Smaragdjungfer
gedenke, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen. Ich kenne jemanden, der uns helfen kann, das Collier zu finden und bei dem ich auch eine Weile unterkomme.«
»Sollte es tatsächlich einen Menschen geben, den Sie sich noch nicht zum Feind gemacht haben?«
Paula runzelte finster die Stirn. »Die einzigen Leute, die mich als Feindin betrachten, sind Kriminelle und Arschlöcher. Da Sie nun doch kein Krimineller sind, müssen Sie wohl ein Arschloch sein.«
Kastor grinste. »Ich betrachte Sie nicht als Feindin, Frau Rauwolf. Absolut nicht.«
Paula ging nicht darauf ein. Sie stand auf und befestigte ihre Waffe am Gürtel. »Kommen Sie. Mit etwas Glück haben wir in ein paar Stunden Jasmins Mörder und wahrscheinlich auch den von Lukas. Mit ein bisschen mehr Glück bekommen Sie auch noch Ihre Daten.«
Das Haus in der Ebertstraße Ecke Valoisstraße, zu dem Paula Kastor führte, beherbergte im Erdgeschoss ein Antiquitätengeschäft, das in geschwungenen Buchstaben auf dem Schaufenster verriet, dass sich hier »Kalles Schatzkiste« befand. Der Verkaufsraum – kameraüberwacht, wie Kastor auf den ersten Blick feststellte – war leer.
»Kundschaft!«, rief Paula, als ob nicht schon das Bimmeln der Türglocke sie angekündigt hätte.
Ein grauhaariger Mittsechziger kam aus einem mit einem dunklen Vorhang abgetrennten Raum im hinteren Bereich.
»Wölfchen!« Mit ausgestreckten Armen ging er auf Paula zu und umarmte sie herzlich. »Dass du dich mal wieder bei mir blicken lässt!« Er wuschelte ihr wie einem Kind durchs Haar. »Könntest du ruhig öfter tun.«
»Moin, Kalle.« Paula erwiderte seine Umarmung.
Er fasste sie am Kinn und drehte ihr Gesicht hin und her, auf dem noch deutlich die Spuren des Kinnhakens zu sehen waren, den sie gestern eingesteckt hatte. Er schüttelte missbilligend den Kopf. »Aus dem Alter, dich zu prügeln, solltest du eigentlich raus sein.«
Sie winkte ab. »Du solltest erst mal die drei anderen sehen.«
Er lachte und schüttelte den Kopf, eher er über ihre Schulter hinweg einen Blick auf Kastor warf. »Wer ist dein Freund?«
»Nicht mein Freund. Das ist Jerome Kastor. Ein – Kollege. Herr Kastor, Kalle Lüders.«
Kalle reichte Kastor die Hand. »Angenehm, Nichtfreund von Paula.«
»Gleichfalls.« Kastor unterdrückte ein Grinsen und schüttelte ihm die Hand.
»Lass mich raten, Wölfchen. Ihr braucht meine Hilfe. Sonst müsste ich bis Weihnachten warten, um von dir zu hören, und würde dann wieder nur eine nichtssagende Postkarte kriegen.«
»Ich gelobe Besserung.«
»Das tust du jedes Mal, aber es ändert sich nichts. Was kann ich für euch tun?«
»Wir stecken in der Scheiße, und zwar ziemlich tief.«
Kalle schnaufte amüsiert. »Das ist bei dir ja nichts Neues.«
»Es ist nicht Frau Rauwolfs Schuld«, kam Kastor ihr zu Hilfe.
» Das ist was Neues.«
»Kalle, bitte! Ein Schwerstkrimineller hat uns im Fokus und will uns schnellstmöglich tot sehen, und in der Dienststelle sitzt ein Maulwurf, der für den Scheißkerl arbeitet. Ich kann vorläufig nicht in meine Wohnung zurück, und wir müssen unbedingt ein Collier finden, um den beschissenen Hurensohn dingfest zu machen.«
Kalle schüttelte missbilligend den Kopf. »Du solltest unbedingt an deiner Ausdrucksweise arbeiten, Wölfchen.«
Sie ging nicht darauf ein. Stattdessen verschwand sie im hinteren Raum und winkte Kalle und Kastor, ihr zu folgen. Sie setzte sich vor Kalles Computer, rief die Website von Severin Escort Service auf und scrollte durch die Werbebilder. Sie atmete erleichtert auf, als sie ein Foto von Jasmin Stojanovic fand, auf dem sie das Libellencollier trug. Sie vergrößerte das Bild und deutete darauf.
»Ist dir das angeboten worden? Oder ein Teil davon?«
Kalle setzte eine Brille auf und betrachtete den Halsschmuck eingehend. »Schönes Stück. Gut gearbeitet, wie es aussieht. Wenn die Steine echt sind … grasgrün, wenig Jardin darin, kein Stein unter zwei bis fünfzehn Karat … bestückt mit geschätzt fünfzig Smaragden, dazu die einkarätigen Diamanten und dieser große Smaragd … das Ganze derart kunstvoll verarbeitet … Also, ich schätze den reinen Materialwert auf mindestens fünfhunderttausend Euro. Das Stück wie es ist auf«, er wiegte den Kopf, »nicht unter neunhunderttausend.«
»Sie verstehen Ihr Handwerk, Herr Lüders.«
Kalle lächelte geschmeichelt. »Nein, das Stück wurde mir nicht angeboten, sonst hätte ich unverzüglich die Polizei informiert, da der gegenwärtige
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