Skulduggery Pleasent -3- Die Diablerie bittet zum Sterben
bist eine so unverschämte Angeberin.“
„Das hab ich von dir.“
Er stieg vom Stuhl und nahm ihr das Tagebuch aus der Hand. „Ich bin kein Angeber. Ich gebe lediglich bei passender Gelegenheit Kostproben meiner Fähigkeiten.“ Er betrachtete die Karte. „Sieht so aus, als würden wir hinuntersteigen in die Höhlen.“
„Jetzt sofort? Nur wir zwei?“
„Zu viele Leute lenken zu viel Aufmerksamkeit auf die Sache. Außerdem haben wir keine Zeit zu verlieren. Die Diablerie war uns bisher immer einen Schritt voraus. Es wird Zeit, dass sich das ändert.“
Der Schlüssel drehte sich im Schloss und der Boden in Gordons Keller teilte sich. Walküre knipste ihre Taschenlampe an und stieg hinter Skulduggery die Steintreppe hinunter in das Tunnelsystem.
Skulduggery überprüfte in regelmäßigen Abständen die Luft, um sich zu vergewissern, dass ihnen auch niemand folgte. Drei Mal mussten sie ihre Taschenlampen ausknipsen und sich im Dunkeln an die Wand quetschen, bis die Luft wieder rein war. Walküre blickte immer wieder argwöhnisch an die Decke, um zu sehen, ob irgendwelche Kletterpflanzen herunterhingen.
Dünne Sonnenstrahlen, oben eingefangen und nach unten geleitet, beleuchteten ihre Umgebung. Aborrens Karte stellte sich als ziemlich genau heraus, doch je weiter sie in den Stollen hineingingen, desto kälter wurde es, und Walküre war froh, dass sie einen von Gordons Mänteln über ihrer ärmellosen Tunika trug.
Sie folgten dem Stollen bis zum Ende. Dort mussten sie dann durch ein Loch in der Wand kriechen. Walküre sah schon das gesamte Höhlensystem über sich zusammenbrechen. Sie mochte keine engen Räume. In engen Räumen beschlich sie immer das Gefühl, ohne Grund wild um sich schlagen zu müssen. Sie mochte sie wirklich kein bisschen.
Skulduggery half ihr auf der anderen Seite hoch und sie konsultierten noch einmal die Karte.
„Die Kristalle sollten gleich hinter dieser Ecke sein“, meinte er. Sie richteten den Blick auf die entsprechende Ecke. „Darf ich dich daran erinnern, dass unsere Vorhaben kurz vor dem Ziel meist noch sensationell in die Hose gehen?“
„Wie könnte ich das vergessen.“
Sie knipsten ihre Taschenlampen aus, als sie sich der Ecke näherten. Außer ihren Schritten war nichts zu hören.
„Willst du vorgehen?“, flüsterte Skulduggery.
„Warum sollte ich das wollen?“, zischte sie zurück.
„Ich dachte nur, du wolltest mir vielleicht etwas beweisen.“
„Zum Beispiel?“
„Keine Ahnung. Vielleicht, dass du genauso tapfer bist wie ich. Vielleicht auch, dass du keinen Mann brauchst, der dich beschützt.“
Sie zuckte die Schultern. „Ich hab damit kein Problem.“
„Wirklich nicht?“
„Wirklich nicht. Guck um die Ecke und sag mir, ob ein Monster auf uns wartet.“
Skulduggery murmelte etwas, dann lugte er um die Ecke. Walküre machte sich darauf gefasst, entweder auf etwas einzuprügeln oder Fersengeld zu geben.
„Das“, sagte Skulduggery, „hätte ich jetzt nicht erwartet.“
ABORREN
Der Tunnel weitete sich zu einer riesigen Höhle von der Größe eines Fußballstadions. Die Lichtschächte an der Decke sahen aus wie ein Sternenhimmel bei Nacht und beleuchteten das zweistöckige Haus, das vor ihnen lag. Walküre starrte es geschockt an.
„Das kommt mir irgendwie bekannt vor“, sagte sie schließlich.
„Stimmt“, bestätigte Skulduggery.
„Das sieht doch ziemlich genauso aus wie Gordons Haus.“
„Stimmt.“
Sie blieben stehen und betrachteten das Haus aus sicherer Entfernung. Es schaute nicht ganz genau so aus. Das Haus und seine Fenster waren schmaler und die Tür nicht an der richtigen Stelle. Das Dach war sehr viel höher und die Winkel stimmten nicht. Es war wie eine Erinnerung an Gordons Haus, gesehen durch den Filter eines schlechten Traums.
Walküre stellte nicht gern naheliegende Fragen. Sie hasste es geradezu. Aber es gab Zeiten, da waren die naheliegenden Fragen die einzigen, die einem zur Verfügung standen.
„Wie ist es hierhergekommen?“, fragte sie. „Was glaubst du?“
„Ich weiß es nicht“, antwortete Skulduggery. „Vielleicht hat es sich verirrt.“
Sie gingen darauf zu. Im Haus war es dunkel. Einige Vorhänge waren geschlossen. Skulduggery machte sich nicht die Mühe, sich umzusehen. Er klopfte an der Vordertür und wartete. Da niemand öffnete, drückte er die Tür einfach auf.
„Hallo?“, rief er. „Ist jemand zu Hause?“
Es kam keine Antwort, also zog er seinen Revolver und ging hinein.
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