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Smaragdjungfer

Smaragdjungfer

Titel: Smaragdjungfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mara Laue
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ab und kaute eine Weile darauf herum. »Wie kommst du mit dem Neuen klar?«
    »Gar nicht. Ich kann mich des Gefühls nicht erwehren, dass irgendwer ihm brühwarm unter die Nase gerieben hat, dass ich das Monster der Dienststelle bin.«
    »Hansen hat ihn sich zur Brust genommen.«
    »Dieser verdammte Intrigant!« Paula stieß die Gabel so heftig in ein Stück Matjes, dass sie vernehmlich auf dem Tellerboden klirrte. Sie und Ture Hansen waren von Anfang an bei jeder sich bietenden – und teilweise wechselseitig provozierten – Gelegenheit aneinander geraten und sich nur in ihrer gegenseitigen Abneigung einig.
    »Sachte, Paula, der Fisch ist schon tot.«
    Normalerweise brachten seine Scherze sie zum Lachen, zumindest aber dazu, sich wieder zu entspannen. Heute erzielte er damit keine Wirkung. Paula säbelte ein Stück Fisch ab und stach auch noch auf die Kartoffeln ein, als wären die ihre Feinde. Oder Ture Hansen. Sie ignorierte, dass die Kollegen von den anderen Tischen verwundert und teilweise missbilligend zu ihr herübersahen.
    »Weißt du was über Rambachers Hintergrund?« Fischer ließ sich durch ihre Wut nicht aus der Ruhe bringen.
    »Nee.« Sie schaufelte sich eine volle Gabel in den Mund.
    »Man hat ihn von Hannover hierher abgeschoben.«
    »Abgeschoben?«, nuschelte sie undeutlich um den Kartoffel-Matjes-Berg in ihrem Mund herum. »Was hat er angestellt?«
    »Das schlimmste Verbrechen, dessen sich ein Polizist schuldig machen kann.«
    »Noch schlimmer als meins?«
    Fischer nickte. »Er hat einen Kollegen hingehängt, der einen Verdächtigen bei einer Befragung misshandelt hat, um aus dem ein Geständnis rauszuprügeln. Der Misshandelte entpuppte sich später als unschuldig. Die anderen Kollegen haben den Missetäter gedeckt und entweder gelogen oder angeblich nichts mitbekommen. Nicht so Rambacher. Der hat die Wahrheit gesagt und auch noch vor Gericht beeidet. Ich muss dir ja nicht erklären, wie sein Leben danach in seiner Dienststelle ausgesehen hat.«
    Das war in der Tat nicht nötig, denn wer einen Kollegen derart auflaufen ließ, galt als Kameradenschwein. Die Folge davon war in der Regel massives Mobbing, auch wenn das natürlich niemand zugab. Kein Wunder, dass Rambacher nicht nur die Dienststelle, sondern auch die Stadt gewechselt hatte. Eigentlich könnte sich Paula hervorragend mit ihm verstehen, hätte sie doch an seiner Stelle genauso gehandelt. Aber sie waren einander spontan auf dem falschen Fuß begegnet, und Paula war nicht bereit so zu tun, als wäre alles in bester Ordnung.
    »Und irgendwie hat die Gerüchteküche diesen Vorfall hochgekocht, noch bevor er bei uns angefangen hat. Inzwischen weiß es jeder.«
    Das erklärte auch, warum Hansen – und bestimmt nicht nur er – Rambacher seine neue Vorgesetzte in den düstersten Farben geschildert hatte. Es erklärte außerdem, warum er knallrot geworden war, als sie ihm auf den Kopf zugesagt hatte, dass er bei ihr Strafdienst schob. Ebenso seine kryptische Bemerkung, dass sie wüsste, dass er keine Probleme damit hätte, sich bei Sänger offiziell über sie zu beschweren.
    »Ihr sitzt beide im selben Boot, Paula. Und ihr seid beide wütend und verletzt, dass man euch Schuld anlastet, obwohl ihr das Richtige getan habt. Aber ihr solltet auf die richtigen Leute wütend sein, nicht auf einander.«
    »Sag ihm das, nicht mir.«
    »Erst mal sage ich es dir. Du bist die Ranghöhere. Macht aus eurer Situation das Beste und steht gegen den Rest der Welt zusammen. Andernfalls spielt ihr Leuten wie Hansen direkt in die Hände.«
    Paula ließ ihre Gabel sinken und blickte Fischer missmutig an. »Können wir das Thema wechseln? Mein Bedarf an derartigen Hinweisen ist für heute gedeckt.«
    »Das war nur ein freundschaftlicher Rat, und das weißt du. Übrigens: Es tut nicht weh, ab und zu mal auf einen Rat zu hören, besonders wenn er von einem Freund kommt.«
    Paula brummte etwas Unverständliches und konzentrierte sich auf ihr Essen. Fischer hatte zwar in jedem Punkt recht, wie sie widerwillig zugeben musste, aber sie hasste es, wenn man ihr ihre Fehler unter die Nase rieb. Christopher hatte das regelmäßig getan – in der besten Absicht, ihr damit zu helfen –, und sie hatte jedes Mal deswegen einen Streit vom Zaun gebrochen. Was sie seit seinem Tod zutiefst bedauerte. Wie viel Zeit hatten sie mit solchen Auseinandersetzungen vergeudet, statt einfach miteinander glücklich zu sein. Idiotischerweise macht man sich nur selten bewusst, wie kostbar

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