Smaragdjungfer
wieso hast du dich nicht gemeldet?«
»Zum einen, weil Jakob mich nachdrücklich nach Hause beordert und zum Arzt geschickt hat. Wo ich auch war. Und beim Arzt schalte ich mein Handy immer aus. Hinterher habe ich vergessen, es wieder anzumachen. Dann hat Kastor mich gewarnt, dass Graf jemanden schickt, der mir das Lebenslicht ausblasen soll. Da der weiß, wo ich wohne, war es nicht klug, dort zu blieben. Und warum ich euch nicht auf dem Laufenden gehalten habe: Es gibt einen Maulwurf in der Dienststelle, der für Graf arbeitet.«
Fischer wurde blass. »Komm schon, Paula. Ich meine, es gibt ja schon lange solche Gerüchte. Aber es wurde doch jeder überprüft.« Er schüttelte den Kopf. »Der faule Apfel muss anderswo sitzen.«
Paula zuckte mit den Schultern. »Ich wette, es ist Hansen. Mit etwas Glück werden wir das bald genau wissen.«
»Wie das?«
»Jasmin Stojanovic ist es kurz vor ihrer Ermordung gelungen, eine Reihe von belastenden Daten von Grafs Computer zu kopieren. Der Mörder sollte in Grafs Auftrag die Daten zurückholen. Die befinden sich auf einem USB-Stick, der in dem Smaragdcollier versteckt ist, das Kastor gesucht hat, als wir ihn mit blutigen Händen in Jasmins Schmuckkasten erwischt haben.«
»Und?« Fischer sah von einer zum anderen.
»Da der Typ von dem USB-Stick nichts weiß, will er das Collier zu Geld machen. Vermutlich ist er auch der Mörder von Lukas. Er kommt gleich, um es Kalle zu verkaufen. Und sobald wir die Kette und damit auch die Daten haben, ist Graf Geschichte. Aber noch vor ihm ist sein Spitzel fällig.«
Fischer pfiff durch die Zähne. »Also wenn wir Graf endlich das Handwerk legen könnten – das wäre der Höhepunkt meiner gesamten Karriere.«
»Meiner auch.«
Fischer probierte seinen Tee. »Hm, Kaiser-Blend. Kalle weiß, was ein guter Tee ist. Wo steckte er eigentlich?«
»Im Laden. Und es ist gut, dass du hier bist. Du kannst uns bei der Verhaftung des Mörders helfen. Der Kerl erlebt gleich eine böse Überraschung, wenn ihn statt des Käufers die Polizei erwartet.«
Fischer blickte sie eine Weile an, ehe er den Kopf schüttelte. »Paula, Paula, du machst wirklich keine halben Sachen.«
»Das tun wir Rauwölfe nie.« Sie blickte zur Uhr. »Wir sollten uns in Stellung bringen. Ist zwar noch ein bisschen Zeit, aber falls der Typ etwas früher kommt, sollten wir einsatzbereit sein.«
Fischer trank hastig seine Teetasse aus und folgte ihr und Kastor durch den Hintereingang in das Büro des Ladens. Kalle saß an seinem Laptop und war mit der Tagesinventur beschäftigt. Falls er nervös war, ließ er es sich nicht anmerken.
»Ach! Moin, Herr Fischer. Hab’ Sie lange nicht gesehen.«
»Moin, Herr Lüders. Ich habe mir Sorgen um Paula gemacht, weil sie den ganzen Tag nicht zu erreichen war, und dachte mir, dass ich sie hier finde.«
Kalle lächelte warm. »Nett von Ihnen. Sie wissen schon Bescheid, nehme ich an?«
Fischer nickte. Er blickte Paula und Kastor an. »Wie sieht der Plan aus?«
»Wenn der Mann mit seinem Hehler auftaucht, prüft Herr Lüders das Collier auf seine Echtheit«, erklärte Kastor. Er deutete auf den Bildschirm der Überwachungskamera. »Wir verfolgen das Geschehen hier auf dem Bildschirm. Wenn es der Mann ist, den ich in Verdacht habe, greifen wir zu. Da er mich kennt, übernehmen Sie, Herr Fischer, die Rolle des Käufers und kommen durch die Vordertür. Das lenkt ihn ab.«
»Und da sie zu zweit sind und wir nicht wissen, ob der Hehler auch bewaffnet ist, komme ich mit«, ergänzte Paula. »Falls er wirklich Lukas’ Mörder ist, kennt er mich zwar, aber«, sie klopfte Fischer auf den Rücken, »ich verstecke mich hinter deinem breiten Kreuz.«
»Sobald die beiden Herren ihre Aufmerksamkeit auf euch richten, komme ich von hier hinten«, fügte Kastor hinzu.
»Und ich gehe hinter meinem Tresen auf Tauchstation«, entschied Kalle. »Ganz tief.«
»Sehr gute Idee.«
Das Glockenspiel an der Ladentür schlug an. Zwei Männer betraten den Verkaufsraum. Kalle straffte sich, atmete tief durch und ging hinaus. Kastor, Paula und Fischer sahen gebannt auf den Überwachungsbildschirm. Kalle stand hinter dem Tresen und reichte den beiden Männern die Hand, die jetzt ebenfalls ins Bild kamen.
»Moin, die Herren. Sie haben das Schmuckstück dabei?«
Der größere der beiden griff in seine Manteltasche, holte das Collier heraus und legte es auf den Tresen. Er hatte ungefähr Kastors Statur, die gleiche Haarfarbe – und er trug einen dunkelroten
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