Slant
sorgsam darauf bedacht, Tim und seine Leute zu ignorieren.
Tatsächlich aktiviert sich die Projektion bald, aber sie kennt das Gesicht nicht. Es ist ein ungewöhnlich aussehender junger Mann, kaum mehr als ein Jugendlicher, dessen Füße in einem Haufen aus dampfendem Dreck zu stecken scheinen. Er starrt sie auf unheimliche Weise an. Auf Jakeys Parties ist alles möglich.
Die Gestalt bewegt sich auf sie zu, aber sie geht nicht, sondern gleitet über den Boden. Für einen kurzen Moment verwandelt sie sich flackernd in Richard Thompson zurück, doch dann ist sie wieder der junge Mann, der im Dreckhaufen steht. Das Programm scheint irgendeinen Fehler zu haben.
»Ist Ihr Name Alice Grale?«, fragt die Projektion sie.
Sie nickt. »Wer bist du? Ein Schelmenstück?«
»Mein Name ist Roddy«, sagt das Bild. »Ich wollte Sie nur einmal sehen.«
»Wo ist Richard?«, fragt sie. »Hatte Billie die Nase voll von ihm?«
Die Gestalt lächelt verlegen. »Die Figuren sind ungewöhnlich vielschichtig. Ich habe mich längere Zeit mit der dunkelhäutigen Frau unterhalten. Tut mir Leid.«
Alice starrt die Projektion verständnislos an. »Wie bitte?«
»Ich brauche absolute Gewissheit, dass Sie Alice Grale sind.«
»Ich bin es«, sagt sie und sieht sich um. Sie ist noch nie zuvor von einer Projektion ausgefragt worden.
»Kennen Sie jemanden namens Terence Crest?«
Alices Gesicht wird kalkweiß, und sie kann nur noch stammeln.
»Kennen Sie ihn?«
»Ja«, bringt Alice endlich heraus und bereut im nächsten Augenblick, überhaupt etwas gesagt zu sagen.
»Ich danke Ihnen.«
Der junge Mann verschwindet und Richard Thompson kehrt zurück, aber die Figur scheint nun in irgendeiner Schleife festzustecken. Kurz darauf gibt das Simulakrum die Illusion auf und rollt zu einer tragbaren Basisstation in der nördlichsten Ecke des Gartens davon.
Alice wischt sich mit den Händen übers Gesicht und fragt sich, ob sie sich dieses Gespräch nur eingebildet hat. Sie ist immer noch bleich, als sie zum Buffettisch geht, der mehrere Meter entfernt unter den Vid-Monitoren steht. Geistesabwesend nimmt sie sich einen Teller, belädt ihn mit Gemüse und beäugt misstrauisch eine lebende Soße, die sich an die Seite einer Schüssel drängt. Sie nimmt sich einen Schlag von der Soße und gießt sie neben das Gemüse. Die Soße zerfließt zu einem bunten Bild, dem Plakat und Yox-Promo-Logo von Ten High Command, und sie betrachtet diesen Vorgang so interessiert, dass sie überhaupt nicht bemerkt, wie sich ihr jemand von links nähert. Als der Mann sie berührt, schreckt sie zusammen und denkt sofort an den geisterhaften jungen Mann mit dem Füßen im Dreck.
Tim schließt seine sanften Finger um ihren Ellbogen.
»He, was machst du denn hier?« Sein Tonfall ist freundlich und enthält keine Provokation. Verwirrt schaut Alice ihn an, dann auf die Gruppe der Männer, die er verlassen hat und die einen sehr wichtigen Eindruck machen.
»Keine Ahnung«, antwortet sie. »Twist hat mich hergeschleift. Ich wusste nicht, dass es deine Party ist, bis Jakey es mir sagte.«
»Es ist mehr seine als meine. Twist kenne ich nicht. Männlich oder weiblich?«
»Eine Freundin«, erklärt Alice und stellt den Teller ab. Die Soße verschwimmt, bis sie einfach nur noch Soße ist.
»Es ist Jahre her«, sagt Tim. Sein Gesicht zeigt Sympathie und Interesse und es ist einfach nur typisch Tim, wie er sie von der Stirn bis zum Halsansatz mustert. Sein Blick umfasst niemals den gesamten Körper, er fordert niemals mehr und vermittelt durch seine Art, dass er einfach nur ein guter Freund ist. Er macht Alice sehr nervös. Auch früher wusste sie nie, was Tim wirklich dachte.
»Schön, dich wiederzusehen«, sagt Tim.
»Sicher«, sagt Alice. »Tut mir Leid. Ich kann wieder gehen…«
»Warum?«
»Ich… wollte mich nicht aufdrängen. Ich hatte wirklich…«
»Ich glaube dir. Aber jetzt bist du hier, und ich würde mich gerne mit dir unterhalten, ein paar Neuigkeiten aufschnappen, du weißt schon.«
Alice schluckt und erwidert, dass auch sie nichts dagegen hätte. Sie fühlt sich in seiner Nähe so verletzlich, und sie weiß gar nicht genau, warum eigentlich. Er ist ein wenig gealtert, aber er ist nur ein paar Jahre älter als sie, und unter dem Bart ist immer noch sein breites, angenehmes Gesicht zu erkennen, nicht besonders attraktiv, aber kräftig und gut aussehend, wenn auch ganz und gar nicht ihr Typ.
Er führt sie durch die Menge zurück zum Haus und dann ins obere
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