Skulduggery Pleasent -3- Die Diablerie bittet zum Sterben
leid.“
Walküre runzelte die Stirn. Wieder eine Lücke. Sie waren selten und dauerten nie länger als ein, zwei Sekunden, aber sie waren zweifelsfrei da.
Es hatte angefangen, als das Spiegelbild anstelle von Walküre vor Monaten getötet worden war. Vielleicht war es in einer Art und Weise beschädigt worden, die sie nicht hatten vorhersehen können. Sie wollte es nicht loswerden und es auch nicht ersetzen. In letzter Zeit spielte es seine Rolle besser denn je. Wenn ein lückenhaftes Gedächtnis das einzige Problem war, würde sie es wohl verschmerzen können.
DIE MEERHEXE
Die schmalen Straßen schlängelten sich durch die Landschaft und zu beiden Seiten wuchsen die höchsten Bäume, die Walküre je gesehen hatte. Ab und zu war die Baumreihe unterbrochen und sie konnte sehen, wie hoch oben sie waren. Die Berge waren wunderschön und die Luft frisch und klar.
Kurz vor zehn Uhr erreichten sie Glendalough. Sie waren hergekommen, um mit jemandem zu reden, der vor fünfzig Jahren möglicherweise Zeuge bei dem Mord an dem Teleporter gewesen war. Als Walküre sich über die Kälte beklagte, erwiderte Skulduggery, dass sie nicht hätte mitkommen müssen. Doch Walküre wollte sich auf keinen Fall die Gelegenheit entgehen lassen. Schließlich hatte sie noch nie eine Meerhexe gesehen.
Skulduggery stellte den Bentley ab und sie gingen den Rest des Wegs zu Fuß. Er trug einen dunkelblauen Anzug und darüber einen offenen Mantel und einen tief in die Stirn gezogenen Hut. Wie immer hatte er eine Sonnenbrille aufgesetzt und um die untere Hälfte seines Schädels einen Schal geschlungen, damit die Bergwanderer und Touristen, denen sie begegneten, die Knochen nicht sahen.
Walküre trug wieder das zu enge schwarze Outfit, das Grässlich Schneider vor zwei Jahren für sie genäht hatte.
Sie erreichten den Oberen See. Es war, als hätte jemand in die Erde gegriffen und eine große Handvoll Wald herausgeschaufelt und der Regen das Loch danach mit kristallklarem Wasser gefüllt. Der See war riesig; das gegenüberliegende Ufer lag weit entfernt, wo die Berge wieder anstiegen.
Sie gingen zwischen Wasser und Wald am Ufer entlang, bis sie zu einem moosbedeckten Baumstumpf kamen. Skulduggery kauerte sich davor und streckte die behandschuhte Hand in das Loch knapp über der Erde, während sich Walküre vergewisserte, dass sie nicht beobachtet wurden. Aber es war niemand in der Nähe, die Luft war rein.
Das Skelett zog eine nur daumengroße silberne Glocke aus dem Baumstumpf, richtete sich auf und läutete sie.
Walküre hob eine Augenbraue. „Glaubst du wirklich, dass sie das gehört hat?“
„Ich bin mir sicher.“ Er nickte, als er Sonnenbrille und Schal abnahm.
„Laut ist das Ding ja nicht gerade, oder? Ich hab's kaum gehört und ich stehe direkt neben dir. Man sollte doch meinen, dass die Glocke, mit der man eine Meerhexe ruft, groß sein müsste. Man sollte meinen, dass es eine Glocke sein müsste, die richtig dröhnt. Das eben war ja mehr ein Klimpern als ein Dröhnen.“
„Sonderlich beeindruckend war es nicht, da hast du recht.“
Walküre schaute zum See. „Keine Spur von ihr. Wahrscheinlich schämt sie sich, weil ihre Glocke nichts taugt. Und ich bitte dich, welche Meerhexe wohnt schon in einem See?“
„Das werden wir gleich erfahren“, murmelte Skulduggery.
Das Wasser kam in Bewegung und eine verhutzelte alte Frau tauchte auf. Sie war in Lumpen gekleidet, hatte lange, magere Arme und Haare, die sich nicht von dem Tang unterschieden, der sich um die einzelnen Strähnen wand. Die Meerhexe hatte eine Hakennase und tief liegende Augen. Statt Beinen besaß sie anscheinend eine Art Fischschwanz, der jedoch unter der Wasseroberfläche blieb.
Walküre fand, dass sie aussah wie eine sehr alte, sehr hässliche Meerjungfrau.
„Wer stört mich?“, fragte die Meerhexe. Ihre Stimme klang wie die eines Ertrinkenden.
„Ich“, antwortete Skulduggery. „Mein Name ist Skulduggery Pleasant.“
„Das ist nicht dein Name“, widersprach die Hexe.
„Es ist der Name, den ich angenommen habe. So wie meine Kollegin hier den Namen Walküre Unruh angenommen hat.“
Die Meerhexe schüttelte fast traurig den Kopf. „Ihr verleiht Namen Macht“, sagte sie. „Zu viel von eurer Stärke liegt in euren Namen. Vor langer Zeit habe ich meinen Namen der Tiefe übergeben. Schaut mich an und antwortet ehrlich - habt ihr je ein solches Glück erblickt?“
Walküre schaute sie an - die Algen, die runzlige Haut und ihre verdrießliche
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