Smaragdjungfer
nicht allzu lange. Breitenbach hatte getobt, als er ihm mitgeteilt hatte, dass es nun Beweise gab, die für einen Haftbefehl ausreichten, und angekündigt, in Kürze zu einem persönlichen Gespräch in Wilhelmshaven zu erscheinen. Außerdem hatte er Roemer angewiesen, bis dahin absolut nichts zu unternehmen. Eine knappe Stunde später kehrten die Leute, die Kastor festnehmen sollten, obendrein mit einer Hiobsbotschaft zurück.
»Der Kerl ist ausgeflogen«, berichtete Sigurd Fischer nüchtern. »Sein Wagen steht zwar vor seinem Club, aber er ist nirgends aufzutreiben. In seiner Wohnung nicht, in seinem Nachtclub nicht. Seit heute Mittag, als eine Frau, auf die Paulas Beschreibung passt, ihn in Handschellen mitgenommen hat, wurde er nicht mehr gesehen. Geben wir ihn in die Fahndung?«
Roemer zählte zwei und zwei zusammen – Kastor war verschwunden, Paula nicht erreichbar und obendrein bewaffnet – und kam zu einem schrecklichen Ergebnis. »Oh mein Gott!«
»Womit du uns was sagen willst?«
»Paula hat ihr Handy ausgeschaltet, und zu Hause ist sie nicht. Jedenfalls geht sie nicht ans Telefon.«
»Du glaubst, dass sie sich Kastor selbst vornimmt?« Fischer schüttelte den Kopf. »Nee, so durchgedreht ist sie nicht.«
»Da bin ich mir absolut nicht sicher. Du hast sie heute Morgen nicht erlebt, Sigurd. Sie hätte Kastor beinahe geschlagen, wenn ich sie nicht aufgehalten hätte.«
»Und mich hat sie die Treppe runtergetreten«, ergänzte Hansen giftig. »Die ist komplett durchgeknallt. Aber nicht erst seit heute.«
»Halts Maul, Ture, oder ich stopf’ es dir.« Fischer drohte ihm mit der Faust. »Und nur zur Erinnerung: Paula hat recht behalten. Mal wieder. Sie hatte Kastor von Anfang an in Verdacht, und sie hatte recht. Darüber solltet ihr alle vielleicht mal nachdenken, bevor ihr weiter über sie herzieht, sie mobbt und dumm über sie sabbelt.« Er blickte Roemer an. »Was ist nun?«
Roemer hatte das Gefühl, dass sein schlimmster Albtraum wahr wurde. »Keine Fahndung nach Kastor. Das hat Breitenbach untersagt.«
»Was? Ist der wahnsinnig?«
»Vielleicht. In jedem Fall bestimmt er, wo’s langgeht. Jemand sollte zu Paula nach Hause fahren, ob sie dort ist. Notfalls mit einem Schlüsseldienst rein.«
»Das mache ich«, erbot sich Fischer. »Ich habe einen Schlüssel zu ihrer Wohnung.«
»Ach nee«, feixte Hansen. »Bist du nicht ein bisschen zu alt für sie?«
Fischer maß ihn mit einem Blick voller Verachtung. »Weißt du, Ture, wenn Dummheit weh täte, wärst du von morgens bis abends nur noch am Brüllen.« Er machte auf dem Absatz kehrt.
»Was steht ihr hier noch rum?«, fuhr Roemer Hansen und die anderen an. »Findet Paula.«
Auf dem Weg in sein Büro betete er im Stillen dafür, dass sie nicht im Begriff war, die größte Dummheit ihres Lebens zu begehen. Zurück am Schreibtisch wählte er erneut Paulas Festnetznummer. Nach dem dritten Klingeln sprang der Anrufbeantworter an. »Ich bin’s, Paula: Jakob. Wenn du das hier hörst, melde dich unbedingt bei mir. Du hattest von Anfang an recht. Kastor ist der Mörder von Jasmin Stojanovic. Wir haben die Tatwaffe gefunden mit seinen Fingerabdrücken darauf. Ich hoffe, du bist nicht gerade unterwegs, um ihn dir zu kaufen. Wir haben ihn, Paula. Aus der Nummer kann er sich nicht rauswinden. Also bitte, überlass ihn uns. Der Kerl ist gefährlich, und du bist verletzt. Ich will dich nicht auch noch verlieren.«
Er hatte kaum den Hörer aufgelegt, als Maximilian Breitenbach ohne anzuklopfen in sein Büro gestürmt kam.
»Was muss ich eigentlich noch tun, Herr Roemer, damit Sie meine Anweisung befolgen und nicht gegen Kastor ermitteln?«
»Entschuldigung, Herr Breitenbach, aber Sie selbst haben uns angewiesen, erst wieder in seine Richtung zu ermitteln, wenn wir hieb-und stichfeste Beweise gegen ihn haben. Die haben wir jetzt: ein Messer mit seinen Fingerabdrücken darauf, das zweifelsfrei als die Tatwaffe identifiziert wurde. Das ist ein Beweis, den nicht mal Sie ignorieren können. Wenn Sie uns also weiterhin verbieten, gegen Kastor zu ermitteln, bekomme ich langsam den Eindruck, als stünden Sie nicht mehr auf der Seite des Gesetzes, sondern auf Kastors Lohnliste.«
»Das habe ich jetzt überhört, Herr Roemer.« Breitenbach setzte sich, beugte sich vor und sah ihm in die Augen. »Was ich Ihnen jetzt sage, muss absolut unter uns bleiben. Kann ich mich darauf verlassen?«
»Selbstverständlich. Solange Sie mir nichts Gesetzwidriges
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