Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Slow Travel: Die Kunst Des Reisens

Slow Travel: Die Kunst Des Reisens

Titel: Slow Travel: Die Kunst Des Reisens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Kieran
Vom Netzwerk:
die Worte strömten nur so aus ihm heraus, als würde die Sprache der Insel aus vergessenen Landkarten aufsteigen und sich von selbst in Reimen zusammenfinden. Als er innehielt, jubelte der ganze Pub; Kev wurde mit Umarmungen erstickt, und es floss noch mehr Whisky. Als er von dem Stuhl heruntersprang, der ihm vorübergehend als Bühne gedient hatte, verwandelte sich der Jubel in einen erbarmungslosen Fangesang wie in einer Stadionkurve, und der ganze Pub schrie: »Gedicht, Gedicht, noch ein verdammtes Gedicht!«
    Ich schlich hinaus, um heimlich eine zu rauchen, bevor ich ins Bett ging und Kairos im Mondlicht verschwand.

Kapitel 5
Folge deinem Instinkt
    Mit der Hoffnung zu reisen ist besser, als das Ziel zu erreichen.
    Robert Louis Stevenson
    2007 fuhr ich einen Monat lang in einem alten elektrischen Milchwagen durch England, und es war das Vernünftigste und zugleich das Verrückteste, was ich jemals getan habe. Einige Monate später wurde ich Mitautor eines Buches mit dem Titel Three Men in a Float ( Drei Männer in einem Milchwagen) , aber erst jetzt, nachdem über fünf Jahre vergangen sind, wird mir wirklich bewusst, was wir damals getan haben.
    Ich unternahm die Reise mit meinen Freunden Ian Vince (mit dem ich das Buch schrieb) und Prasanth Visweswaran (einem Hobbyelektriker), und ich erinnere mich, dass ich den Leuten vor unserer Abfahrt nur halb im Spaß erzählte, da unser Planet mittlerweile gezähmt worden sei, sollte jeder echte Abenteurer sein Ego überwinden und mehr Zeit damit verbringen, das zu erforschen, was vor seiner Nase liegt. Ich war davon überzeugt, dass wir auf eine edle Mission gingen, um das »wahre England« zu entdecken, und behauptete ziemlich anmaßend – und in dem Versuch, von einer potenziellen Öko-PR zu profitieren –, dass wir herausfindenwollten, ob es möglich sei, unseren Planeten zu lieben und trotzdem auf Reisen zu gehen.
    In Wirklichkeit war alles eigentlich nur ein Jux. Dahinter stand kein großartiger Plan, selbst wenn wir dem, was wir uns ursprünglich vorgestellt hatten, am Ende ziemlich nahe gekommen waren. Ian fiel der Buchtitel ein, als wir einmal im Pub saßen – und danach hatte ich das Gefühl, ich müsste es einfach machen. Und tatsächlich gelang es uns, ein paar Wochen vor unserer Abreise einen Milchwagen aufzutreiben. Das erste Mal fuhr ich ihn an einem kalten, windigen Maimorgen in Lowestoft (dem östlichsten Punkt Englands); er war soeben von einem Laster abgeladen worden. Wir hatten uns vorgenommen, die 965 Kilometer nach Land’s End (dem westlichsten Punkt Englands) innerhalb von vier Wochen zurückzulegen, hatten allerdings keine Ahnung, wie wir den batteriebetriebenen Milchwagen aufladen wollten oder wo wir unterwegs übernachten würden. Er hatte einen Fahrradtacho, der in das Armaturenbrett eingelassen war, keine Sicherheitsgurte, unglaublich unbequeme Sitze und nicht sehr stabile Türen, durch die Wind und Regen eindringen konnten.
    Wie bereits erwähnt, wurde uns erst spät klar, dass wir uns auf völlig Fremde würden verlassen müssen, um die Batterien des Milchwagens über Nacht aufzuladen. Es dämmerte uns spät am Abend in Lowestoft, und ich kann mich gut an die Panik erinnern, die uns deswegen überkam. Bestimmt würden wir scheitern. Einen Monat später, erschöpft und begierig, nach Hause zu kommen, hielten wir in Land’s End. Ich habe keine Ahnung, wie wir das fertiggebracht hatten, aber es war uns gelungen. Und trotz all der merkwürdigen Sachen, die ich in den vergangenen Jahren unternommen habe, wollen die Leute immer am liebsten über diesen Trip mit mir reden.
    Nachdem wir Lowestoft hinter uns gelassen hatten, notierte ich in den ersten paar Tagen in meinem Tagebuch, welche aufregenden neuen Perspektiven auf die Welt das langsame Reisen zugänglich macht, und war gleichzeitig besorgt darüber, dass wir nicht genug Geld dabeihatten und jederzeit scheitern konnten, weil wir so schlecht vorbereitet waren. Es ist eine Sache, den Everest besteigen zu wollen und dann zu kneifen – das wird einem niemand vorwerfen. Aber wenn man etwas Albernes vorhat, dann gibt es paradoxerweise keinen Spielraum für einen Rückzieher.
    Die tägliche Organisation und Plackerei, die der Trip uns abverlangte, war weitaus aufwendiger, als wir erwartet hatten. Jeden Morgen standen wir wieder vor denselben Problemen, mit denen wir uns am Tag zuvor herumgeschlagen hatten. Würden wir genug Kilometer schaffen? Welche Richtung sollten wir einschlagen? Wo

Weitere Kostenlose Bücher