Smaragdjungfer
aus dem Verkehr zu ziehen. Mitsamt seinen Konsorten.«
Paula schenkte sich Tee nach. »Was war Jasmins Aufgabe? Nur Beweise gegen Severin zu sammeln?«
»Nein. Ich sagte ja schon, dass sie IT-Spezialistin war. Eine der gewieftesten Hackerinnen, die wir haben. Hatten. Da Graf Informationen und Daten über seine illegalen Geschäfte – also, die Beweise, die wir brauchen, um ihn und seine Komplizen zu überführen – kaum in seiner Firma aufbewahrt, kann er sie nur zu Hause haben. Dort konnte aber nur jemand an sie heran, der Zugang zu seinen privaten, um nicht zu sagen intimen Räumlichkeiten hatte. Wie die Callgirls. Jasmin sollte während ihrer Besuche bei ihm versuchen, an diese Daten heranzukommen.«
Paula schüttelte den Kopf. »Wenn Graf so überaus vorsichtig ist, wieso wäre er dann so dumm, belastendes Material irgendwo zu speichern?«
»Eben wegen dieser extremen Vorsicht. Er muss sich gegenüber den anderen Haien absichern, sonst ist er selbst angreifbar und kann, sollte es hart auf hart kommen, ganz schnell von denen zum alleinigen Sündenbock gemacht werden. So hat er sie alle in der Hand und kann jeden davon abhalten, ihn zu verraten, indem er mit den Beweisen droht, die er gegen sie alle hat. Er kann es sich überhaupt nicht leisten, solche Beweise nicht zu sammeln. Gerade darum sind die für uns so wichtig.«
»Aber Graf ist Jasmin auf die Schliche gekommen.«
Kastor nickte. »Sie war am Dienstagabend bei ihm gebucht als Betthupferl für einen Mann aus Übersee, der ihm besonders wichtig ist. Deshalb ließ er ihn auch im Gästezimmer seines Hauses übernachten, statt ihn in ein Hotel abzuschieben. Jasmin brachte den Typen dazu, sie die ganze Nacht bei sich zu behalten. Als er – mit Unterstützung eines Schlafmittels – selig schlummerte und auch Graf längst schlief, nutzte sie die Gelegenheit, dessen Laptop aus seinem Safe an sich zu nehmen. Die Kombination hatte sie schon bei einem ihrer früheren Besuche rausgefunden, aber bis dahin nie Gelegenheit gehabt, mal einen Blick hineinzuwerfen. Sie zog sich mit dem Ding in das Gästezimmer zu ihrem schlafenden Freier zurück und hackte die raffinierten Passwörter. Am Morgen hatte sie es endlich geschafft und konnte die Daten kopieren.«
»Aber Graf hat das bemerkt?«
Er nickte. »Als sie die Kopie hatte, war es bereits kurz vor neun. Ich nehme an, sie hat die Zeit unterschätzt, die sie brauchen würde, um die Passwörter zu knacken. Aber weil dies vielleicht die einzige Gelegenheit war, die sie je bekommen würde, hat sie alles auf eine Karte gesetzt.«
»Warum hat sie nicht den ganzen Laptop mitgehen lassen und in aller Ruhe zu Hause geknackt?«
»Weil sie nicht wusste, was genau darauf gespeichert war. Sobald Graf den Laptop vermisst hätte, wäre ihm sofort klar gewesen, dass nur Jasmin ihn gestohlen haben kann. Er hätte sie nie wieder in sein Haus oder überhaupt in seine Nähe gelassen. Und auch kein anderes Callgirl mehr. Sie musste diese Chance nutzen.«
»Aber etwas ging schief.«
»Bedauerlicherweise. Als sie die Daten endlich kopiert hatte, war Graf längst auf den Beinen, aber noch nicht in der Reederei, weil er noch auf seinen Gast warten wollte. Sie hat es zwar geschafft, das Ding in den Safe zurückzulegen, aber Graf hat sie in seinem Arbeitszimmer erwischt. Sie hat behauptet, nur sein Telefon benutzt zu haben, weil ihr Handyakku leer war, und dann das Haus verlassen. Doch er hatte Verdacht geschöpft und wohl den Safe und den Laptop kontrolliert und irgendwie festgestellt, dass die Daten kopiert worden waren. Vielleicht hat er das auch nur vermutet und wollte auf Nummer sicher gehen.« Er trank einen Schluck Tee und spülte ihn im Mund herum, ehe er ihn hinunterschluckte. »Jasmin hat mich sofort angerufen, nachdem sie Grafs Haus verlassen hatte, und mir alles erzählt. Wir vereinbarten, dass ich sofort zu ihr komme, und sie die Daten in der Zwischenzeit schon mal ans BKA sendet. Aber dazu ist sie nicht mehr gekommen. Ich bin nach ihrem Anruf sofort losgefahren. Aber ausgerechnet an dem Morgen war Müllabfuhr, eine Kanalbaustelle auf der Grenzstraße und auch sonst viel Verkehr, dass ich buchstäblich zu spät gekommen bin.« Er schüttelte den Kopf. »Mit größter Wahrscheinlichkeit hat Graf unverzüglich Phil Wanger auf Jasmin gehetzt. Er muss ihn sofort losgeschickt haben, nachdem sie sein Haus verlassen hat. Jedenfalls war er vor mir da und hat Jasmin umgebracht.« Er fuhr sich mit der Hand über das Gesicht.
»Und
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