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Skorpione im eigenen Saft

Skorpione im eigenen Saft

Titel: Skorpione im eigenen Saft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juan Bas
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Füßen war unter dem schmelzenden Schnee ein loser, dreieckiger Stein zu sehen, groß genug und scharfkantig.
    Für die Mönche würde ich mir später schon eine Ausrede über den schrecklichen Unfall einfallen lassen.
    »Einverstanden, wenn es dir so wichtig ist, werde ich es versuchen.«
    »Du willst es wirklich tun? Oh, danke, danke …«
    »Erst musst du ihn mir schön hart machen«, sagte ich, ließ meinerseits die Hosen runter und kniete nun selbst hin, direkt neben dem Stein links neben mir. »Du weißt schon, was du tun musst … Und nur so lange, bis ich dir Bescheid sage …«
    Er ließ den Baum los und kam wegen der Hosen, die auf seinen Fußknöcheln hingen, mit schnellen und komischen Trippelschritten auf mich zu.
    Er ließ sich auf alle Viere nieder und machte sich an die Arbeit. Ich machte mich bereit, nach dem Stein zu greifen. Meine Finger berührten ihn. Ich betastete ihn, um zu sehen, wie ich ihn am besten packen konnte. Ich spürte, dass er glatt und feucht war. Noch einen Moment, dann würde ich ihm befehlen aufzuhören.
    »Hör jetzt auf.«
    Doch bevor er innehalten konnte, tauchte plötzlich ein anderer Stein auf. Er flog über unsere Köpfe hinweg, prallte gegen die Buche, die als Brautbett dienen sollte, und riss ein ordentliches Stück Rinde aus dem Stamm.
    Oben am Abhang, in einer Entfernung von gut fünfzehn Metern, tobte Marcial Lechuga vor Wut und schüttelte die Fäuste.
    »Dreckschwein! Arschloch! Das wirst du mir büßen! Es war also nicht, was ich dachte, hä?«
    Sprach’s, spuckte in unsere Richtung aus und stürzte davon.
    Bruder Lechuga war um die vierzig, hatte einen aufbrausenden Charakter, einen kräftigen Körperbau, war stark behaart und nicht eben hässlich. Und wenn das mit der Entsprechung der Nasengröße stimmte, war er möglicherweise ebenfalls nach Crescencios Geschmack bestückt. Sobald wir uns angezogen hatten, zwang ich ihn, die Karten auf den Tisch zu legen.
    Lechuga und er waren seit Jahren Liebhaber, seit dem ersten Besuch von Aizpurua in Estíbaliz. Und in den Nächten, in denen ich ihn zurückwies, tröstete sich mein lüsterner Priester in der Zelle des Kochs, der seit meiner Anwesenheit ziemlich eifersüchtig war; daher auch seine Feindseligkeit mir gegenüber und das finstere Gesicht, das er beim Zwiebelhacken zog. Mit seiner jesuitischen Zungenfertigkeit gelang es Crescencio, ihn zu beschwichtigen und ihn halbwegs davon zu überzeugen, dass zwischen uns nichts war.
    »Keine Angst. Er wird uns nicht verraten … Wenn es dir recht ist«, und mir war es recht, »reisen wir morgen vor dem Frühstück ab, aber erst nach der Eucharistie, die ich zur ersten Stunde abhalten muss. Der Abt hat mich darum gebeten und ich möchte ihn nicht verärgern … Ich werde ihm heute Abend irgendwas erzählen, was unseren vorzeitigen Aufbruch erklärt.«
    Er gestand mir, dass ihn das alles quälte: die Homosexualität und die Wollust, die ihn beherrschte; in permanenter Todsünde zu leben und das Keuschheitsgelübde nicht einzuhalten.
    Ich glaubte ihm kein Wort.
    »Allen Aizpurua ist es stets schwer gefallen, nicht gegen das sechste Gebot zu verstoßen … Sogar meine Schwester, die Nonne bei den Karmeliterinnen ist, hatte ein uneheliches Kind mit dem Beichtvater und ein Verhältnis mit der Vorsteherin … Doch hege ich die Hoffnung, dass unser Herr in seiner unendlichen Weisheit und Güte mir diese Sünden verzeihen wird … Denn mit dir begehe ich sie aus wahrer Liebe, Carlosmari … Ich habe mich unsterblich in dich verliebt und habe nicht das Recht dazu … Und erwarten kann ich auch nichts … Ich merke doch, dass du nur aus Dankbarkeit mitmachst … Dass du nur mit mir schläfst, weil ich dich darum gebeten habe«, kalt, ganz kalt, »aber ich nehme es hin; und wenn du mir lieber ins Gesicht spucken würdest, würde ich gierig deinen Speichel lecken … Ich liebe dich so sehr …«
    Sonst drehten mir seine melodramatischen Tiraden schon den Magen um, doch diesmal verursachten sie mir echte Übelkeit.
    Ich gestattete ihm, mich zu umarmen und sich wieder einmal an meiner Schulter auszuheulen.
    Mit Bedauern betrachtete ich ein letztes Mal den Stein, den ich nun nicht mehr benutzen würde.
    Ich überlegte, ob ich nicht ein Taxi rufen und so schnell wie möglich von dort verschwinden sollte, doch dann hatte ich die Idee, ihm am nächsten Tag auf der gemeinsamen Rückfahrt vorzuschlagen, gemütlich über Land zu fahren und ihm dabei, wenn auch mit unverhohlenem Widerwillen,

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