Smaragdjungfer
irgendwas mit Kastor am Laufen. Ich vermute, es hat mit Menschenhandel zu tun.«
»Bedauerlicherweise ebenfalls ohne den geringsten Hauch eines Beweises.«
»Genau deshalb will ich ja nachhaken. Denn nach allem, was Rambacher und ich bisher rausgefunden haben, war Jasmin Stojanovic auch nicht koscher. Irgendwas stimmt mit ihrer Identität nicht. Und sie kommt aus Osteuropa, von wo Graf mutmaßlich seine menschliche Ware bezieht. Kastor besitzt einen Nachtclub mit Tabledance und Striptease. Und er hat, was seine Tänzerinnen betrifft, eine hohe Fluktuationsrate. Ich hab’ es vorhin überprüft. Jeden Monat kommt und geht mindestens eine, in der Regel aber zwei bis drei. Ich schließe die Möglichkeit nicht aus, dass er vielleicht für Graf eine Art Geldwäsche für Humankapital betreibt. Wir haben ja schon lange den Verdacht, dass Graf eine Art Zwischenhändler hat, bei dem er die Frauen ganz legal deponiert, bevor er sie weiterreicht. Außerdem hat Kastor mir gedroht, dass mich der Versuch, die Wahrheit rauszufinden, umbringen könnte.« Sie schüttelte den Kopf. »Der ist so was von schuldig. Und ich werde an ihm dranbleiben. Egal was die in der Chefetage dazu sagen.«
Fischer nickte bedächtig. »Und wofür brauchst du meinen Rat, da dein Entschluss ja schon feststeht?«
Paula zuckte mit den Schultern. »Ich wollte deine Meinung hören. Glaubst du, dass ich Gespenster sehe?« Sie blickte verlegen auf ihren Teller und rührte in der Fischsuppe herum. »Wenn ich mich irre und in die falsche Richtung ermittle und das auch noch gegen Anweisungen von oben und das kommt raus … Ich meine, wenn rauskommt, dass ich mich geirrt habe und …«
»Ich verstehe schon, Paula.« Fischer nahm den letzten Bissen seines Fischbrötchens und kaute nachdenklich darauf herum. »Was Kastor betrifft, bin ich mir sicher, dass du richtig liegst. Aber in Grafs Richtung solltest du dich erst orientieren, wenn du dafür handfeste Indizien und noch bessere Beweise hast. Dann allerdings solltest du das Team davon unterrichten und dich absichern. Davon abgesehen, rate ich dir dringend, dich penibel an Jakobs Anweisung zu halten. Zumindest für die erste Zeit. Bis du nicht mehr im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit fast aller Kollegen stehst.«
»Danke, Sigurd.«
»Aber du wirst wie gewohnt nicht auf mich hören.« Fischer seufzte und winkte ab. »Vielmehr nur auf das, was dir in den Kram passt.« Er blickte sie ernst an. »Pass auf dich auf, Paula. Leute wie Kastor sind gefährlich. Und ich will auf keinen Fall, dass du so endest wie Christopher.«
»Da hat er recht, Wölfin.« Christopher saß wieder auf dem Platz neben Fischer. »Hast ja an mir gesehen, was passiert, wenn man nicht vorsichtig genug ist.«
Paula schloss die Augen und schluckte. Fischer legte seine Hand über ihre. »Tut mir leid. Ich wollte keine alten Wunden aufreißen.«
»Schon gut. Ich komme klar.«
Trotzdem löffelte sie so schnell sie konnte ihre Fischsuppe aus und verließ die Kaffeeküche. Erst jetzt stellte sie fest, dass ihre Migräne verschwunden war.
Paula überprüfte akribisch, was der Polizei über das Dancing Cats bekannt war. Der Laden war bis vor gut anderthalb Jahren ein richtiges Rattennest gewesen. Unter Kastors Vorgänger gab es alles von Drogenhandel und Prostitution bis zu illegalem Glücksspiel im Hinterzimmer. Im Februar letzten Jahres fand dort eine Messerstecherei statt, die der Inhaber mit dem Leben bezahlte. Der Laden wurde geschlossen. Einen Monat später hatte Kastor ihn neu eröffnet und aus dem schmuddeligen Lokal mit zweifelhaftem Ruf ein in jeder Hinsicht sauberes Schmuckstück gemacht. Nicht mal die Anwohner beschwerten sich noch wegen Lärmbelästigung. Es gab nicht den geringsten Anhaltspunkt dafür, dass dort irgendetwas Illegales stattfand. Erst recht keine »Geldwäsche für Humankapital«. Sie seufzte frustriert.
Rambacher, der sein Mittagessen wieder an seinem Platz eingenommen hatte, arbeitete noch daran, mehr über Jasmin Stojanovic herauszufinden. Paula hätte nur zu gern in Kastors Leben weitergegraben, aber andere Dinge hatten Priorität. Zum Beispiel herauszufinden, wo sich das Libellencollier befand.
Sie besah sich nochmals die Tatortfotos, besonders die Fotos von der Leiche. Die Schnitte auf den Wangen, die Jasmin unmittelbar vor dem Tod zugefügt worden waren, hatten heftig geblutet. Das Blut war an ihrem Hals herabgelaufen. In Höhe der Halsbeuge waren die Rinnsale verschmiert in einer Art, als wenn dort etwas
Weitere Kostenlose Bücher