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Slant

Slant

Titel: Slant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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anderen Komplikationen, die sie verwirren, die vielen Fallen, die im emotionalen Labyrinth lauern.
    Der Wagen wird langsamer. Sie spürt, wie er abbiegt und dann eine Steigung hinauffährt. Sie legt eine Hand auf ihren kleinen Koffer und kontrolliert ihr Aussehen. In Kürze beginnt ihr Auftritt. Sie will versuchen, zu genießen, was sie kann, zu akzeptieren, was sie nicht genießen kann, und diesen Job mit sauberem Gewissen hinter sich zu bringen.
    Die Wagentür öffnet sich neben einer runden Liftröhre. Die Lifttür gleitet lautlos zur Seite und enthüllt einen schwach erleuchteten Innenraum, eine Täfelung aus Ahorn- und Kirschholz, Stangen und Geländer aus poliertem rostfreiem Stahl, einen schweren, nicht-metabolischen Teppich. Der reine Pomp. Keine Zahlen, keine Namen, kein Hausangestellter, der sie begrüßt. Sie steigt aus dem Wagen und die Tür schließt sich, aber der Wagen bleibt stehen. Er wird auf sie warten. In der Dunkelheit hinter ihrem Rücken spürt sie einen großen hallenden Raum, vermutlich eine Garage.
    Alice hält zögernd vor dem Lift inne und schließt die Augen. Es ist die Hure, die ihre Kunden betrügt.
    Der Lift verschluckt sie. Schätzungsweise drei Stockwerke gleiten mit graziöser Langsamkeit an ihr vorbei. Keine Eile; der Hausbesitzer mag nachdenkliche Intervalle zwischen einzelnen Orten. Sie zieht ihren Mantel hoch, um einen Blick auf ihre Schuhe zu werfen, beugt sich vor, um ihr Spiegelbild auf einer Stahlstange zu betrachten. Alles in Ordnung. Alice ist es gewohnt, gut auszusehen, aber sie muss sich ständig mit eigenen Augen davon überzeugen.
    Die Lifttür öffnet sich. Zunächst tiefe Schatten, dann schaltet sich mit dramatischem Effekt eine Reihe von Punktstrahlern ein, um ihr den Weg in ein Zimmer zu zeigen, anhand einer Lichtspur auf einem Teppich, der so weich und luxuriös wie englischer Rasen ist. Alice folgt der Spur durch den breiten Korridor, der von hölzernen Statuen und Schilden und gerahmten Stücken gemusterter Textilien gesäumt wird. Polynesisch, denkt sie, Kunstgegenstände, die fürs Museum geeignet wären (und mit ziemlicher Sicherheit keine Reproduktionen sind). Sie hat sich noch nie durch Geld oder Macht beeindrucken lassen, und sie ist auch jetzt nicht beeindruckt, aber sie würde gerne einen Moment vor den Stücken verweilen, was jedoch nicht erlaubt zu sein scheint.
    Hinter ihr erlöschen die Strahler. Sie wird zu einem weiteren Zimmer geführt. Kleine Lichter sind überall verteilt, wie große verschwommene Sterne. Sie bewegen sich und konzentrieren sich auf einen Mann, der neben einer Gruppe aus Couch, Tisch und Stuhl auf einem niedrigen steinernen Podest steht. Die Beleuchtung ist so ausgerichtet, dass alles außer seinem Gesicht sichtbar wird.
    Er streckt ihr eine Hand hin. »Danke, dass Sie gekommen sind«, sagt er.
    Sie murmelt höflich, dass auch sie sich freut, hier zu sein, als wäre es das Natürlichste der Welt. Anhand seiner Stimme und der Haut seiner Hand schätzt Alice sein Alter auf vierzig oder fünfundvierzig. Er hat sich gut gehalten, ist aber wahrscheinlich kein Chronovore, der durch Behandlungen jung bleibt. Das erleichtert sie ein wenig. Chronovoren sind ihr unheimlich.
    »Setzen Sie sich, bitte. Wir wollen uns miteinander bekannt machen.«
    Der Mann trägt weite rötlich-braune Freizeitpyjama-Hosen und ein ärmelloses Hemd. Seine Muskeln sind angemessen entwickelt, er hat breite Schultern und einen leichten Bauchansatz, der nicht unbedingt unattraktiv ist. Sie konzentriert sich auf diesen geringfügigen Makel. Dadurch erhält ihr gesichtsloser Kunde einen eigenen Charakter; alles andere ist so glatt wie Eis.
    »Ich hoffe, es stört Sie nicht, dass Sie mein Gesicht nicht sehen.« Die Beleuchtung verfolgt ihn, schaltet sich ein aus, als er um die Couch geht und ihre ausgestreckte Hand schüttelt.
    »Sie haben ein nettes Haus«, sagt Alice.
    »Danke. Ich kann Ihnen versichern, dass ich es nicht sehr häufig für solche Gelegenheiten benutze. Zumindest nicht speziell… für unser Zusammentreffen, meine ich.«
    »Oh.«
    »Kann ich Ihnen etwas anbieten? Was möchten Sie?«, fragt er.
    »Ein Glas Wein, bitte. Veriglos.«
    »Keine Regulatoren?«
    »Nein, vielen Dank«, sagt Alice. Regulatoren können die verschiedensten Substanzen von einfachem Alkohol bis zu komplexen Drogen wie Hyper-Koffein, Amin-Blumen, Neurominen und anderen derzeit illegalen Stoffen abdecken. Alice zieht ihre natürlichen Reaktionen vor.
    »Gut. Ich hatte gehofft, dass

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