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Skorpione im eigenen Saft

Skorpione im eigenen Saft

Titel: Skorpione im eigenen Saft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juan Bas
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Nutten unterwegs.
    Es gab reichlich Auswahl.
    Mir gefiel eine große Blondine, die vor einer Kneipe nach Freiern Ausschau hielt; sie war zum Anbeißen.
    Allerdings trugen mich meine Füße fast gegen meinen Willen an der Blondine vorbei zu einer anderen Nutte, die in einer Kneipe einen Kaffee mit Cognac trank. Es war eine abstoßende Mitvierzigerin, verlebt und dick, ziemlich dick sogar.
    Sie weigerte sich, den riesigen schwarzen BH auszuziehen. Auch ein paar scheußliche Strümpfe, die ihr bis zum Knie reichten, behielt sie an. Es war ihr egal, dass ich kein Kondom benutzen wollte.
    Sie entjungferte mich eilig und lieblos in einer Absteige, die von einer roten Funzel beleuchtet wurde.
    Die betörende Erinnerung an die üppigen Titten von Blanca Eresi, die sich in dem tiefen Dekolletee an einer lauten Gesangsstelle wölbten, an der ich ihr gerne in den schönen, lang gestreckten Hals gebissen hätte, halfen mir, mich von der billigen Nutte abzulenken und die Sache hinter mich zu bringen, ohne mich bis auf die Knochen zu blamieren.
    Das war also meine erste traurige Nummer mit der ersten Dicken meines neuen Lebens.
    In den fünfundzwanzig Jahren hat es eine Menge mehr gegeben, ein paar von ihnen praktisch uneinnehmbar und würdig, in einem Zirkus aufzutreten.
    Am Tag darauf fand ich die große Blondine wieder. Ich ging mit ihr mit, und obwohl sie sich, motiviert von einer üppigen Entlohnung, ins Zeug legte und sehr geduldig war, war mit mir nichts anzufangen.

24
     
    Den Rest des Jahres trieb ich mich herum, frönte dem Müßiggang und versuchte das Leben ein wenig zu genießen, völlig unberührt von den dramatischen politischen Umwälzungen, die Spanien erschütterten.
    Damals erwachte meine Leidenschaft für Besäufnisse und wilde Feste.
    Alte Bekannte aus Tolosa, die Sympathisanten der radikalen nationalistischen Sache waren, bestätigten mir, was mir der Jesuit über Onkel Patxis Mitgliedschaft gesagt hatte.
    Die Polizei war davon überzeugt, dass Patxi Iramendi Ostiaga alias Casimiro (sein damaliger Spitzname) bei mindestens drei tödlichen Attentaten auf Polizisten im Jahr 1975 beteiligt gewesen war. Meine Informanten glaubten, dass ihn die Organisation damals, 1976, als Reserve in Frankreich versteckt hielt, um ihn nicht der Gefahr auszusetzen, die Pyrenäengrenze passieren zu müssen, da er außerdem als Einäugiger leicht zu identifizieren war.
    Der unverschämte Kerl Piporro gab ihm, wie er mir selbst einmal erzählt hatte, als ich ihn in Bordeaux ertragen musste, den Spitznamen Tartalo (der Polyphem der baskischen Mythologie); der gefiel Patxi logischerweise besser als Casimiro, und er behielt ihn bei. Er muss Piporro irgendwann 1978 in Bayonne eingefallen sein.
    Iñaki Zintzarri alias Piporro war damals Mitglied des blutrünstigen Kommandos Ziri-Ziri, das unter Patxis Befehl stand. Man hatte ihm eine Pause verordnet, weil er zu lange Zeit in Folge in der Gegend rumgeballert hat (ich habe gehört, dass jetzt die Etikettiermaschine der gefängniseigenen Genossenschaft seine Waffe sein soll).
    Piporro erzählte mir, dass Onkel Patxi an jenem Tag so besoffen gewesen sei, dass ihm nichts Besseres einfiel, als sein Glasauge in den Pastis zu legen. Er vergaß es, schluckte es herunter und musste ein paar Tage lang durch ein Sieb scheißen, um es wiederzubekommen.
    Ich reiste ein paar Mal nach Südfrankreich, um unauffällig das Terrain zu sondieren. Viele der flüchtigen ETA-Mitglieder, manche davon mit ihren Freundinnen oder Ehefrauen, zeigten sich seelenruhig und in Gruppen in den baskischen Kneipen und Restaurants in Hendaye, Bayonne, St.-Jean-de-Luz oder Biarritz, vor den Augen der tatenlosen französischen Gendarmerie. Onkel Patxi war nicht dabei, und es gab auch sonst kein Lebenszeichen von ihm.
    Ich hatte es nicht eilig.

25
     
    Im Februar 1977 rief ich Crescencio an. Ich erzählte ihm, dass sich mein Glaube, seit wir uns vor einem Jahr getrennt hatten, gefestigt hätte und gewachsen sei; dass ich gerne, falls möglich, zumindest versuchen würde, ein Leben als Mitglied einer religiösen Gemeinschaft zu führen, als eine Art Novize.
    Ohne Umschweife fragte ich ihn, ob ich für eine Weile in das Kloster von Loyola zurückkehren dürfte. Ich fügte doppeldeutig hinzu, dass ich ihn außerdem vermissen würde; ich merkte, dass ihm diese letzte Bemerkung sehr behagte.
    Er wurde von Tag zu Tag überspannter.
    »Ich vermisse dich ebenfalls sehr, mein lieber, lieber Carlosmari … Und dein frommes Verlangen,

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