Slant
neben dem Bett. Sein Gesicht ist immer noch dunkel und verschwommen, aber sein Körper ist vollständig sichtbar. Er scheint stolz auf ihn zu sein. Er ist eher fünfzig, in guter Verfassung, besitzt jedoch keine ausgeprägten Muskeln. Sein Oberkörper und die Arme sind wohlgeformt, aber glatt, ohne die Linien und Kanten, die Alice vorzieht. Sein Bauch ist etwas rundlich und er hat recht viel Haar auf der Brust – sogar am Unterleib ist er behaart. Sein Penis ist von normaler Größe und beschnitten. Bislang keine Überraschungen, keine offensichtlichen Projektionen, die sie täuschen sollen. Er könnte auf ein unverfälschtes Erlebnis hoffen, statt sie wie eine höherwertige Prosthetuten-Variante zu benutzen.
»Ich würde gerne alles von Ihnen sehen«, sagt Alice. »Sie können sich auf meine Diskretion verlassen.«
»Nein«, sagt der Mann. Er ist völlig regungslos.
»Möchten Sie etwas Bestimmtes?«, fragt Alice. »Ich meine, haben Sie spezielle Vorlieben oder…«
»Seien Sie einfach nur Sie selbst«, sagt der Mann. »Ich mag Sie so, wie Sie sind. Wie ich schon sagte, ist mir ehrliche Leidenschaft am liebsten.«
»In dieser Hinsicht sind Augen für mich sehr wichtig.«
»Tut mir Leid«, sagt der Mann.
Alice geht auf ihn zu und zieht am Oberteil ihres Hosenkleids, streicht mit den Fingern über verborgene Nähte. Zuerst enthüllt sie eine Schulter. Sie blickt ihm, soweit das möglich ist, direkt in die Augen, dann beißt sie sich auf die Unterlippe, bevor sie ihr kurzes Haar herumwirft und den Blick abwendet, als könne sie die Intensität des Augenkontaktes nicht ertragen. Dann betrachtet sie ihn mit gesenktem Blick, betrachtet eine Weile seinen Penis, als würde sie ihn attraktiv finden, bis sie auf den Boden schaut. Sie hat diese Techniken einstudiert, ihre Wirkung auf Männer ausprobiert und sie so häufig angewendet, dass sie sie gar nicht mehr als besondere Kunst ansieht. Sie beherrscht ihr Metier, das ist alles. Und sie ist gut darin, wie sich an der Reaktion des Mannes zeigt, als sie sich nähert.
Sehr gut, er ist also noch nicht allzu abgestumpft.
Bevor sie ihre Brüste freilegt, greift sie nach unten und öffnet die Beine ihrer Hosen, erlaubt ihm einen Blick auf ihren Unterleib. Dann zieht sie den Stoff über die Brüste nach unten und blickt ihn unverwandt an, als warte sie gespannt auf sein Urteil. Als würde es sie niederschmettern, wenn sie nicht seine Anerkennung findet – so wie sich eine junge, sexuell unerfahrene Frau nach männlicher Vorstellung verhält. Die Kleidung hängt ihr sozusagen in Fetzen vom Leib, während nur noch ihr Unterleib und die Oberschenkel bedeckt sind.
»Sehr gut«, sagt er und räuspert sich.
Sie vermutet, er möchte gar nicht, dass sie zu diesem Zeitpunkt allzu viel sagt, aber er will bestimmt auch nicht, dass sie völlig stumm bleibt. Sie kommt näher, zerrt mit einem Finger vorsichtig an der Naht zwischen ihren Beinen, jedoch ohne sie zu öffnen. »Wollen Sie es für mich tun?«, fragt sie. Der Mann berührt ihr Handgelenk, folgt ihrem Finger bis zur Naht und zieht. Der Saum öffnet sich.
»Gut«, sagt Alice mit kehliger Stimme.
Er befingert sie etwas grob, aber sie lässt ihn gewähren. Der Mann bezahlt, also geht es nicht um ihre Bedürfnisse. Er reibt und kichert. »Sie sind überhaupt nicht feucht«, sagt er.
»Vielleicht benötige ich etwas mehr Aufmerksamkeit«, deutet Alice an. Sie verspürt in der Tat keinerlei Anzeichen, dass sie feucht werden könnte. Hier gibt es nichts, worauf sie sich konzentrieren könnte, nichts, das sie als Anregung für ihre Phantasie benutzen könnte. Der Körper des Mannes eignet sich kaum als Inspiration. Seine Weigerung, ihr sein Gesicht zu zeigen, verärgert sie eher, erstickt jede Erregung. Sie fühlt sich auch nicht durch seinen Reichtum und seine Macht beeindruckt, denn es scheint, dass er sich diese Wohnung von jemand anderem für diesen Abend ausgeliehen hat. Er könnte also ein armer Freund oder genauso begütert wie der Besitzer sein. Auch hier also kein Anlass für Interesse.
Alice ist sich stets ihres erschreckenden Mangels an Nistinstinkten bewusst gewesen. Sie hat noch nie auf Reichtum und Macht allein reagiert, hat sich noch nie dazu verleiten lassen, nach einem Partner mit hohem Status zu streben. Sie gibt Sex gegen Geld, aber niemals ihre Person. Sie hat sich selbst noch nie jemandem gegeben.
Mein Gott, immer noch nicht feucht!
Er bearbeitet sie unbeholfen mit dem Finger, der sich trocken und etwas
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