Smaragdjungfer
spezielle Art ihrer Dienste zu verlieren, denn ihre Körpersprache war eindeutig. Wie sie sich mit den Fingerspitzen über den Oberschenkel strich, die Kopfbewegungen, wie sie mit einer Haarsträhne spielte und besonders die sinnliche Geste, mit der sie über den Leib und vor allem die Schwanzspitze ihrer Smaragdlibelle fuhr. Deren Form konnte man ohne allzu viel Fantasie als phallisch bezeichnen.
Dass sie ihre Wirkung auf Männer nicht verfehlte, sah Paula deutlich an Rambachers Reaktion. Da sein Unterleib sich in Höhe ihrer Tischkante befand, konnte sie die dicke Wölbung in seinem Schritt, über die sich die Hose straff spannte, kaum übersehen. Männer! Paula schüttelte den Kopf.
Oh ja, Jasmin Stojanovic hatte sich prostituiert, wenn auch als Callgirl auf gehobenem Niveau. Nur ließ sich das nicht beweisen, solange niemand bereit war, eine entsprechende Aussage zu machen; besonders hinsichtlich der Rolle, die Severin Escort Service dabei gespielt hatte. Wenigstens hatte Paula etwas, das sie bei der Dienstbesprechung vorweisen konnte.
Sie sah auf die Uhr. Halb drei. Zeit genug für ein paar Telefonate. Als Erstes eine Anfrage beim Rechtsmedizinischen Institut in Oldenburg, wann Jasmins Leichnam obduziert wurde. Dr. Johansson begrüßte sie mit einem freundlichen »Schön, dass Sie wieder da sind, Frau Rauwolf.« Er teilte ihr mit, dass er die Obduktion für Freitagmorgen um zehn Uhr angesetzt hatte.
»Ich muss vorher noch drei ältere Leichen obduzieren, die in einem Abrisshaus im Keller gefunden wurden. Ich habe Ihre Tote zwar gerade erst reinbekommen und nur einen kurzen Blick auf sie geworfen. Aber ich kann jetzt schon mit großer Sicherheit sagen, dass die Stichverletzung zum Tod geführt hat. Näheres am Freitag. Sie sind dabei?«
»Wie immer. Bis Freitag, Doktor.«
Mit ihrem nächsten Anruf erreichte Paula den Kunstraum , den Kastor angeblich mit Jasmin hatte besuchen wollen. Die auf der Website angegebene Kontaktnummer gehörte zu einem Handy, dessen Besitzer ihr bestätigte, dass Jerome Kastor für neun Uhr dreißig heute Morgen eine Sonderführung vereinbart hatte, aber nicht erschienen war. Allerdings hatte er diese Verabredung erst sehr kurzfristig heute Vormittag wenige Minuten nach halb zehn gebucht – zu einem Zeitpunkt, an dem er möglicherweise schon in Jasmin Stojanovics Wohnung gewesen war und sie umgebracht hatte. Einen besseren Anhaltspunkt, um in dieser Richtung weiter zu ermitteln, gab es ja wohl nicht.
Ich kriege dich schon, du arroganter Schnösel, und werde mit Freuden zusehen, wie du im Nirwana der JVA verschwindest. Da wird dir auch kein Polizeipräsident oder Doktor Moritz Jasper raushelfen.
Die Dienstbesprechung begann nicht so schlimm, wie Paula befürchtet hatte. Zwar gehörte auch Ture Hansen mit zur Ermittlungsgruppe, aber er war der Einzige, der ihr ganz offen giftige Blicke zuwarf. Rambacher war derjenige, den es schlimmer traf. Als er sich auf einen freien Platz setzen wollte, schubste Hansen ihn zur Seite.
»Der Stuhl ist besetzt. Aber da vorn ist, glaube ich, noch was frei. Direkt neben der Tür. Ausgang . Sie verstehen?«
Rambacher verstand nur zu gut. Bevor er jedoch etwas sagen konnte, drängte sich Fischer zwischen die beiden Männer.
»Hier gibt es keine besetzten Plätze, außer jemand säße bereits drauf.« Fischer pflanzte sich auf den Stuhl, den Hansen für sich beanspruchen wollte. »So wie jetzt. Und«, er wandte sich an Rambacher, »der Platz neben mir ist noch frei.«
Rambacher setzte sich.
»Übrigens, Ture. Der Platz neben dem Ausgang ist wirklich noch frei. War das nicht sowieso immer dein Stammplatz?«
Hansen kniff die Lippen zusammen und suchte sich kommentarlos einen anderen Platz. Sigurd Fischer genoss als Dienstältester im FK 1 einen gewissen Respekt. Niemand legte sich mit ihm an.
Paula hatte sich gewohnheitsgemäß auf ihren alten Platz gegenüber der Projektorleinwand gesetzt. Dass der relativ weit von Rambachers Platz entfernt war, würde er wohl als Demonstration werten, dass sie nichts mit ihm zu tun haben wollte. Scheiß drauf! Sollte er denken, was er wollte. Maja Küster kam und setzte sich neben Paula. Dort hatte Christopher immer gesessen. Zumindest für die Kollegen war sein Geist offenbar nicht mehr so präsent, dass man es pietätvoll vermied, sich auf seinen Platz zu setzen.
Roemer kam herein und hielt sich nicht lange mit Vorreden auf. Er gab die Fallnummer der Ermittlungsakte für Jasmin Stojanovic bekannt und teilte
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