Skulduggery Pleasant -1- Der Gentleman mit der Feuerhand
mobilisieren. Oder so effizient. Nein, nein, mein alter Feind, zumindest im Augenblick sind wir ganz allein, denke ich. Und du hast etwas, das ich haben will.“
„Ein sicheres Gefühl für Stil?“
„Den Schlüssel“, sagte Serpine und trat wieder ins Gesichtsfeld des Detektivs.
„Keine Ahnung, wovon du redest.“
Serpine bewegte leicht die linke Hand, so als dirigiere er ein Musikstück. „Da du die Information nicht freiwillig herausrückst, ist wohl ein wenig Folter angesagt.“
„Ah“, sagte der Detektiv, „ganz wie früher.“
„Ich erinnere mich an diese dunklen Herbsttage, an denen ich mir die Zeit damit vertrieb, an dir herumzuschnippeln und dich zum Schreien zu bringen.“
„Ein Spaß für die ganze Familie.“
„Du denkst vielleicht, meine Möglichkeiten, was Folter betrifft, seien begrenzt, jetzt, wo du keine Haut mehr hast, die man dir abziehen kann. Aber ich habe mir ein paar neue Tricks angeeignet, von denen ich glaube, dass sie dir gefallen werden.“
Serpine machte Wellenbewegungen mit den Fingern, wobei er die Hand zu dem Stuhl hin ausstreckte, auf dem er vorher gesessen hatte. Das Holz knarrte und ächzte, als es sich ausdehnte und wieder zusammenzog wie ein Brustkorb beim Atmen. Der Detektiv konnte nicht anders, er musste hinschauen.
„ Wenn ich das mit einem Stuhl machen kann“, sagte Serpine, der seinen Auftritt ganz offensichtlich genoss, „muss das doch auch mit Knochen funktionieren, oder?“ Es krachte laut, als der Stuhl auseinanderbrach.
Serpine hockte sich vor den Detektiv hin. „Nun, Skulduggery, wo ist dein dummer alter Trotz, dein Spott, deine Hänseleien? Wo sind die endlosen, heldenhaften Klischees? Willst du mir nicht in die Augen schauen und mich bitten, mein Schlimmstes zu geben?“
„Eigentlich wollte ich dich gerade bitten, mich nicht so hart ranzunehmen. Ich bin heute etwas empfindlich.“
Serpine stand vor dem Detektiv und drehte die Handfläche der linken Hand nach oben. „Das ist deine einzige Chance. Sag mir, wo der Schlüssel ist. “
„Okay.“
Serpine zog eine Augenbraue hoch. „Ist das dein Ernst?“
„Nein, war bloß ein Scherz. Tu dein Schlimmstes.“
Serpine lachte und begann, die Finger zu bewegen. Der Detektiv begann zu schreien.
WAS STECKT IN EINEM NAMEN?
Stephanie badete ihren Ellbogen im Waschbecken. Sie hatte ein Stück von dem Stein abgebrochen, den Tanith Low ihr gegeben hatte, und es im Wasser aufgelöst. Daraufhin hatten sich Schaumberge im Waschbecken gebildet, und ein durchdringender Geruch hatte die Toilette der Bibliothek durchzogen. Woraus auch immer der Stein bestand, er leistete gute Dienste. Die blauen Flecken an ihrem Arm verschwanden.
Sie trocknete sich mit einem blütenweißen Handtuch ab, ließ das Wasser in den Abfluss gurgeln und lehnte sich an die Wand.
Mochte ihr Körper auch müde sein, ihr Kopf war hellwach, und die Gedanken rasten. Sie kochte vor Wut. Sie war immer noch zornig auf sich selbst, weil sie es nicht schaffte, sich über Chinas Anweisungen hinwegzusetzen. Wie hatte China ihr das antun können, wie hatte sie das Skulduggery antun können? Er hatte ihr vertraut!
Nein, das stimmte nicht. Er hatte ihr nicht vertraut. Diesen Fehler hatte sie gemacht, nicht er. Und weil sie zuerst zu China gegangen war anstatt zu den Ältesten oder auch zu Grässlich, war es jetzt vielleicht zu spät, um etwas zu unternehmen. Und alles war ihre Schuld.
Wie hatte Tanith Low sie genannt? Eine Kriegerin? Lächerlich! Was immer Tanith in ihr gesehen haben mochte, sie hatte sich getäuscht. An ihr war absolut nichts, was an eine Kriegerin erinnern könnte. Ohne nachzudenken, ohne auch nur einen Moment zu zögern, lief sie mitten in jeden Schlamassel hinein. Nicht weil sie mutig war oder den Helden spielen wollte, sondern weil sie blöd war. Weil sie nicht außen vor bleiben wollte, weil sie nicht warten wollte. Sie hatte keinen Plan, sie hatte sich keine Taktik zurechtgelegt, alles, was sie hatte, war ein Hang zum Unruhestiften. So hatte Skulduggery es doch genannt.
In diesem Augenblick kam ihr die Erleuchtung. Sie bekam große Augen und straffte die Schultern. Neue Kräfte durchströmten sie.
Und urplötzlich hatte China keine Gewalt mehr über sie.
Stephanie brauchte Grässlich. Da sie nicht genau wusste, wo er wohnte, brauchte sie seine Adresse, und es gab nur einen Weg, wie sie an diese kommen konnte. Sie verließ die Toilette und stellte, als sie am Fenster vorbeiging, fest, dass es bereits Morgen war.
Weitere Kostenlose Bücher