SLAM (German Edition)
Pfleger auf, die sich um d ie Säuglinge kümmerten , bis die Zeremonie zu Ende gehen würde. Lautlos und fast unsichtbar schoben sie die kleinen schwebenden Behältnisse an ihre Plätze. D abei folgten sie offensichtlich einer geheimen Ordnung, die Karim nicht verstand. Kleine Nahrungskub en wurden gereicht, woraufhin das Geschrei aus den Wiegen für kurze Zeit verstummte, um dann mit noch ohrenbetäubender er Lautstärke wieder aufzulodern . Er beobachtete einen der Pfleger, der mit einer Reihe leerer Nahrungskuben auf eine Nische an einer Seite der riesigen Halle zuging, kurz verschwand, um gleich darauf wieder aufzutauchen, allerdings ohne die leeren Kuben. So sehr war Karim in seine Beobachtungen versunken, dass er zunächst gar nicht bemerkte, dass ihn seine Schritte zu einer Wiege geführt hatten, in denen sein winziger Nachkomme lag.
» Nun schau dir den kleinen Malak an, Karim, ist er nicht … hat er nicht … Karim? « Soli gab ihm einen schmerzhaften Knuff und schubste ihn fast auf das kleine Wesen, das vor ihm vor der Wiege lag und mit hochrotem Kopf nach Leibeskräften schrie. Abwesend gab er ein » Jaja « und ein »Hübsch, hübsch« von sich und folgte weiter den Pflegern mit seinen Blicken. Das Gesicht von Soli schob sich in sein Blickfeld, zwei Hände packten ihn unsanft rechts und links am Kopf und hielten ihn so, dass ihm nichts andere s übrig blieb, als seinem Mann direkt in die Augen zu schauen.
» Bist du von allen guten Geistern verlassen? Was ist mit dir los, Karim? Wir ste hen hier am Ziel unserer Träume! D a liegt dein Sohn , und was sagst du? ›Jaja‹ und ›Hübsch, hübsch‹.«
Karim erkannte im Blick seines Gefährten neben der Empörung auch Schmerz und Enttäuschung. Wortlos schaute er an ihm vorbei in die Wiege, in der das Kind schrie , und wartete dar auf, dass er etwas empfand. E in Gefühl , welches in ihm aufflackern würde, Liebe, Verantwortung, Freude ü ber das Geschenk, irgendetwas, d as ihn mit diesem kleinen Wesen verband und ihm sagte: » Das hier ist dein Sohn, gib gut auf ihn acht .« Aber nichts passierte. Kein väterliches Gefühl breitete sich in ihm aus; alles , was er sah , war ein Knabe, vermutlich mit seinem Sperma gezeugt , vielleicht auch nicht, und ausgebrütet an einer Stelle, die er nicht kannte und nicht kennen durfte. Was da lag, war ihm n icht mehr wert als ein Ding, ein Ding, wie sie einst alle eins gewesen waren, angefangen von ihren Vorvätern, über sei ne Väter bis hin zu diesem kleinen armen Kind , das in der Wiege lag und brüllte. Das, was er jemals an Vorfreude erlebt hatte, war verschwunden, hatte sich aufgelöst im Chaos der letzten Stunden, war den Zweifeln zum Opfer gefallen, die ihn jahrelang gequält und nun ganz v on ihm Besitz ergriffen hatten.
» Ist ja schon gut « , versuchte er Soli zu beschwic htigen, dessen Gesicht langsam von w ütendem Rot zur Schwermut wechselte. » Ja, es ist mein Sohn, es ist unser Sohn, aber schreib mir verdammt nochmal nicht vor, was ich zu fühlen habe und was nicht , verstanden? Ich meine, du kann st hier im nächsten Jahr, wenn d ein Geschenk des Lebens dran ist, gerne einen Freudentanz aufführen, von mir aus darfst du auch in Tränen ausbrechen, aber mach mir hier keine Szene, we il ich es nicht tue.«
Solis Augen schwammen in Tränen und Karim plagte sofort das schlechte Gewissen. Er war zu weit gegangen. So etwas hätte er nicht sagen dürfen. Er fasste Soli entschuldigend am Arm, aber der streifte seine Berührung ab. » Es wird kein Kind für mich geben, Karim « , schluchzte er und ließ den Kopf sinken. » Dieses Kind ist das einzige, das ich je haben werde, es ist unser Kind, deines und meines. «
Kari m blickte ihn unsicher an. » Was redest du da? Wir waren beide bei der Behörde, haben beide alle Tests gemacht, also werden wir beide auch einen …« , er hielt kurz inne und warf einen Blick auf das schreiende Bündel, » Sohn haben .«
Soli schüttelte niedergeschlagen den Kopf. » Nein, werden wir nicht. Die Behörde hat mir mitgeteilt, dass ich nicht ausgewählt wurde, um das Geschenk zu erhalten. Warum glaubst du, habe ich mich so sehr auf den Kleinen gefreut? «
» Aber da muss ein Irrtum vorliegen « , versuchte Ka rim, ihn zu beruhigen. » Wir werden uns darum kümmern, wir werden nachfragen, und dann …«
Soli hob abwehrend die Hand. » Nein, das habe ich alles schon getan. Es gibt keine Erklärung, glaub mir. Sie sagen dir nur, dass du das Geschenk nicht
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