SLAM (German Edition)
war dasselbe zu seh en!
Schwerfällig richtete Karim sich auf, entrollte sich und spürte, wie das Blut in seinen Beinen und Armen wieder zu zirkulieren begann. Die ungeheure Erreg ung, die er gerade noch empfunden hatte, wich einem ungläubigen Staunen. Eine der drängend st en Fragen seines Lebens löste sich auf wie ein Nebelfetzen in den Sonnenstrahlen der Erkenntnis und m achte Platz für eine neue Frage: Was sind das für Wesen?
Es gab sie nicht nur in seinem Kopf, es gab sie in Fleisch und Blut, es gab sie in den geschwärzten und verstümmelten Aufzeichnungen, also exis tierten sie . Wie war es möglich, dass niemand von ihnen wusste? Waren er und die , die ihn entführt hatten und jetzt tot waren , die einzigen Männer auf der Welt, die eine diffuse Erinnerung an si e in ihren Köpfen trugen? Quälten nur sie diese Träume oder hatten andere sie auch? Und die Frage aller Fragen: Wusste BEY davon?
Karim besaß nicht die leistete Ahnung , wohin er sich wenden sollte, wer ihm helfen konnte, in diesem Durcheinander von Bildern, Gefühlen und Erlebnissen einen Weg zur Wahrheit zu finden. Er versuchte, sich selbst zu betrachten, seine Reaktionen auf das Geschehene. Was hatte das alles in ihm ausgelöst? Die beiden nackten Menschen tauchten wieder vor seinem geistigen Auge auf , und seine Erregung meldete sich augenblicklich zurück.
Die Lust, am Spiel der b ei den visuell teilgenommen zu haben, war natürlich gewesen, nichts Anormales hatte darin gelegen. D as fühlte er , und doch nagte an ihm das schlechte Gewissen, dass er hier Zeuge von etwas Verbotenem geworden war, etwas, das ganz und gar tabu war, haram. Anderseits signalisierte ihm sein Körper , dass die Erregung, die er gespürt hatte , in seiner Natur tief verankert war.
Sein Puls beruhigte sich wieder. E ndlich hatte er den Faden gefunden, an dem entlang er sich durch das Chaos seiner Gefühle tasten konnte. Er war nicht das Opfer einer schändlichen Intrige, mit der man ihn dazu bringen wollte, blasphemische Dinge zu tun. N ein, das Drängen und die Lust waren Teil e von ihm , die brach gelegen hatte n , die sich aber nun nahtlos in sein Wesen einfügte n , eine Lücke füllte n , die vormals leer gewesen war. Diese Lücke war ein Grund für die Träume , für seine Suche nach etwas , das er nicht benennen konnte.
Weshalb hatte BEY diese Information vor ihm geheim halte n wollen? BEY! Der Gedanke an ihn rief die Erinnerung an ihre letzte Begegnung zurück. BEY war tot! Trauer und Reue holten Karim ein. Sein Mentor, sein Freund, er war für immer gegangen. Karim fühlte sic h mit einem Mal unendlich einsam. BEY, sein Fels in der Brandung, war fort , und er fand sich wieder in einem Strudel, der ihn wie einen Spielball hin und her warf, ohne die beruhigende Präsenz eine s überragenden Ge istes. Nur Soli war noch da …
Soli! Das Geschenk des Lebens! Eili g warf Karim einen Blick auf das aus hellen Wolkenstreifen bestehende Uhr gebilde am dunklen Himmel und stöhnte erneut auf. Schon so spät! Er würde es niemals rec htzeitig zur Zeremonie schaffen. W as aber no ch viel schlimmer war, Soli stünde alleine da, ohne zu wissen, wo sein Gefährte sich gerade befand. Karim wusste, Soli wäre halb wahnsinnig vor Sorge und Ärger. Er schaute an sich herunter und versuchte vergeblich den Schmutz von seinem Anzug zu wischen . Die Selbstreinigungskräfte des Materials waren der Menge von Staub, Blut un d Dreck nicht gewachsen gewesen. Ü berall sah man noch Spuren der Ereig nisse der letzten Stunden. Er hoffte, dass sie verblasst sein würden , wenn er an der Geburtsgrotte eintraf.
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S chon von Weitem konnte er den beeindruckenden Bau sehen. G latt polierte Quader, die wie Kristalle aus der Bergflanke wuchsen , sc himmerten gleich titanischen Würfeln gegen das Sternenzelt . Je näher der Transporter Karim an das Gebilde heranbrachte, desto kleiner und unbedeutender fühlte er sich angesichts dieser D emonstration nahezu mystischer Technologie. Ein tiefes Brummen unzähliger Stimmen lag in der Luft, ein Gewirr unterschiedlicher Tonlagen wob einen Teppich aus G eräuschen wie an einem Markttag. Mehr als 200 000 Männer standen hier vor dem verschlossenen Heiligtum. Sprachlos und ein wenig beängstigt ob der Menschen m enge blieb Karim st ehen und fragte sich , wie um alles in der Welt er Soli finden sollte. D a zeigte ihm ein immer satter werdendes, grünes Pulsieren am Revers rand seines Mantels an, das der sein Eintreffen bereits
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