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Skorpionin: Odenwal - Thriller (German Edition)

Skorpionin: Odenwal - Thriller (German Edition)

Titel: Skorpionin: Odenwal - Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Krämer
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sprach der Vollblutanwalt. Keine Koketterie, keine Schau, kein Spiel. Stephan Glimm zeigte, warum er einer der gefragtesten Strafverteidiger Deutschlands war und Mitglied im internationalen Referenten-Verzeichnis
Speakers International, USA
. Mit eindringlicher Stimme, aber dennoch professioneller Distanz, schilderte er Marks’ verzweifelten Plan, aus dem Teufelskreis seiner Besessenheit ein für allemal auszubrechen. Glimm erzählte seinem gebannt lauschenden Publikum, wie der Angeklagte selbst die schweren Bohlen vor dem Fenster gelockert hatte. Wie er sehr wohl bemerkt hatte, dass am gegenüberliegenden Ufer fast immer ein oder mehrere Angler saßen, wie er immer häufiger zusammen mit dem Hund weggefahren war, damit Nadja Gelegenheit zur Flucht hatte. Es war immer derselbe einfache Plan: Marks sorgte dafür, dass sein Weggehen von seiner Gefangenen auch bemerkt wurde, fuhr in ein unbewohntes Seitental des Odenwaldes und wartete einige Stunden. Dann fuhr er auf Umwegen zurück, hielt auf der Straße am Südufer des Neckars an und schaute durch sein altes Fernglas, ob die Bohlen noch an Ort und Stelle waren. Beim vierten Versuch brauchte er kein Fernglas mehr. Eine wahre Armada aus Einsatzfahrzeugen bevölkerte den ehemaligen Campingplatz, den kleinen Parkplatz vor der Laufplanke, die auf das Schiff führte und die oberhalb verlaufende B37. Ein Polizeihubschrauber kreiste über der Einsatzstelle und ein Boot der Wasserschutzpolizei hatte an dem alten Frachter festgemacht. Der erste Teil des Planes war geglückt. Marks tastete nach dem altertümlichen Revolver unter der Fußmatte des Beifahrersitzes, beruhigte den Hund und startete den Motor.
    „Herr Verteidiger, eine Frage bitte!“ Die Stimme der Staatsanwältin zerriss den Film, den Glimm in den Köpfen der Anwesenden zum Laufen gebracht hatte wie einen geschmacklosen Werbespot.
    „Warum all der Aufwand? Warum hat ihr Mandant nicht einfach die Tür aufgemacht und Nadja gehen lassen?“ Die Arkadi war nicht umsonst schon mit siebenunddreißig Oberstaatsanwältin. Glimm hatte mit diesem Einwand gerechnet. Die Frage hatte sich ihm natürlich auch gestellt und er hatte Nächte wach gelegen, bis er eine Erklärung zurechtgebastelt hatte, die den Fragen dieses verdammt hübschen, verdammt klugen und verdammt arroganten Miststücks standhalten würde.
    „Frau Staatsanwalt,“ manchmal vergaß Glimm vorsätzlich das „in“, um seine Kontrahentin zu brüskieren, „vergessen wir nicht, mit wem wir es hier zu tun haben. Gernot Marks ist krank. Er ist ein psychisch äußerst labiler Grenzgänger, dessen Planungen und Taten nicht immer der Ratio eines Durchschnittsbürgers gleichkommen. Mein Mandant ist extrem ritualisiert. Er ist nicht Herr seines Körpers und Geistes. Die Vorstellung, sein Opfer habe sich selbst befreit, war für ihn sehr wichtig. Aus diesem Grunde hat er sogar mir erst vor kurzem den wahren Sachverhalt dargelegt.“ Die Arkadi kniff die Augen zu schmalen Schlitzen zusammen und blies in ihren Pony. Eine Angewohnheit, die in Anwaltskreisen gern und oft imitiert wurde.
    „Aha“, sie stemmte die Arme in die Hüften und drückte das Kreuz durch. Glimm bewunderte wie schon so oft ihre wohlgeformten Brüste.
    Sie bemerkte es und ließ sekundenlang das rechte Augenlid etwas hängen. „Na, Bubi?“, schien die Geste ausdrücken zu wollen.
    Mit überbetont gesetzten Worten fuhr sie fort: „Ein offenbar nicht zurechnungsfähiger Triebtäter hat sich nach intensivsten Beratungen mit seinem Anwalt also eine Geschichte ausgedacht, die genauso schwer zu beweisen, wie zu glauben ist. Herr Verteidiger, ich bin beeindruckt. Als nächstes werden Sie uns erzählen, dass nur der Einsatz zahlloser Polizisten verhinderte, dass sich der Beschuldigte selbst das Leben nahm. Für das Stück würde ich sogar Eintritt bezahlen!“ Im Zuschauerraum begann doch tatsächlich jemand zu applaudieren. Richter Burgner, der immer bedauerte, dass es auf deutschen Richtertischen keine Hämmer gab, klopfte mit der rechten Handfläche flach auf den Tisch. Den gewaltigen Herrenring mit der gefassten Münze hatte er nach innen gedreht, so dass dies einen trefflichen Hammerersatz ergab.
    Glimm bedankte sich gönnerhaft beim Richter und begann ungerührt, genau diese Geschichte zu erzählen. Doch was heißt hier erzählen? Glimm spielte das Drama, als gelte es, Othello vor fachkundigstem Publikum darzubieten. Es war ein denkwürdiger Monolog. Glimm flüsterte, heulte, brummte mit sonorem

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