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Slant

Slant

Titel: Slant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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all den Jahren noch Freunde sind. Wir haben ein paar große Projekte, richtige Publikumsrenner. Nicht den altbekannten Jakey-Kitsch. Tim sorgt für Stil.«
    Sie kann sich nicht vorstellen, wie Tim und Jake zusammenarbeiten. »Es hat sich einiges verändert«, bemerkt sie.
    »Er ist hungriger geworden«, sagt Jake achselzuckend. »He, ich wusste gar nicht, dass du kommen würdest, aber schau dich nur um. Vielleicht können wir uns später noch einmal unterhalten.«
    »Gehört dir das Haus?«, fragt Alice.
    Jake nickt stolz. »Dann stell ich dir meine Frauen vor. Es sind Zwillinge, gepaart, mit Plugs, du weißt schon. Ein faszinierendes Team. Parallele Frauen!«
    Jake ist losmarschiert, wie ein Hund, der im Zickzack durchs Gebüsch jagt und Vögel aufscheucht. Alice erkennt plötzlich die Anatomie dieser Leute, so klar wie auf einem Röntgenbild, die Hälfte ihres Lebens, das sie getrennt von der Arbeit oder einem Live-Publikum verbringen.
    Sie selbst ist kein Stück besser.
    Sie schaut sich erneut nach dem Apoll um, nach irgendetwas, um das Brennen zu löschen, um sie für ein paar Minuten abzulenken, aber er ist nicht mehr in diesem Raum. Sie fühlt sich einsam, da kein anderer geeignet wäre. Trotzdem schaut sie sich um.
    Ein Mann in den Vierzigern mit schütterem Haar nähert sich ihr mit unterwürfigem Lächeln. »Entschuldigen Sie«, sagt er. »Ms. Grale. Ich habe Ihre Vids gesehen.«
    »Aha?« Diese Nummer beherrscht sie im Schlaf. Vielleicht spürt er es und zieht sich höflich wieder zurück.
    Aber sie scheint kein Glück zu haben. »Sie sind außergewöhnlich. Ich glaube, Sie haben mir gezeigt, wie Frauen sein können, als ich eine schwierige Phase durchmachte, während meine Scheidung lief… Sie haben mich gerettet. Ich wusste, dass es Frauen geben muss, die genauso ehrlich und warmherzig sind wie Sie. Ich möchte Ihnen danken.«
    »Keine Ursache.«
    Er hat diesen absolut verletzlichen Blick in den Augen. Sein kleiner männlicher Co-Prozessor läuft auf Hochtouren; er ist für die zehn oder fünfzehn Sekunden ganz auf sie fixiert, und sie muss nur die Hand ausstrecken und seine Schulter berühren (er könnte up oder top sein, aber es ist schon lange Zeit her, seit sie die neuen Bosse kennengelernt hat), und er wird sich noch jahrelang daran erinnern. Wenn er Sex mit anderen Frauen hat, wird er in seinem Mentalhintergrund so etwas wie ihr Zombie-Sklave sein, er wird jedes Mal an sie denken, wenn er seinen Orgasmus erreichen will, und seine Frauen oder Freundinnen werden sich fragen, warum er immer irgendwie abwesend wirkt.
    Alice streckt die Hand aus und berührt seine Schulter, beugt sich vor und haucht ihm einen Kuss auf die Wange. »Es ist lieb von Ihnen, mir das zu sagen«, sagt sie. »In solchen Augenblicken weiß ich, wofür ich arbeite.« Ihr Geruch wird seine Prägung noch vertiefen. »Das ist gut für die Momente, in denen es nicht so einfach ist. Verstehen Sie?«
    Der Mann nickt eifrig. »Ja, sicher!«
    Alice blinzelt ihm zu. »Können Sie mir verraten, wo ich das Bad finde?«
    »Aber ja. Es ist ein außergewöhnliches Bad. Da drüben, hinter der Waldwand – die Bäume dort, im nächsten Zimmer.«
    »Vielen Dank«, sagt sie und schenkt ihm ihr betörendstes professionelles Lächeln. Als sie sich umgedreht hat und fortgeht, erinnert sie sich nicht einmal mehr an sein Gesicht.
    Das Bad ist größer als ihre ganze Wohnung. Die Toilettenkabinen sind jeweils drei Meter breit und mit rosafarbenem Marmor und vollsensorischen spinalen Yox-Anschlüssen ausgestattet. Der Spiegel geht über die gesamte Wand und ist nicht reflektierend, sondern virtuell. Darin tummeln sich weibliche Stars aus vergangenen Zeiten, und Alice steht mittendrin. Marilyn Monroe kommt aus einer Kabine und richtet sich das wadenlange weiße Kleid. Sie fängt Alices Blick auf und lächelt ihr typisches sonniges Lächeln. »Du bist dran, Süße«, sagt sie.
    Marilyns Persönlichkeitslizenzverwalter – ihr PLV im Branchenjargon – vermietet sie niemals für wenig Geld. Sie ist ein Klassiker, völlig unabhängig davon, welches Jahrzehnt gerade in Mode ist.
    Jakey scheint wirklich gut im Geschäft zu sein – entweder das, oder er verpulvert alles, was er angespart hat. Wenn er dann den Bach runtergeht, wird er Tim wahrscheinlich ebenfalls ins Verderben reißen.
    Alice hat seit Jahren nicht mehr an Tim gedacht und das aus gutem Grund. Sie hat damals etwas Wunderbares zerstört, als wäre sie auf einen schönen Schmetterling getreten. Es

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