: einen Cubalibre mit Captain Morgan, einen Gintonic mit Tanqueray, eine Margarita mit Herradura, eine Bloody Mary mit Absolut Vodka und einen Alexander mit Hennessy.
Ich blieb meinem Thema treu, allerdings ebenfalls mit Ausdauer, und pfiff mir vier Dry Martinis rein.
Während wir tranken, unterzog ich ihn einer subtilen Befragung, getarnt als lockere Konversation und unterbrochen von mehreren Versuchen seinerseits, einen Streit vom Zaun zu brechen.
Er wurde ganz Haddock: Einen der Gäste nannte er »Analphabet« und »Vegetarier«, steckte einen Finger in den Gimlet eines anderen und tätschelte lüstern die Rubensschen Hinterbacken einer kleinen Dicken – sie besaß durchaus Charme –, die glücklicherweise in Begleitung eines Muttersöhnchens war.
So erfuhr ich, dass er seine Kochkünste in Bordeaux, wo er eine Zeit lang gelebt hatte, bei einem Schüler des großen Paul Bocuse erlernt hatte; und dass es ihn nicht reizte, ein Restaurant zu führen, er begnügte sich mit dem, was er am Tresen verkaufte.
Ich wagte den Einwand, dass es doch schade sei, wenn er seine ungewöhnlichen Fähigkeiten praktisch im Verborgenen entfaltete, versteckt in einer kleinen Kneipe der Altstadt und zu moderaten Preisen, die kaum Gewinn abwerfen konnten.
»Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass der Laden mit ein bisschen Werbung und einem größeren und zentraler gelegenen Lokal ein Bombengeschäft wäre«, fügte ich hinzu, »eine der ersten Adressen von Bilbaos Gastronomie; und man könnte die Preise wie Schaum in die Höhe treiben … Eine kleine Goldgrube, wirklich …«
»Schon möglich … Allerdings bin ich an Geld nicht besonders interessiert …, ich habe eine andere Einkommensquelle … Das mit den Häppchen ist mehr ein Hobby.«
Trotz seiner Gleichgültigkeit versuchte ich, ihn für meine Expansionspläne zu begeistern. Ich nehme an, ich sah unbewusst bereits, dass bei der Umsetzung dieser Idee etwas für mich herausspringen würde.
»Denken Sie nur, wie das bei den Touristen ankommen würde … Das sind keine Rucksacktouristen, die kommen, um sich das Guggenheim-Museum anzuschauen. Das sind Leute mit einer gewissen
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