Slant
in den Stauraum oberhalb der Brennstoffzelle. Die Sachen passen gerade eben hinein.
Jenner lächelt und seine Kopfhaut runzelt sich, als sie den vollen Kofferraum begutachten. »Genug Zeug, um die ganze Stadt zum Mond zu schießen«, sagt er.
»So hochfliegende Pläne verfolge ich heute nicht«, sagt Giffey. Der Junge grinst. Nicht nur seine Kopfhaut, sondern auch seine Lippen scheinen ein eigenes Leben zu führen. Giffey ertappt sich dabei, wie er Jenner anstarrt, als dieser ihm den Rücken zukehrt. Er fragt sich, ob Jenner einen angeborenen Defekt hat, der in Green Idaho nicht registriert wird. Der Junge hat etwas Seltsames an sich, auch wenn man von seiner Kopfhaut und dem honiggelben Haar absieht. Komisch, dass die Armee ihn nicht abgelehnt hat – aber die Armee hat niemals genetische Tests oder den Nachweis der Hochnatürlichkeit verlangt, sondern sich stattdessen zur Aussonderung unerwünschter Kandidaten auf die Tests aus dem frühen einundzwanzigsten Jahrhundert verlassen. Jenner kam mit besten Empfehlungen…
Hale und Preston scheinen keinerlei Interesse an Jenners Merkwürdigkeiten zu haben. Hale ist nervös, auch wenn er es gut verhehlt. Preston wirkt völlig ruhig, beinahe bewusstlos. Giffey hat beide Reaktionen an Männern und Frauen beobachtet, die sich auf den Kampf vorbereiten, also sieht er vorläufig keinen Grund zur Besorgnis.
Der gemietete Wagen ist etwa zehn Jahre alt, schwarz, etwas heruntergekommen, aber noch einsatzbereit. Die Lenkung kann von einem Menschen, einem Prozessor oder einem INDA übernommen werden. Touristen mit Geld und Geschäftsleute von außerhalb fühlen sich häufig sicherer, wenn sie ihre eigenen Lenksysteme einsetzen können. Die Fahrerkabine ist verstaubt. Jenner wird fahren. Er nimmt sich einen Lappen und wedelt damit in der Kabine herum, worauf sich eine Staubwolke erhebt.
Im überheizten Büro wechseln sie ihre Kleidung. Preston hat Longsuits besorgt, die auf die Maße aller Beteiligten zugeschnitten sind. Sie zieht sich hinter einem Vorhang um. Als sie fertig sind, begutachtet sie die anderen kritisch und zupft hier und da pingelig etwas zurecht.
»Einige von euch kleiden sich wie Schimpansen«, murmelt sie, womit sie insbesondere Jenner zu meinen scheint. Jenner grinst und wirft Giffey einen Seitenblick zu.
Hale benutzt sein Pad, um ihre Verabredung zu bestätigten. Das Besucherzentrum von Omphalos bekundet, dass sie um drei Uhr nachmittags zu einer Besichtigungstour erwartet werden. Sie werden sich einer weiteren Gruppe anschließen, die per Flugzeug aus Seattle kommt.
»Privater Swan, dicke Geldleute«, sagt Hale. »Wir werden echten Pharaonen die Hand schütteln.«
*
Der Swan steht unbeweglich auf dem Asphalt der Rollbahn. Die Landung war sauber und glatt und Jonathan ist immer noch voller Hoffnung. Er hat ein gutes Gefühl. Er kann sich einen Bruch mit der Vergangenheit leisten – es ist genügend Vermögen vorhanden, um Chloe und die Kinder zu versorgen und trotzdem einen Beitrag zu Omphalos zu leisten. Dieses gute Gefühl ist instabil, geladen und zerbrechlich, aber es ist das einzig Positive, das er in den vergangenen zwei Tagen erlebt hat. Länger ist es noch gar nicht her, nur zwei Tage, und sein altes Leben ist vorbei, um etwas Neuem zu weichen!
Das kleine Terminalgebäude liegt einen Kilometer entfernt mitten zwischen zwei Startbahnen, in der Nachmittagssonne strahlt es weiß und hellgrün. Schnee aus der vergangenen Nacht liegt in schmutzigen Haufen neben der Rollbahn. Ein kleiner automatischer Pflug steht gedrungen wie eine stählerne Küchenschabe untätig auf einer kurzen Nebenspur.
Marcus ist still. Er starrt geradeaus auf die Trennwand. Cadey und Burdick unterhalten sich leise über irgendwelche Investitionen; Calhoun scheint sich ein Nickerchen zu gönnen.
Zehn Minuten nach der Landung erhält der Swanjet die Erlaubnis, den Terminal anzusteuern. Typisch für die Republik Green Idaho, denkt Jonathan. Wahrscheinlich haben irgendein Fluglotse und irgendein höherer Angestellter sie ein wenig warten lassen, nur um ihnen zu demonstrieren, wer in diesem Teil der Welt das Sagen hat.
»Endlich«, sagt Marcus, als er aus seiner Lethargie erwacht. Calhoun öffnet die Augen und sieht Jonathan lächelnd an. Er erwidert das Lächeln höflich, wenn auch ein wenig steif. Zur Zeit erinnert ihn jede Frau an Chloe. Dös muss aufhören; ich muss wieder zu einem unabhängigen Mann werden.
*
Nach der Generalprobe nehmen sie eine kleine Mahlzeit zu sich.
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