SLAM (German Edition)
wachsen, die Falten in seinem Gesicht warfen tiefere Schatten , und seine Au gen bekamen einen Glanz. » Ich bin alt, mein Freund, sehr alt, wie du vielleicht schon ahnst. Mein Name ist Abdul Alhazred , und ich wurde geboren im Monat Muha rram des Jahr es 132 nach dem at taqwīm al islāmī. «
Karim starrte ihn an. Er hörte die Worte, aber er begriff zunächst nicht s . Das war unglaublich lange her! Er schüttelte den Kopf. Es war unmöglich.
BEY schmunzelte . » Ich weiß, das ist schwer zu verstehen , aber ich erkl äre dir, warum es genau so ist, wie ich es dir sage. Ich lüge dich nicht an, mein Junge , das habe ich noch nie getan . «
Das stimmte allerdings. Möglicherweise hatte BEY ihm einige Dinge verschwiegen, aber offensichtlich angelogen hatte er ihn in all den Jahren noch nie, wobei ihm die Formulierung » in all den Jahren « gerade zu lächerlich vorkam, angesichts seines Alters, das er gerade krampfhaft au szurechnen versuchte. Es musste um die zweitausend Jahre alt sein!
Der alte Mann kicherte leise, als er in Ka rims fassungslose s Gesicht sah. »Es ist wahr, das Alter , d as du vielleicht insgeheim errec hnest hast, trifft es beinahe genau …«
Das Licht im Raum wechselte plötzlich ins Kupferfarbene . Rund um sie herum wurde es heller, Karim spürte einen leichten Windhauch , der mit seinen Haaren spielte , und fuhr sich verwirrt mit der Hand über den Kopf. Vor ihm erschien eine Land schaft, seine Füße sanken in dem sich plötzlich unter ihm auftuenden Sand leicht ein , der Geruch von verbranntem Holz hing in der Luft. Sie waren in der Oase, in der er gestern mit Ha yat die Nacht verbracht hatte – und doch, sie war anders, alles war anders. Das Licht de r späten Nachmittagssonne tauchte die Szenerie in einen matten Honigton , Hitze flimmerte noch über die Sanddünen am Horizont, aber hier war die Luft schon schwer und süß wie Feigensaft, angefüllt mit tausend exotischen G erüchen. Das Wasser der Oase breitete sich vor i hm aus wie ein Spiegel aus Gold.
E r blieb stehen und ignorierte das Zupfen an seinem Ärm el, mit dem BEY ihn aufforderte weiterzugehen. Karim sah Zelte, die sich rund um das Leben spendende Wasser wie Perlen an einer Gebetskette zogen. D ie Sonne hatte i hre Farben fast gä nz lich aus ihnen herausgesogen und ein paar Bahnen flatterten lose im Wind. A ber dennoch standen sie gespannt und fest verank ert vor ihnen , bote n Schutz.
Zwischen den Ze lten herrschte munteres Treiben. Karim sah Männer und Frauen umher gehen, ihre Arbeiten verrichten. Körbe mit Datteln schwankten anmutig auf verhüllten Köpfen, ihre Trägerinnen gerade und aufrecht, plaudernd und wie selbstverständlich die süße Last transportierend. Ein e Frau mit einem halb v erschleierten Gesicht und dunk len verlockenden Augen klopfte auf einen Teppich vor einem der Zelte. Staubwolken verhüllten die Augen für ei nen Moment, dann lachte sie und schleppte die schwere Roll e wieder zurück in ihr Zuhause.
Etwas abseits standen blökend e Tiere im Schein der untergehenden Sonne , riesig und mit seltsamen Höckern auf dem Rücken. Sie wurden umringt von lac henden und schwatzenden Männern. Ein er von ihnen entnahm dem großen Korb, der am Rücken eines der Tiere befestigt war , weiße Platten. Diese Platten hielt er einem anderen Mann entgegen. D ie beiden schienen zu diskutieren, ihre Gesichtsausdrücke wechselten von freundlich zu ernst, dann flammte plötzlich Wut in ihnen auf, um letztlich in einem fröhlichen Lachen zu münden .
Zwischen den Beinen der großen Tiere tollten Kinder umher . Karim traute seinen Augen kaum, denn e s waren männliche und weibliche Kinder , und sie spielten unbeschwer t miteinander. F ür den Bruchteil einer Sekunde kam ihm das kleine Bündel in den Sinn , das er in Solis Arme gelegt hatte. Sein Sohn. Und es gab nicht nur seinen Sohn, da war noch ein Ki nd, sein Kind, und es gab Hayat!
» Was ist mit Hayat? Wo ist sie, geht es ihr gut ?« Er wandte sich hastig an BEY , und sein schlechtes Gewissen nagte an ihm, weil er nicht sofort nach ihr gefragt hatte.
» Ihr ist nichts geschehen .« BEY schien über die Unterbrechung ungehalten. » Sieh dir lieber das hier an .« Seine Aufforderung war unzweideutig , und Karim widmete sich wieder der Umgebung .
»Ich stand vor langer Zeit d iesem Clan als Oberhaupt vor. Wie du siehst , lebten wir in der Wüste, aber wenn du jetzt denkst, es wäre ein unbedeutendes, ärmliches Leben gewesen, dann irrst du
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