SLAM (German Edition)
blond, intelligent, gesund – ich bin wunderschön! Wo immer ich auftauchte, würden mir die Männer zu Füßen liegen. Sie müssten darum wetteifern, meine Aufmerksamkeit zu erregen. Nur wer mir am besten gefiele, hätte eine Chance. Ic h könnte ihn mir aussuchen. Wenn nun aber eine kulturelle oder religiöse Verhaltensweise verlangte , dass ich den Mann meiner Träume nicht selbst selektieren dürfte, wären all meine körperlichen und geistigen Attribute bedeutungslos. Und infolgedessen auch der Wert meiner Gene, eben weil ich sie durch meine weibliche Selektion nicht gezielt an meine Nachkommen weiterreichen könnte. I ch wäre darauf angewiesen, sozusagen die Katze im Sack zu kaufen. Und wenn ich Pech hätte, wäre es ein Mann , der mir nicht nur nicht entspricht, sondern mein positives Erbgut in der folgenden Generation mit negativen Zügen verwässert. Was vielleicht nicht geschähe, wenn ich meinen Partner selbst wählen dür fte, weil ich dann instinktiv einen ›Optimalen‹ nähme, der im Gespann mit mir mein Erbgut veredelt. Vielleicht würde sich dieser Zwang auch nicht direkt in der Änderung des Genoms meiner Kinder und Kindeskinder bemerkbar machen, weil ich Glück mit meinem Mann gehabt hätte. Aber wenn nicht, würde er meine Nachkommenschaft langfristig schwächen, statt sie stärker zu machen. «
Allmählich glaubte Karim, zu wissen, wovon sie redete, verstand jedoch nicht, worauf sie hinauswollte. Er musste sie nicht danach fragen, sie sprach von sich aus weiter.
» Wenn also die Männer nicht um die Frauen buhlen, nicht beinhart um ihre Gunst konkurrieren müssen, durch Manipulation sgeschick, Äußerlichkeiten, Ressourcen , Zeitaufwand, Prestige und Einfallsreichtum ihre Herzen erobern, sondern die Frauen brüderlich unter ihnen aufgeteilt werden, folgt im Ergebnis eine Durchschnittlichkeit der kommenden Generationen. Sie besitzen keine Innovationskraft mehr, keinen Antrieb , der sie voranbringt. Gewiss , zunächst führen sie noch ein paar Kriege, erobern andere Kulturen und unterwerfen sie, aber ihre eigenen Fähigkeiten degenerieren aufgrund fehlend er natürlicher Auslese. W enn der eine 70 Prozent von etwas besitzt und der andere 30 , und die beiden legen es zusammen und teilen es anschließend zu gleichen Anteilen, erhalten beide je 50 Prozent. Der eine hat dabei verloren, der andere ein gutes Geschäft gemacht. Aber d enkt man das über Generationen weiter, haben letzten Endes beide verloren, denn es zieht sukzessive eine Verarmung nach sich. Man nennt solch ein Ergebnis auch Degeneration!«
» Warum erzählst du mir das alles? «, fragte Karim.
» Weil i ch will, dass du mich verstehst, d enn ich habe versucht, da s alles aufzuhalten. Ich bin HAVVA2, ein System, das geschaffen wurde, Frauen zu heilen. Zu meinen Aufgaben zählt auch die Sicherstellung der genetischen Fitness. Aber der Kern des Islams reduzierte sich damals nahezu auf den sexuellen Aspekt beziehungsweise auf die schier pathologische Bes chäftigung mit der Unterbindung der weiblichen sexuellen Selektion. Jede Art von Unm ut, Herrenmenschentum-Fantasien und Gewalt sind in der früheren islamischen Welt von dieser Q uelle gespeist worden. Die Angst , dass man als Mann zu kurz kommt, wenn man da s Kommando in dieser Sache den Frau en überlässt. Dass man sich auf einen brutalen K onkurrenzkampf einlässt und auf ein psychologisches Schlachtfeld begibt, auf dem man vielleicht eine Niederlage einstecken muss. Warum a ll der Ärger und der Schmerz , wo doch Unt erdrückung so viel einfacher erscheint ?
Um die Frauen zu schützen, gab es nur eine Möglichkeit: Ich musste durch einen radikalen Eingriff dies en Stachel aus dem Islam ziehen . Der Koran selbst lieferte mir die Legitimation: die Trennung der Geschlechter in der ultimativsten Form. Ich ließ die Frauen verschwinden. Nicht hinter einem Schleier, ni cht hinter Häuserwänden, n ein, ich entfernte sie vollständig aus dem Bewusstsein der Männer. «
Eine Mischung aus Wut und Traurigkeit überkam Karim, während er Eva mu sterte. HAVVA2, ein labiles System , das auße r Kontrolle geraten war und in seinem Wahn, die Welt heilen zu wollen, eine Hölle aus ihr gemacht hatte, getarnt hinter einer p aradiesisch anmutenden Fassade.
Er wollte sie anschreien, sie packen, schütteln, doch sie lächelte ihn nur unschuldig an und sagte: »Allerdings mündete auch mein Plan letzten Endes in einem Fiasko . Ich scheiterte an einem Problem, das ich eigentlich hätte vo
Weitere Kostenlose Bücher