Smaragdjungfer
dem das Libellencollier besonders gut zu erkennen war, und legte es neben das Foto auf Kastors Kaufquittung. Mit einer Lupe studierte sie beide Abbildungen und kam zu dem Schluss, dass es sich dabei nicht um Original und Kopie handelte, sondern dass es ein und dasselbe Schmuckstück war. Kastor hatte also auch in diesem Punkt gelogen.
Die Kaufquittung war im Dezember letzten Jahres ausgestellt worden. Paula glich das Datum mit dem auf den Fotos in Jasmins Mappe ab. Die waren im August aufgenommen worden. Demnach musste Kastor Jasmin schon sehr viel länger gekannt haben. Und die Kaufquittung war eine Fälschung. Mit Sicherheit war auch der Beleg ein Fake, mit dem Jasmin das Ausleihen des Colliers bestätigte. Da die Libelle ihr Markenzeichen gewesen war und sie das Collier nach Severins Aussage immer getragen hatte, musste Kastor es ihr geschenkt haben. Aber was verband ihn wirklich mit der Toten? Und mit Graf?
Dazu kam die Frage, wo das Collier abgeblieben war. Paula rief den Juwelier an, der es angefertigt hatte, und erhielt keinen Anschluss. Die Firma existierte nicht mehr. Eine intensivere Überprüfung ergab, dass der Juwelier sein Geschäft aufgegeben hatte, nur eine Woche nachdem er das Collier an Kastor verkauft hatte. Zufall?
Sie überprüfte die Informationen über Kastors Nachtclub. Der schien koscher zu sein. Alles legal, er zahlte seine Steuern und Sozialabgaben, und auch in Sachen Drogen war er noch nie aufgefallen. Seine Weste war so porentief rein, dass es schon verdächtig war. Kein Wunder, wenn man nicht gegen ihn ermitteln durfte, weil der Polizeipräsident und Staatsanwalt Breitenbach ihn schützten. Und wer weiß, welche Beziehungen er noch hatte.
Paula nahm die beiden Fotos des Colliers und brachte sie mit der Leihquittung zum Erkennungsdienst, damit Maja und ihre Kollegen die Übereinstimmung mit ihren technischen Mitteln verifizieren konnten. Anschließend ging sie in die Kaffeeküche.
Wie sie gehofft hatte, saß Sigurd Fischer um diese Zeit auf seinem Stammplatz und genoss eins seiner geliebten Fischbrötchen. Paula hatte sich heute Morgen eine Portion Hooksieler Fischsuppe mit Rotbarsch aus dem Eisfach geschnappt und wärmte sie in der Mikrowelle auf. Das Rezept stammte von ihrer Großmutter, einer in der x-ten Generation gebürtigen Hooksielerin. Der Geschmack der Suppe weckte jedes Mal angenehme Kindheitserinnerungen von unbeschwerten Sommern am Hooksieler Badestrand. – Vergangenheit, an der sie nicht hängen sollte.
Sie setzte sich zu Fischer.
»Moin, Paula. Na, den Tag gestern einigermaßen überstanden?«
Sie nickte. »Ich schaffe das schon. Ich brauche mal deinen Rat, Sigurd.«
Er sah sie ungläubig an. »Das ist ja was ganz Neues. Aber was Gutes. Schieß los.«
»Mit Kastor stimmt hinten und vorne was nicht.«
Fischer ließ leidgeprüft den Kopf hängen. »Das ist doch nichts Gutes. Und damit meine ich nicht die Tatsache als solche, sondern dass du offenbar gegen ihn ermittelst.«
»Genau deshalb brauche ich deinen Rat. Er behauptet, als er mit blutigen Händen in der Schmuckschatulle des Opfers erwischt wurde, dass er dort ein Smaragdcollier gesucht hat, das er der Toten angeblich geliehen hat.«
»Glauben wir ihm natürlich nicht, aber das Gegenteil können wir ihm bis jetzt nicht beweisen.«
»Ich war vorhin bei ihm und –«
»Paula, Paula.« Fischer schüttelte missbilligend den Kopf.
»… und habe mir von ihm die Quittung für das angebliche Collier geben lassen. Fakt ist: Er hat tatsächlich eins gekauft. Aber sie trug das Collier schon, bevor er sie laut eigenem und Severins Bekunden überhaupt kannte. Er behauptet zwar, seins wäre eine Kopie, die er nach ihrem Original angefertigt hat. Ich habe mir die beiden Bilder unter der Lupe angesehen. Die Dinger sind identisch. Es ist ein und dasselbe Collier. Außerdem hat Kastor mir gegenüber eine Schwester erwähnt. Ich habe das überprüft. Er hat gar keine. Könnte natürlich ein dummer Spruch gewesen sein. Aber welcher Mensch erfindet eine Schwester, die er gar nicht hat? Ein Typ wie Kastor bestimmt nicht. Darüber hinaus hat er irgendwas mit Witold Graf zu tun. Hat er natürlich geleugnet. Beziehungsweise ausweichend geantwortet. Aber als Rambacher und ich vorhin Graf interviewt haben, ob er derjenige ist, bei dem die Tote am Dienstagabend einen Termin hatte, hat er behauptet, Kastor wäre auch dort gewesen. Ich bin mir aber sicher, dass er lügt.«
»Warum sollte er?«
»Genau das ist die Frage. Er hat
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